Rn. 12

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Nach der bis Ende 2004 geltenden Rechtslage erhielten auch die Bezieher von Beamten- und Werkspensionen den vollen ArbN-Pauschbetrag in Höhe von damals 920 EUR, obschon ihnen typischerweise keine WK entstehen. Mit dem AltEinkG v 05.07.2004 (BGBl I 2004, 1427) entfiel diese Vergünstigung folgerichtig. Der genannte Personenkreis erhält ab dem 01.01.2005 nach dem neu eingefügten § 9a S 1 Nr 1 Buchst b EStG nur noch den allg WK-Pauschbetrag in Höhe von 102 EUR, wenn nicht höhere WK nachgewiesen werden (BFH BFH/NV 2014, 37; zum Ganzen auch s Rn 3).

Daneben wird ein Versorgungsfreibetrag und ein abschmelzender Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag ab dem VZ 2005 (§ 19 Abs 2 S 3 EStG) gewährt (BT-Drucks 15/2150, 25; BFH BStBl II 2016, 733). Der Wegfall des bisherigen (höheren) ArbN-Pauschbetrages wird in der Übergangsphase bis zur nachgelagerten Besteuerung der Renten in voller Höhe durch diesen Zuschlag abgemildert (zum Ganzen vgl BFH BStBl II 2013, 573 zur Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung beamtenrechtlicher Versorgungsbezüge).

Erzielt ein ArbN in einem VZ zugleich Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 Abs 1 EStG) und Versorgungsbezüge (§ 19 Abs 2 EStG), dann sind sowohl der ArbN-Pauschbetrag und auch der Pauschbetrag bei Versorgungsbezügen anzusetzen (BMF BStBl I 2013, 1087 Rz 169), und zwar jeweils in voller Höhe (hM, vgl nur Fu in H/H/R, § 9a EStG Rz 18 (04.2019); Fuhrmann in Korn, § 9a EStG Rz 23 und Thürmer in Blümich, § 9a EStG Rz 29, jeweils mwN). Bei den Versorgungsbezügen iSd § 19 Abs 2 EStG ist in diesen Fällen der WK-Pauschbetrag auch dann zu berücksichtigen, wenn bei den Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit höhere WK als der ArbN-Pauschbetrag anzusetzen sind (BMF BStBl I 2013, 1087 Rz 169).

Für den Ansatz des zutreffenden Pauschbetrages ist ggf vorab zu klären,

  • ob es sich bei den betreffenden Einnahmen um Arbeitslohn iSd § 19 Abs 1 EStG
  • oder Versorgungsbezüge gemäß § 19 Abs 2 EStG handelt (Oertel in Kirchhof, § 9a EStG Rz 6, 20. Aufl).

Entscheidend für das Merkmal von Bezügen aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze ist, dass der StPfl wegen Erreichens dieser Altersgrenze von der Verpflichtung zu Dienstleistungen entbunden worden ist. In diesen Fällen stellt das vom ArbG geleistete Entgelt keine Gegenleistung für Dienstleistungen des ArbN dar, die im gleichen Zeitraum geschuldet und erbracht werden (BFH BStBl II 2013, 572).

Zur Besteuerung von Ruhestandszahlungen des Europäischen Patentamts s FG Mchn EFG 2015, 1192 und anschließend BFH v 23.02.2017, X R 24/15, BStBl II 2017, 636.

Zu Fahrvergünstigungen (Jahresnetzkarte) an Ruhestandsbeamte des Bundeseisenbahnvermögen vertritt das FG Mchn (EFG 2018, 1447; Rev VI R 26/18) die Auffassung, dass die dortige vertragliche Gestaltung in ihrer Gesamtbetrachtung zu einem altersabhängigen Bezug mit Versorgungscharakter führt mit der Folge, dass der ArbN-Pauschbetrag nicht angesetzt werden kann. Dem hat sich der BFH angeschlossen: Derartige Fahrvergünstigungen sind Versorgungsbezüge, da sie keine Gegenleistung für Dienstleistungen des Ruhestandsbeamten darstellen, die im gleichen Zeitraum geschuldet und erbracht werden. Dies gilt auch, wenn die Fahrvergünstigungen aufgrund eines vor Erreichen der Altersgrenze abgeschlossenen privatrechtlichen Vertrags geleistet werden (BFH BStBl II 2020, 565, dazu auch Gerserich, jurisPR-SteuerR 33/2020 Anm 4).

Zum Verhältnis zu den ag Belastungen nach § 33 Abs 2 EStG gilt: In Höhe des Pauschbetrags für Versorgungsbezüge iHv 102 EUR gemäß § 9a S 1 Nr 1 Buchst b EStG ist der Abzug außergewöhnlicher Belastungen nicht zu kürzen. Die mit dem Pauschbetrag gemäß. § 9a S 1 Nr 1 Buchst b EStG typisierten WK bleiben abzugsfähig. Sie stellen gegenüber den ag Belastungen ein aliud dar (FG D'dorf EFG 2020, 1295; Rev VI R 33/20).

Zur Berichtigungsmöglichkeit nach §§ 129, 173 Abs 1 Nr 1 AO für den Fall, dass trotz ausschließlich bezogener Versorgungsbezüge irrtümlich ein ArbN-Pauschbetrag angesetzt wird s FG Ha v 04.10.2018, 3 K 69/18.

Nach FG MV v 22.01.2019, 1 K 282/17, EFG 2019, 1106, ist für eine von der Deutschen Rentenversicherung an einen nach § 1 Abs 4 EStG beschränkt stpfl türkischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in der Türkei gezahlte Leibrente iSv § 22 Nr 1 S 3 Buchst a Doppelbuchst aa EStG nach Maßgabe von Art 18 Abs 2 DBA-Türkei 2011 ein Freibetrag von 10 000 EUR zu berücksichtigen; zusätzlich zu den 10 000 EUR ist auch noch gemäß § 9a S 1 Nr 3 EStG der WK-Pauschbetrag von 102 EUR jährlich bei Bezug von Leibrenten gesondert abzuziehen (insoweit gegen BMF v 11.12.2014, BStBl I 2015, 92 Tz 8).

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