Rn. 591

Stand: EL 147 – ET: 11/2020

Bezüge, die nicht aufgrund der AbgeordnetenG geleistet werden, unterliegen nicht der Besteuerung nach § 22 Nr 4 EStG. Insoweit sind die allgemeinen steuerlichen Regeln anwendbar (R 22.9 S 2 EStR 2012).

Hierzu zählen beispielsweise Vergütungen, die Abgeordnete von den Fraktionen für die Wahrnehmung besonderer Funktionen erhalten (vgl § 52 Abs 2 Nr 2 Buchst a AbgG; vgl zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit derartiger Vergütungen BVerfG v 21.07.2000, 2 BvH 3/91, BVerfGE 102, 224). Sofern derartige Vergütungen für die überwiegende Wahrnehmung von Aufgaben geleistet werden, die Ausfluss des Abgeordnetenmandats sind, zB die Tätigkeit der Fraktionsvorsitzenden und ihrer Stellvertreter, unterliegen diese der Besteuerung nach § 22 Nr 1 S 1 EStG (vgl FG Bln EFG 2002, 1228, rkr; OFD Han v 24.02.1994, S 2257 a-4-StH 211, S 2337–52-StO 211, S 2121–34-StO 223, S 2121–55-StH 225) oder nach § 22 Nr 3 EStG (zB für gelegentliche Leistungen). Gleiches gilt für die Bezüge der Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen, der Vorsitzenden der Arbeitskreise und der Mitglieder des Ältestenrates. Falls dagegen überwiegend verwaltende Tätigkeiten ausgeübt werden, ist es denkbar, dass die Bezüge den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zuzurechnen sind (OFD Han v 24.02.1994, S 2257 a-4-StH 211, S 2337–52-StO 211, S 2121–34-StO 223, S 2121–55-StH 225).

Derartige, aus der Fraktionskasse gezahlte Vergütungen fallen nicht unter die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr 12 EStG. Die Fraktionskassen werden zwar regelmäßig aus dem Bundeshaushalt (vgl § 50 AbgG) oder den Länderhaushalten gespeist. Sie sind damit aber nicht einer Bundes- oder Landeskasse iSd § 3 Nr 12 S 1 EStG oder einer öffentlichen Kasse iSd § 3 Nr 12 S 2 EStG gleichzusetzen, so dass die Voraussetzungen für deren Anwendung nicht erfüllt sind (FG Bln EFG 2002, 1228).

 

Rn. 592

Stand: EL 147 – ET: 11/2020

Dagegen sind gesondert gezahlte Tage- und Sitzungsgelder, die nach bundes- oder landesrechtlichen Regelungen als Aufwandsentschädigung gezahlt werden, gemäß § 3 Nr 12 EStG steuerfrei (vgl R 22.9 S 3 EStR 2012).

 

Rn. 593

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Erhält ein Abgeordneter Finanzierungshilfen für den Wahlkampf von dritter Seite (zB von ArbN-Vertretungen), sind diese nicht nach § 22 Nr 4 S 1 EStG steuerbar, da sie nicht aufgrund der AbgeordnetenG geleistet werden. Mangels gesetzlichen Tatbestands unterliegen derartige Zahlungen nicht der ESt (vgl D. Bö, FR 1983, 115).

Aus denselben Gründen sind auch Wahlkampfkostenerstattungen, die ein Kandidat von seiner Partei erhält, nicht steuerbar. Ebenso wie Wahlkampfkosten nach § 22 Nr 4 S 3 EStG steuerlich nicht abziehbar sind (s Rn 620ff), sind auch entsprechende Erstattungen der nicht steuerrelevanten Privatsphäre zuzurechnen.

 

Rn. 594

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An Abgeordnete gezahlte Vergütungen von Verbänden zur Vertretung deren Interessen können je nach Ausgestaltung als Einkünfte nach § 22 Nr 1 S 1 EStG oder nach § 22 Nr 3 EStG steuerbar sein. S Rn 510 "Abgeordneter".

Unter die Vorschrift des § 22 Nr 3 EStG und nicht des § 22 Nr 4 EStG fallen ferner "Provisionen", die zur Beeinflussung politischer Entscheidungen gezahlt werden. Zu den insoweit steuerbaren Entgelten zählen auch geldwerte Vorteile, die Abgeordneten im Zusammenhang mit Informationsreisen zur Befriedigung allgemeiner touristischer Interessen zugewendet werden (Lohr, DStR 1997, 1230; s Rn 510 "Bestechungsgeld"). Die Rechts- und Sittenwidrigkeit derartiger Zahlungen spielt gemäß § 40 AO keine Rolle.

Wird für die Teilnahme eines Abgeordneten an Talkshows ein Honorar bezahlt, kann dieses ebenfalls der Besteuerung nach § 22 Nr 3 EStG unterliegen (Lohr, DStR 1997, 1230).

 

Rn. 595–599

Stand: EL 147 – ET: 11/2020

vorläufig frei

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