Rn. 69

Stand: EL 151 – ET: 06/2021

Entstehen im Zusammenhang mit der Übertragung einer Verpflichtung Gewinne, ist der Umfang des verteilungspflichtigen Aufwands strittig. Diskutiert wird insb die Saldierungsfähigkeit realisierter stiller Lasten mit stillen Reserven, die durch die Hingabe von WG des BV als Gegenleistung für die Übernahme der Schuld realisiert wurden. Nach BMF v 30.11.2017, BStBl I 2017, 1619 Rz 17 kann ein aus dem Übertragungsvorgang resultierender Aufwand mit Gewinnen aus anderen Geschäftsvorfällen auch dann nicht verrechnet werden, wenn die Gewinne in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit dem Aufwand aus dem Übertragungsvorgang stehen (vgl auch Schumann, EStB 2014, 66; Klein, Die bilanzielle Abbildung der Auslagerung von Pensionsverpflichtungen nach Handels- und Steuerrecht, 2016, 192; Weimer, Die Hebung stiller Lasten in der Steuerbilanz, 2017, 189 ff; Adrian/Fey, StuB 2018, 90; Kahle/Braun, FR 2018, 201; Prinz/Otto, GmbHR 2018, 500; Krumm in Blümich, § 4 EStG Rz 23 (Juli 2019); Schober in H/H/R, § 4f EStG Rz 13 (August 2019)). Damit soll offenkundig Gestaltungsansätzen zur gezielten Reduktion eines verteilungspflichtigen Aufwands durch Mitübertragung von WG mit hohen (bestenfalls exakt korrespondierenden) stillen Reserven entgegengewirkt werden (vgl Riedel, Ubg 2017, 581).

Abweichend wird vertreten, ein verteilungspflichtiger Aufwand entstehe nur, wenn und soweit stille Lasten in der übertragenen Verpflichtung stille Reserven in dem mitübertragenen WG übersteigen, da in der Übertragung einer passivierungsbeschränkten Verpflichtung unter Hingabe eines WG mit stillen Reserven nur ein – saldiert zu betrachtender – Geschäftsvorfall zu sehen sei (Förster/Staaden, Ubg 2014, 6; Widmann in Festschrift Haarmann, 1036 (2015); Hörner in Frotscher/Geurts, § 4f EStG Rz 23 (Oktober 2018); Förster/Werthebach, BB 2019, 300).

 

Beispiel saldierende versus isolierende Betrachtungsweise bei Schuldübertragung:

Ein StPfl überträgt eine verlustbehaftete Verpflichtung aus einem Termingeschäft, für das handelsrechtlich eine Drohverlustrückstellung iH von TEUR 500 gebildet wurde, auf einen Dritten und wird wirksam aus der Innen- sowie Außenhaftung entlassen. Steuerlich wird die Rückstellung gemäß § 5 Abs 4a EStG nicht ausgewiesen. Gegenleistung ist

(1) eine Barleistung iH von TEUR 500,
(2) die Hingabe eines selbst erstellten, gemäß § 5 Abs 2a EStG steuerlich ebenfalls nicht ausgewiesenen Patents (Teilwert TEUR 500),
(3) die Hingabe eines unbebauten Grundstücks des BV (BW TEUR 200, Teilwert TEUR 500).

Lösung (1): Beim Übertragenden entsteht unstreitig ein verteilungspflichtiger Aufwand iH von TEUR 500 (beim Übernehmenden ein verteilungsfähiger Erwerbsgewinn iH von TEUR 500).

Lösung (2): Nach der Saldierungslösung entstünde (abweichend zu (1) beim Übertragenden kein verteilungspflichtiger Aufwand, da aufgedeckte stille Reserven und stille Lasten sich entsprechen. Die verpflichtungsisolierende Lösung führt beim Übertragenden (äquivalent zu (1)) zu einem verteilungspflichtigen Aufwand iH von TEUR 500, da (äquivalent zu (1)) eine Verpflichtung gegen eine Gegenleistung iH von TEUR 500 (Teilwert Patent) weggeschafft wird.

Lösung (3): Nach der Saldierungslösung entstünde beim Übertragenden (abweichend zu (1)) ein verteilungspflichtiger Aufwand iH von lediglich TEUR 200 da aufgedeckte stille Lasten die aufgedeckten stillen Reserven um TEUR 200 übersteigen. Die verpflichtungsisolierende Lösung führt beim Übertragenden (äquivalent zu (1)) zu einem verteilungspflichtigen Aufwand iH von TEUR 500, da (äquivalent zu (1)) eine Verpflichtung gegen eine Gegenleistung iH von TEUR 500 (Teilwert Grundstück) weggeschafft wird.

Aufwandsverteilung unabhängig von der Art der Gegenleistung: Der Saldierungslösung ist nicht zu folgen. § 4f EStG stellt für die Aufwandsverteilung auf die Gegenleistung für die Übernahme der Verpflichtung ab (explizit § 4f Abs 2 EStG: "erbrachte Leistungen", vgl auch BMF v 30.11.2017, BStBl I 2017, 1619 Rz 2). Der Wert der Gegenleistung ist im Beispielsfall in allen Varianten identisch, was folgerichtig zu identischen Besteuerungsfolgen im Hinblick auf die Aufwandsverteilung führen muss. Die Saldierungslösung hätte demgegenüber zur Konsequenz, dass die für den Übertragenden durch § 4f EStG angeordnete Aufwandsverteilung je nach Art der Gegenleistung sowie Umfang der in der Gegenleistung gebundenen stillen Reserven ganz oder teilweise negiert wird. Trotz wirtschaftlich gleichwertiger Gegenleistung würden mit Ausdehnung des Saldierungsbereichs auf stille Reserven mitübertragener WG beim Übertragenden gänzlich verschiedene Besteuerungsergebnisse ausgelöst. Die Saldierungslösung ist im Ergebnis gleichbedeutend mit der Annahme einer Gegenleistung für die Übernahme der Verpflichtung jeweils (lediglich) iH des Buchwerts des hingegebenen WG (in Fall (1) TEUR 500, in Fall (2) EUR 0, in Fall (3) TEUR 200), was weder unter Realisations-/Tauschgesichtspunkten zutreffend ist, noch der Intention der Regelung entspricht, die H...

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