Rn. 66

Stand: EL 151 – ET: 06/2021

Sofortiger BA-Abzug iH des aufgelösten Passivpostens: Ist aufgrund der Übertragung einer Verpflichtung wegen des damit bewirkten Zurechnungswechsels der Schuld ein Passivposten gewinnerhöhend aufzulösen, ordnet § 4f Abs 1 S 2 EStG an, dass im Wj der Übertragung iH des aufgelösten Passivpostens sofort abzugsfähiger Aufwand gegeben ist. Dieser Fall liegt stets vor, wenn eine Verpflichtung zwar passiviert wird, infolge bestehender Ansatzbeschränkungen oder/und Bewertungsvorbehalte aber nicht aber zum vollen Wert ausgewiesen wird (Bsp Pensionsrückstellungen). Die Ausbuchung der Schuld führt (isoliert betrachtet) zu einem Ertrag, die aufzubringende Gegenleistung zu Aufwand. Aufwand und Ertrag sind zu saldieren.

 

Rn. 67

Stand: EL 151 – ET: 06/2021

Stichtagsbetrachtung: Für die Saldierung soll nach Auffassung der FinVerw auf den am vorangegangenen Bilanzstichtag angesetzten Passivposten abzustellen sein. Weicht der Übertragungszeitpunkt vom Bilanzstichtag ab, kommt nach Wertung der FinVerw die Saldierung mit "fiktiven Passivposten", die zu diesem Zeitpunkt maßgeblich gewesen wären, nicht Betracht (BMF v 30.11.2017, BStBl I 2017, 1619 Rz 18). Der Rückbezug auf den Bilanzstichtag ist zwar einfacher zu administrieren, er ist aber mit dem erheblichen Problem behaftet, dass die Gegenleistung (Brutto-Aufwand) den Wert der Verpflichtung im Übertragungszeitpunkt abbildet, während sich der als saldierungsfähig gewertete Ertrag auf den zurückliegenden Bilanzstichtag bezieht. Damit werden in den Saldierungsbereich des § 4f Abs 1 S 2 EStG Steuerbilanzwert und tatsächlicher Wert der Verpflichtung zu abweichenden Zeitpunkten einbezogen werden, dh es werden auf unterschiedliche Zeitpunkte bezogenen Größen saldiert.

 

Beispiel:

Ein StPfl überträgt am 01.12.01 eine Pensionslast gegen Zahlung von TEUR 100 auf einen Dritten. Zum vorangehenden Bilanzstichtag 31.12.00 wurde in der StB eine Pensionsrückstellung iHv TEUR 70 (stichtagsbezogener Wert der Pensionslast TEUR 90) ausgewiesen. Zum Übertragungszeitpunkt ist der Wert der Pensionslast auf TEUR 100 gestiegen, nach bilanzsteuerrechtlichen Maßstäben wäre auf den Übertragungszeitpunkt bezogen eine Pensionsrückstellung iHv TEUR 75 zu bilden.

Nach Wertung der FinVerw sind in den Saldierungsbereich die Gegenleistung zum 01.12.01 und der Bilanzansatz zum 31.12.00 einzubeziehen, dem StPfl wird lediglich zugestanden, TEUR 70 zu saldieren, nur über 15 Jahre verteilt könnte er Aufwand iHv TEUR 100 ./. TEUR 70 = TEUR 30 berücksichtigen. Dies entspricht nicht den stillen Lasten im Übertragungszeitpunkt. Diese betragen TEUR 100 ./. TEUR 75 = TEUR 25.

Die Lösung der FinVerw führt planmäßig zu einem unzutreffenden (idR zu hohen) verteilungspflichtigen (Netto-)Aufwand. Richtigerweise in den Saldierungsbereich einzubeziehen ist der nach bilanzsteuerrechtlichen Maßstäben zu ermittelnde Verpflichtungsbestand am Übertragungsstichtag TEUR 75, was zu einem verteilungspflichtigen Aufwand iH von TEUR 25 führt.

Der verteilungspflichtige Aufwand ist bezogen auf den Übertragungsstichtag zu ermitteln (ebenso Bolik/Selig-Kraft, DStR 2017, 171; Bolik/Selig-Kraft, NBW 2018, 860; Prinz/Otto, GmbHR 2018, 500; Kahle/Braun, FR 2018, 201; Schober in H/H/R, § 4f EStG Rz 12 (August 2018)). Insoweit liegt kein "fiktiver Passivposten" vor (so aber BMF v 30.11.2017, BStBl I 2017, 1619 Rz 18), sondern ein auf den Übertragungsstichtag fortentwickelter Passivposten. Die abweichende Verwaltungsauffassung kann je nach Entwicklung der Verpflichtung zu Lasten (siehe Bsp) oder auch zu Gunsten des StPfl wirken. Wurde die übertragene Verpflichtung erst im Übertragungsjahr begründet, so dass zum vorangehenden Bilanzstichtag ein Passivposten noch nicht bestand, scheidet bei konsequenter Umsetzung der Rz 18 des BMF-Schreibens eine Saldierung aus. Dies steht im Widerspruch sowohl zum Wortlaut der Norm als auch zum Regelungszweck, aufgedeckte stille Lasten (nicht hingegen die volle Gegenleistung) einer Streckung der Abzugsfähigkeit zu unterwerfen. Dieser Fall wird aber ohnehin überlagert von Rz 3 des BMF-Schreibens, in der für die Anwendbarkeit des § 4f EStG die (dem Gesetz nicht zu entnehmende) Voraussetzung formuliert wird, dass die Verpflichtung an dem der Übertragung vorangegangenen Bilanzstichtag bereits bestanden haben muss (s Rn 47), was im Bsp nicht der Fall wäre, so dass nach Wertung der FinVerw ein Aufwand aus der Realisation stiller Lasten (wohl) sofort abziehbar wäre.

 

Rn. 68

Stand: EL 151 – ET: 06/2021

Verteilung des übersteigenden Aufwands: Der den aufgelösten Passivposten übersteigende Betrag, der die stillen Lasten der Verpflichtung repräsentiert, ist im Wj der Übertragung der Schuld und den nachfolgenden 14 Wj gleichmäßig verteilt als BA abzuziehen, dh im Wj der Lastenrealisation zunächst iH von 14/15 außerbilanziell hinzuzurechnen, in den folgenden 14 Wj jeweils um 1/15 außerbilanziell zu kürzen.

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