Entscheidungsstichwort (Thema)

Erteilung einer Freistellungsbescheinigung nach § 44 a Abs. 5 EStG

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.08.1997; Aktenzeichen I R 22/97)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin einen Anspruch auf Ausstellung einer Bescheinigung gemäß § 44 a Abs. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) hat.

Die Klägerin ist durch notariellen Vertrag vom 16.3.1970 errichtet und am 28.4.1970 im Handelsregister des Amtsgerichts … unter der HRB-Nummer … eingetragen worden. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 1.000.000,– DM, ist voll eingezahlt und wird von mehreren Gesellschaftern gehalten (vgl. dazu Bl. 1 und 2 des Heftrückens mit Beschwerdevorgängen).

Gegenstand des Unternehmens ist nach der Handelsregistereintragung der Erwerb und die Veräußerung von inländischen börsennotierten Aktien für eigene Rechnung, insbesondere von Bankwerten, und von anderen Vermögensbeteiligungen sowie die Verwaltung eigenen Vermögens und die Vornahme aller zur Erreichung und Förderung dieser Zwecke dienlichen Geschäfte. Dabei sind Bankgeschäfte im Sinne des § 1 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) ausgenommen.

Am 23.2.1993 beantragte die Klägerin die Ausstellung einer Bescheinigung nach § 44 a Abs. 5 EStG bei dem Finanzamt und trug hierzu vor, daß sie als einzigen Geschäftszweck eine Schachtelbeteiligung an einer unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Kapitalgesellschaft halte und mithin die anrechenbare Kapitalertrag- und Körperschaftsteuer – insgesamt 52 % der Beteiligungserträge – auf Dauer höher als die festzusetzende Körperschaftsteuer sei. Zu diesem Zeitpunkt lagen dem Finanzamt die Steuererklärungen der Jahre 1988 bis 1991 bereits vor und waren veranlagt. Dabei ergab sich für das Jahr 1990 ein anrechenbarer Körperschaftsteuerbetrag. Die Klägerin hält als einzige Beteiligung Aktien der … in Höhe eines Nennbetrages von 182.250.000,– DM, die sie in ihrer Bilanz im Anlagevermögen unter dem Posten „Beteiligungen” auswies (zum Erwerb vgl. die markierten Seiten in dem Sonderband „Verträge”).

Das Finanzamt lehnte den Antrag mit Schreiben vom 16.4.1993 ab. Die dagegen eingelegte Beschwerde wurde durch Beschwerdeentscheidung der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main (OFD) am 13.1.1994 als unbegründet zurückgewiesen.

Zur Begründung ihrer dagegen erhobenen Klage vertritt die Klägerin die Ansicht, bei ihr lägen die Voraussetzungen des § 44 a Abs. 5 EStG vor, weil bei Holding-Gesellschaften ohne eigene operative Tätigkeit es zu einer Überbesteuerung im Sinne der genannten Vorschrift komme. Ein Großteil der Erträge aus den jeweiligen Gewinnausschüttungen sei mit anrechenbarer Kapitalertrag- und Körperschaftsteuer belastet. Diese Überbesteuerung beruhe auch auf der Art der Geschäfte, da das Halten von Beteiligungen sowie die Anlage von liquiden Mitteln in Wertpapieren dem Wesen der Geschäfte von Holdings entspreche.

Unter Hinweis auf Scheurle (Der Betrieb –DB– 1993, 1594) ist sie der Ansicht, das Merkmal „Art der Geschäfte” sei erfüllt, wenn die Überbesteuerung einen in der Geschäftsstruktur des Unternehmens begründeten faktischen Zwang darstelle, dem sich der Unternehmer ohne Änderung des Wesens seiner Geschäfte nicht entziehen könne.

Daran ändere auch der Hinweis der Finanzverwaltung auf etwaige Veräußerungsgewinne nichts. Denn dabei werde übersehen, daß insbesondere in dem in der Gesetzesbegründung von der Bundesregierung genannten exemplarischen Fall der Versicherungsgesellschaften selbstverständlich auch Veräußerungsgewinne entstehen könnten.

Die Klägerin beantragt,

die Ablehnung des Verwaltungsaktes vom 16.4.1993 und die Beschwerdeentscheidung der OFD vom 13.1.1994 aufzuheben und das Finanzamt zu verpflichten, die mit Schreiben vom 22.2.1993 beantragte Bescheinigung nach § 44 a Abs. 5 EStG zu erteilen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Finanzamt ist der Ansicht, § 44 a EStG sei als Ausnahme von dem Regelfall des Steuerabzuges eng auszulegen. Der Gegenstand eines Unternehmens ergebe sich aus dem Handelsregister. Führe der so eingetragene Unternehmensgegenstand zu einer Überbesteuerung, so sei das Kriterium „aufgrund der Art der Geschäfte” erfüllt. Denn eine Änderung des Unternehmensgegenstandes würde nach dieser Betrachtungsweise eine Änderung des Gesellschaftsvertrages und die Eintragung desselben im Handelsregister nach § 10 GmbH-Gesetz voraussetzen. Diese Auslegung diene auch dem Interesse des Finanzamts, das von einer Änderung der Eintragung im Handelsregister durch das Amtsgericht in Kenntnis gesetzt werde. Nur so sei zu gewährleisten, daß eine Firma von der in § 44 a Abs. 5 EStG genannten Bescheinigung nicht mehr Gebrauch machen könne, wenn es infolge einer Änderung der Art ihrer Geschäfte nicht mehr zu einer dauerhaften Überbezahlung komme.

Das Finanzamt ist weiter der Ansicht, daß weder der Umstand, daß die Klägerin ihre Beteiligung im Anlagevermögen halte, noch daß sie al...

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