Rn. 620

Stand: EL 147 – ET: 11/2020

Aufwendungen zur Erlangung eines Mandats im Bundestag, im Europäischen Parlament oder im Parlament eines Landes (Wahlkampfkosten) dürfen gemäß § 22 Nr 4 S 3 EStG nicht als WK abgezogen werden. Im Prinzip handelt es sich bei derartigen Aufwendungen um vorweggenommene WK iSd § 22 Nr 4 S 2 EStG (s Rn 612), deren Nichtabziehbarkeit vom Gesetzgeber insb im Hinblick auf die Wahrung der Chancengleichheit der Bewerber besonders geregelt wurde, die ansonsten wegen der je nach Einkommenshöhe unterschiedlichen steuerlichen Auswirkungen als gefährdet angesehen wurde (vgl BT-Drucks 7/5531, 26, 27 und 48; BT-Drucks 7/5903, 7; aA FG He EFG 1983, 494, rkr). Dieses Abzugsverbot ist ua aufgrund der staatlich organisierten Wahlkampfkostenerstattung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl BVerfG v 26.07.1988, 1 BvR 614/88, HFR 1988, 532; BVerfG v 09.03.1976, 2 BvR 89/74, BverfGE 41, 399; BFH BFH/NV 1994, 175; BStBl II 1988, 435; 1988, 433).

Unter Wahlkampfkosten sind sämtliche Aufwendungen zu verstehen, die zur Erlangung oder Wiedererlangung eines der genannten Mandate gemacht werden (BFH v 10.12.2019, IX R 32/17, DStR 2020, 705; FG He EFG 1983, 494, rkr; ebenso Nacke in Blümich, § 22 EStG Rz 177 (Juni 2018)). Dazu gehören auch die Aufwendungen für die Erlangung des Kandidatenstatus, die Aufwendungen für die organisatorische Vorbereitung als Kandidat sowie die Aufwendungen zur Erlangung und zum Erhalt des Nachrückerstatus. Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Bewerbung um einen Listenplatz richten sich zwar nicht in erster Linie an die Wähler, dennoch ist eine Zuordnung der dafür getätigten Aufwendungen zu den Wahlkampfkosten iSd § 22 Nr 4 S 3 EStG nicht ausgeschlossen. Eine zeitliche Grenze, bis zu der vorab entstandene WK bei den sonstigen Einkünften aus § 22 Nr 4 EStG anzuerkennen wären bzw ab der nicht abziehbare Wahlkampfkosten iS des § 22 Nr 4 S 3 EStG vorliegen, lässt sich nicht ziehen. Da die geltend gemachten Aufwandsarten im untrennbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Wahlkampf stehen, gebietet es zudem der Normzweck, diese als nicht abziehbare Wahlkampfkosten anzusehen, weil deren steuerliche Berücksichtigung den Grundsatz der Chancengleichheit aller Wahlbewerber beeinträchtigen könnte (BFH v 10.12.2019, IX R 32/17, DStR 2020, 705).

Zur steuerlichen Behandlung von Wahlkampfkostenerstattungen s Rn 593.

 

Rn. 621

Stand: EL 147 – ET: 11/2020

Die Vorschrift des § 22 Nr 4 S 3 EStG gilt auch für erfolglose Bewerber (BFH v 10.12.2019, IX R 32/17, DStR 2020, 705). Deren Wahlkampfkosten bleiben steuerlich ebenfalls unberücksichtigt. Dem steht nicht entgegen, dass konkurrierende Bewerber während der Zeit des Wahlkampfs unter Umständen Kostenpauschalen nach den Bestimmungen der AbgG erhalten, da diese nicht der Wahlkampffinanzierung dienen (BFH BStBl II 1988, 435; BFH/NV 1994, 175; FG Köln EFG 1989, 170).

 

Rn. 622

Stand: EL 147 – ET: 11/2020

Durch das Abzugsverbot in § 22 Nr 4 S 3 EStG wird auch nicht der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG verletzt. Zwar können Bewerber um kommunalpolitische Spitzenämter oder kommunale Mandatsträger Wahlkampfkosten als WK oder BA in Abzug bringen (BFH BStBl II 1996, 431; 1988, 433; 1974, 407; FG Nds EFG 2010, 707; vgl auch FinMin BdW v 07.10.1996, DStR 1996, 1732; BMF v 27.01.1992, DStR 1992, 358 und Stübe, FR 1994, 385). Die Unterschiede in der Art der Tätigkeit und der Aufgabenstellung sowie die Ehrenamtlichkeit der Tätigkeit kommunaler Mandatsträger lassen aber das Abzugsverbot der Wahlkampfkosten von Abgeordneten nicht willkürlich erscheinen. Zudem spricht gegen die Willkürlichkeit der Regelung, dass auf kommunaler Ebene eine Erstattung von Wahlkampfkosten nicht vorgesehen ist (BVerfG v 26.07.1988, 1 BvR 614/88, HFR 1988, 532; BFH BStBl II 1988, 435; 1988, 433).

 

Rn. 623–629

Stand: EL 147 – ET: 11/2020

vorläufig frei

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