a) Begriff

 

Rn. 300

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Eine Dienstreise liegt vor, wenn der ArbN von seinem ArbG außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte (bis 31.12.2013 = regelmäßige Arbeitsstätte) beschäftigt wird, ständiger Rspr zB BFH BStBl II 1979, 521. Dabei braucht die Reise nicht von der ersten Tätigkeitsstätte, sie kann auch von der Wohnung aus angetreten werden, BFH BStBl III 1967, 430. R 9.4 LStR 2023 verwendet nicht mehr den Begriff "Dienstreise" – wie noch R 37 Abs 3 S 1 LStR 2005 –, sondern spricht von beruflich veranlasster Auswärtstätigkeit. Eine Auswärtstätigkeit liegt vor, wenn der ArbN außerhalb seiner Wohnung und seiner regelmäßigen Arbeitsstätte beruflich tätig wird.

Es wird nicht verlangt, dass sich die auswärtige Tätigkeitsstätte in einer anderen politischen Gemeinde als die regelmäßige Arbeitsstätte befindet. Der ArbN darf sich bei einer Dienstreise nur vorübergehend von seiner regelmäßigen Arbeitsstätte entfernen. Das ist der Fall, wenn er voraussichtlich an die regelmäßigen Arbeitsstätte zurückkehren und dort seine berufliche Tätigkeit fortsetzen wird.

Eine Dienstreise beginnt, wenn der ArbN die Fahrt zur auswärtigen Tätigkeitsstätte von der Wohnung oder von der regelmäßigen Arbeitsstätte aus antritt. Sie endet, wenn der ArbN nach Erledigung seiner auswärtigen beruflichen Tätigkeit wieder zu seiner Wohnung oder zur regelmäßigen Arbeitsstätte zurückkehrt (BFH BStBl II 1992, 308).

Der neue Einsatzort darf seinerseits nicht zur regelmäßigen Arbeitsstätte geworden sein (vgl BFH BStBl II 1989, 296; FG BdW EFG 1991, 19 rkr), wie es zB bei einer Versetzung der Fall ist, vgl BFH BStBl II 1990, 863.

 

Rn. 301

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

vorläufig frei

b) Zur ersten Tätigkeitsstätte

 

Rn. 302

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Aufgrund der Rspr des BFH aus dem Jahr 2005 (s BFH BStBl II 2005, 782; 2005, 785; 2005, 788; 2005, 789; 2005, 791) ist das steuerrechtliche Reisekostenrecht neu konzipiert und vereinfacht worden. Grundlage dieser neuen Rspr ist die konsequente Anwendung des objektiven Nettoprinzips. Dies bedeutet, dass die Kosten, die zur Erzielung von Einnahmen aufgewendet werden, als Erwerbsaufwendungen (BA/WK) in tatsächlich entstandener Höhe abziehbar sind. Der Gesetzgeber darf allerdings das objektive Nettoprinzip einschränken, wenn dafür sachliche und folgerichtige Erwägungen angeführt werden können, zB bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (§ 9 Abs 1 S 3 Nr 4 EStG), bei der doppelten Haushaltsführung (§ 9 Abs 1 S 3 Nr 5 EStG) und bei den Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand (§ 4 Abs 5 Nr 5 EStG).

Für die folgerichtige Auslegung der Vorschriften zur Einschränkung des objektiven Nettoprinzips ist der Begriff der Arbeitsstätte von zentraler Bedeutung. Arbeitsstätte ist jede dauerhafte betriebliche Einrichtung des ArbG, der der ArbN zugeordnet ist und die er nachhaltig, fortdauernd und immer wieder aufsucht, s BFH BStBl II 2005, 789. Die Art der dort geleisteten Arbeit und deren zeitlicher Umfang sind für den Charakter als regelmäßige Arbeitsstätte nicht erheblich. So reicht es schon aus, wenn der ArbN den Betrieb des ArbG nur aufsucht, um von dort aus zur auswärtigen Einsatzstelle befördert zu werden oder um von dort aus mit dem Lkw oder dem Bus die Fahrtätigkeit aufzunehmen. Nach dieser Rspr waren mehrere regelmäßige Arbeitsstätten möglich.

 

Rn. 303

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

An dieser Rspr hält der LSt-Senat des BFH nicht mehr fest, s BFH BStBl II 2012, 38. Er begründet dieses damit, dass der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines ArbN nur an einem Ort liegen könne. Denn nur insoweit könne sich ein ArbN auf die Wegstrecke zwischen seiner Wohnung und seiner beruflichen Tätigkeitsstätte kostenmindernd einstellen.

Ist ein ArbN an mehreren betrieblichen Einrichtungen seines ArbG tätig, ist der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit näher zu bestimmen. Hierbei ist nach Auffassung des BFH insbesondere zu berücksichtigen,

  • welcher fortdauernd und immer wieder aufgesuchten Tätigkeitsstätte ein ArbN von seinem ArbG zugeordnet wurde und
  • welche Qualität sowie
  • welcher zeitliche Umfang der Tätigkeit in der betrieblichen Einrichtung des ArbG vorliegt.

Der Betriebssitz des ArbG, den der ArbN zwar regelmäßig, aber lediglich zu Kontrollzwecken aufsucht, ohne damit seiner eigentlichen beruflichen Tätigkeit nachzugehen, ist nicht die regelmäßige Arbeitsstätte iSd § 9 Abs 1 S 3 Nr 4 EStG – ab VZ 2014 nunmehr Tätigkeitsstätte –, s BFH BStBl II 2012, 34.

Ein Mitarbeiter begründet nur dann eine erste Tätigkeitsstätte an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung seines ArbG, wenn die dort ausgeübte Tätigkeit von vornherein als dauerhaft anzusehen ist. Sie darf nicht eine nur vorrübergehende Auswärtstätigkeit sein. Das ergibt sich aus dem von der Rspr dargelegten objektiven Nettoprinzip, s BFH BStBl II 2005, 782. Ist der ArbN an einer betrieblichen Einrichtung des ArbG nur vorübergehend tätig, ist eine weitergehende Prüfung der ersten Tätigkeitsstätte hinfällig. Ist er hingegen dort dauerhaft tätig, muss eine weitergehende Prüfung erfolgen.

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