Rn. 201

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

Aus der Vornahme des Steuerabzugs resultieren folgende Rechtsfolgen:

Das Unterlassen oder der nicht vollständig durchgeführte Steuerabzug hat folgende Rechtsfolgen:

  • beim Leistenden erfolgt die Anrechnung auf die von ihm zu entrichtenden Steuern, soweit ein Abzugsbetrag einbehalten und angemeldet worden ist (§ 48c Abs 1 EStG). Hat der Leistende keine Steuern zu entrichten, kann er einen Antrag auf Erstattung des Abzugsbetrags – soweit er einbehalten und abgeführt worden ist – stellen (§ 48c Abs 2 EStG),
  • beim Leistungsempfänger greift der Haftungstatbestand des § 48a Abs 3 S 1 EStG ein. Danach haftet der Leistungsempfänger für den nicht oder zu niedrig abgeführten Abzugsbetrag.

In § 48 EStG befasst sich nur § 48 Abs 4 EStG mit den Rechtsfolgen des Steuerabzugs. Die Vorschrift regelt die Rechtsfolgen für den Leistungsempfänger, wenn dieser den Steuerabzug angemeldet und abgeführt hat.

 

Rn. 202

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

Erste Voraussetzung für das Eingreifen des § 48 Abs 4 EStG ist, dass der Steuerabzugsbetrag angemeldet worden ist. Nach dem Gesetzeswortlaut ist es nicht erforderlich, dass die Anmeldung innerhalb der von § 48a Abs 1 S 1 EStG vorgegebenen Frist erfolgt. Wird die Anmeldung verspätet abgegeben, greifen die Rechtsfolgen des § 48 Abs 4 EStG ab dem Zeitpunkt ein, ab dem die Anmeldung und Abführung des Steuerabzugsbetrags tatsächlich durchgeführt worden ist.

Ist der angemeldete Steuerabzugsbetrag zu niedrig, weil der Leistungsempfänger eine erbrachte Leistung nicht als Bauleistung iSv § 48 Abs 1 S 1 EStG eingeordnet hat oder weil er die Höhe einer Gegenleistung falsch bestimmt hat, greifen die Rechtsfolgen des § 48 Abs 4 EStG nur für diejenige Gegenleistung ein, die ordnungsgemäß angemeldet worden ist. Darüber hinaus gilt der Haftungstatbestand des § 48a Abs 3 EStG.

 

Rn. 203

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

Zweite Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 48 Abs 4 EStG ist, dass der angemeldete Steuerabzugsbetrag auch abgeführt worden sein muss. Geschieht dies erst nach Fälligkeit gemäß § 48a Abs 1 S 2 EStG, sind die günstigen Rechtsfolgen des § 48 Abs 4 EStG erst gegeben, wenn die Abführung des angemeldeten Steuerabzugsbetrags tatsächlich vorgenommen worden ist.

 

Rn. 204

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

Die Rechtsfolgen des § 48 Abs 4 EStG greifen nicht ein, wenn der Leistungsempfänger wegen der Zweiwohnungsgrenze oder wegen des Unterschreitens der Bagatellgrenzen keinen Steuerabzugsbetrag angemeldet und abgeführt hat. Anders verhält es sich, wenn der Leistungsempfänger von dem Steuereinbehalt absieht, weil ihm eine Freistellungsbescheinigung vorgelegt worden ist. § 48b Abs 5 EStG bestimmt, dass § 48 Abs 4 EStG entsprechend anzuwenden ist. Die für den Leistungsempfänger günstigen Rechtsfolgen des § 48 Abs 4 EStG finden deshalb Anwendung, obwohl kein Steuerabzugsbetrag angemeldet und abgeführt worden ist.

 

Rn. 205

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

Sieht der Leistungsempfänger von der Anmeldung und Abführung des Steuerabzugsbetrags ab, weil ihm der Leistende eine Freistellungsbescheinigung vorgelegt hat, auf die der Leistungsempfänger vertraut hat, und erweist sich im Nachhinein, dass die Freistellungsbescheinigung im Zeitpunkt der Erbringung der Gegenleistung nicht gültig war, ist § 48 Abs 4 EStG (iVm § 48b Abs 5 EStG) mE nicht anwendbar (Einzelheiten s § 48b Rn 97 (Wienbergen); aA Stickan/Martin, DB 2001, 1441; Apitz, FR 2002, 10; widersprüchlich: Ebling, DStR 2001, Beihefter zu Heft 51/52).

 

Rn. 206

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

Wird der Leistungsempfänger wegen nicht ordnungsgemäßen Steuerabzugs durch Haftungsbescheid gemäß § 48a Abs 3 EStG oder Nachforderungsbescheid gemäß § 167 Abs 1 S 1 AO in Anspruch genommen und begleicht er die Haftungsschuld oder den Abzugsbetrag laut Nachforderungsbescheid, kann er nur den beglichenen Betrag ohne weiteres als BA oder WK abziehen (Ebling, DStR 2001, Beihefter zu Heft 51/52). Hinsichtlich der übrigen Gegenleistung ist § 48 Abs 4 EStG nicht anwendbar. Es fehlt an der tatbestandlichen Voraussetzung der Anmeldung des Steuerabzugsbetrags. Zwar ist durch die Inanspruchnahme des Leistungsempfängers die Sicherungsfunktion des Steuerabzugssystems in §§ 48ff EStG gleichermaßen erfüllt worden. Für eine analoge Anwendung fehlt es aber an einer planwidrigen ...

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