a) Abtretung und Verpfändung

 

Rz. 18

[Autor/Stand] Nach § 383 Abs. 1 AO i.V.m. § 46 Abs. 4 Satz 1 AO ist nur der geschäftsmäßige Erwerb von Steueransprüchen bußgeldbewehrt. Unter Erwerb im Sinne dieser Vorschriften ist die Abtretung und infolge der Verweisung des § 46 Abs. 6 Satz 3 AO auch die Verpfändung zu verstehen.

Nach dem Zivilrecht handelt es sich bei der Abtretung um einen Vertrag, durch den der bisherige Gläubiger (Zedent) seine Forderung auf einen neuen Gläubiger (Zessionar) überträgt (§ 398 BGB). Im Steuerrecht allerdings ist die Abtretung eines Steuererstattungs- oder -vergütungsanspruchs ein öffentlich-rechtliches Rechtsgeschäft, das den besonderen Regeln des § 46 AO folgt. Die steuerrechtliche Abtretung erfolgt nicht durch bloßen Vertrag zwischen dem alten und dem neuen Gläubiger. Vielmehr bedarf es zur Wirksamkeit des Forderungsübergangs noch der Anzeige gegenüber der FinB (§ 46 Abs. 2 und 3 AO)[2].

 

Rz. 19

[Autor/Stand] Gemäß § 46 Abs. 3 AO muss die Anzeige auf dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck[4] erfolgen und folgenden Inhalt aufweisen:

  • die Angabe des Abtretenden und des Abtretungsempfängers und deren Unterschriften;
  • die Bezeichnung der Art (z.B. überbezahlte Einkommensteuer, Lohnsteuererstattung) und der Höhe (wobei diese bestimmbar, aber nicht ziffernmäßig benannt sein muss, z.B. "in Höhe des zu erstattenden Betrages") des abgetretenen Anspruchs;
  • die Nennung des Abtretungsgrundes (z.B. Erfüllung des Darlehensvertrags, nicht aber "Abtretung zahlungshalber"[5]).

Der Eingang der Anzeige ist materielle Voraussetzung für die Wirksamkeit der Abtretung; sie wirkt nicht auf den Zeitpunkt des Abtretungsvertrags zurück[6].

 

Rz. 20

[Autor/Stand] Dieses restriktive Formerfordernis verfolgt zwei Schutzrichtungen: Zum einen soll die FinB als Steuerschuldner und Zedent besonders – und entsprechend § 409 BGB – geschützt werden[8], denn gem. § 46 Abs. 5 AO müssen Abtretender und Abtretungsempfänger der FinB gegenüber die angezeigte Abtretung gegen sich gelten lassen, d.h. die FinB kann mit befreiender Wirkung an den in der Anzeige bezeichneten Zessionar leisten, auch wenn die Abtretung nicht erfolgt oder nicht wirksam oder wegen Verstoßes gegen Abs. 4 nichtig ist[9]. Zum anderen dient es dem Schutz der Lohnsteuerzahler vor unüberlegter Abtretung oder Verpfändung ihrer Erstattungsansprüche zu unangemessenen Bedingungen an unseriöse Zessionare[10]. Der verfahrensökonomische Zweck ist demgegenüber sekundär[11].

 

Rz. 21

[Autor/Stand] Entsprechendes gilt gem. § 46 Abs. 6 Satz 3 AO, der auf die Abs. 2–5 der Norm verweist, für Verpfändungen (§§ 12791290 BGB) von Steuerforderungen. Diese sind jedoch in der Praxis von geringer Bedeutung, weil i.d.R. eine Abtretung der Forderung in Betracht kommen und notfalls die Pfändung betrieben werden wird[13].

 

Rz. 22

[Autor/Stand] Die Anzeigepflicht besteht auch bei der Abtretung oder der Verpfändung der im Rahmen des § 383 AO interessierenden künftigen Ansprüche (z.B. auf Lohnsteuererstattung, s. Rz. 13). Das heißt die Abtretung/Verpfändung muss, soll sie wirksam sein, nach ihrer Entstehung angezeigt werden (§ 46 Abs. 2, 6 Satz 3 AO). Dadurch wird verhindert, dass die FinB sich bereits zu einer Zeit mit Abtretungen und Verpfändungen befassen muss, zu der der Anspruch noch nicht entstanden, geschweige denn ein zur Auszahlung führendes Verfahren beantragt worden ist[15]. Eine vor Entstehung des Anspruchs angezeigte Abtretung oder Verpfändung wird nicht mit der späteren Entstehung des Anspruchs wirksam[16]. Für die Abtretung künftiger Steuererstattungs- und Vergütungsansprüche genügt es, dass die Entstehung der Forderung möglich erscheint und der abgetretene/verpfändete Anspruch hinreichend genau bestimmt bzw. bestimmbar ist. Das ist nicht der Fall bei Abtretung "aller künftigen Erstattungsansprüche"[17].

 

Rz. 23

[Autor/Stand] Tatbestandsmäßig i.S.d. § 383 Abs. 1 AO ist in Anbetracht des besonderen Schutzzwecks der Vorschrift (s. Rz. 4) sowohl der in steuerrechtlicher Hinsicht untaugliche, da nichtige (§ 46 Abs. 5 AO) Erwerbsversuch, d.h. die Vornahme der Erwerbshandlung (Vertragsschluss über die Abtretung oder Verpfändung) als auch die formgerecht angezeigte (§ 46 Abs. 3 AO) Abtretung oder Verpfändung[19]. Wird die unter Verstoß gegen § 46 Abs. 4 Satz 1 AO vorgenommene Abtretung/Verpfändung der FinB gegenüber später angezeigt, so ist die Einreichung der Anzeige noch Bestandteil der Tathandlung. Rein formell unwirksame (etwa wegen § 46 Abs. 3 AO), ansonsten aber zulässige Abtretungen und Verpfändungen nach § 46 AO sind hingegen nicht tatbestandsmäßig i.S.d. § 383 AO (s. Rz. 3).

 

Rz. 24

[Autor/Stand] Eine Ausnahme vom Verbot des § 46 Abs. 4 Satz 1 AO besteht für die Sicherungsabtretung von Steuererstattungs- und Vergütungsansprüchen (§ 46 Abs. 4 Satz 2 AO). Eine solche auch die Tatbestandserfüllung nach § 383 Abs. 1 AO ausschließende zulässige Sicherungsabtretung ist jedoch nur gegeben, wenn materiell eine echte Sicherungsabrede und keine bloße Abtretung erfüllungshalber gegeben ist und z...

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