Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit der Finanzgerichtsbarkeit bei Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen im Steuerstrafverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ermittelt die Steuerfahndung im Steuerstrafverfahren gem. § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO Besteuerungsgrundlagen, handelt es sich insoweit um Abgabenangelegenheiten, für die der Finanzrechtsweg eröffnet ist.
  2. Nach dem Wortlaut des § 171 Abs. 5 AO reicht für die verjährungshemmende Wirkung der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen zwar der bloße tatsächliche Vorgang dieser Maßnahmen aus, allerdings muss der Steuerpflichtige insoweit erkennen können, dass in seinen Steuerangelegenheiten ermittelt wird.
  3. Wird dem Steuerpflichtigen in einem Steuerstrafverfahren mitgeteilt, dass die Prüfung „nun den steuerlich nicht verjährten Zeitraum ab 1990” betrifft, folgt daraus, dass die Steuerfahndung von Anfang an sowohl in Besteuerung- als auch im Steuerstrafverfahren nach § 208 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO tätig geworden ist.
 

Normenkette

FGO §§ 33, 69; AO §§ 169-170, 171 Abs. 5, § 208 Abs. 1 Nr. 2

 

Streitjahr(e)

1991, 1992, 1993, 1994, 1995, 1996, 1997, 1998, 1999

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 28.06.2005; Aktenzeichen X B 78/05)

 

Tatbestand

Strittig ist neben der Zuständigkeit der Finanzgerichtsbarkeit die Rechtmäßigkeit der gegenüber den Antragstellern zu 1) und 2) geänderten Einkommensteuerbescheide 1991–1999 sowie der gegenüber der Antragstellerin zu 2) geänderten Umsatzsteuerbescheide 1991–1999.

Der Antragsteller zu 1) ist pensionierter Justizbeamter, die mit ihm verheiratete Antragstellerin zu 2) betrieb einen Handel mit Schmuckartikeln auf Provisionsbasis und war daneben als Werbedame tätig. Der Antragsteller zu 1) erzielte bis zum 26.08.1996 und – nach der Übergabe des hälftigen Miteigentumsanteils an seine Ehefrau – zusammen mit diesen Einkünften aus der Vermietung eines Mietwohngrundstücks in X.

Bei einer vom Antragsgegner (das Finanzamt –FA–) bei der Antragstellerin zu 2) am 23.01.2002 begonnenen Betriebsprüfung betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer 1997–1999 wurde festgestellt, dass die Mieteinnahmen nicht vollständig erklärt waren. Der Betriebsprüfer teilte dies - im Rahmen einer Zwischenbesprechung vom 27.02.2002 - den Antragstellern mit und übergab anschließend die Gesprächsführung an den hinzugezogenen Fahndungsprüfer. Ausweislich des über die Zwischenbesprechung gefertigten Aktenvermerks (Bl. 37 AdV-Akte) eröffnete dieser das Steuerstrafverfahren gegen die Antragsteller zu 1) und 2) wegen des Verdachts der Hinterziehung von Einkommensteuer der Jahre ab 1995. Nach diesem Aktenvermerk erläuterte der Prüfer den Antragstellern ihre Rechte, insbesondere, dass sie nun die Stellung eines Beschuldigten hätten und somit ein Recht auf Aussageverweigerung. Der Aktenvermerk enthält ferner die Feststellung: „Die Prüfung betrifft nun den steuerlich nicht verjährten Zeitraum ab 1990”. In der abschließenden Besprechung vom 16.04.2002 wurde der Antragstellerin zu 2) darüber hinaus die Einleitung eines Strafverfahrens wegen des Verdachts der Hinterziehung von Umsatzsteuer für die Jahre 1995 – 1999 bekannt gegeben (Bl. 41 AdV-Akte).

Die – im Steuerstrafverfahren gemäß § 208 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit einer Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO – erfolgte Prüfung führte neben der Erhöhung der Umsätze für die Jahre 1997 – 1999 und der Kürzung von Vorsteuern für 1991 – 1999 zur Erhöhung des Gewinns aus Gewerbebetrieb von 1990 –1999 sowie der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ab 1990. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bericht vom 07.11.2002 verwiesen. Das FA erließ auf der Grundlage dieser Feststellungen unter dem 28.11.2002 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderte Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide 1990-1999, gegen die die Antragsteller Einspruch einlegten und Aussetzung der Vollziehung beantragten, weil sie die teilweise im Schätzungsweg ermittelten Besteuerungsgrundlagen im Vermietungsbereich nicht anerkannten (Bl. 1-2 Sonderband). Mit Bescheid vom 03.02.2003 half das FA dem Einspruchsbegehren teilweise ab, indem es die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von bisher 5.201,-- DM auf nunmehr 3.054,-- DM verminderte. Dem Aussetzungsantrag entsprach das FA durch Verfügung vom 09.06.2004 hinsichtlich der angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1990 und 1991 (Bl. 63 ff. „Sonderband Rechtsbehelfsakten”) und lehnte ihn hinsichtlich der übrigen Jahre ab. Dagegen legten die Antragsteller am 16.06.2004 Einspruch ein (Bl. 75 Sonderband). Im Rahmen des Einspruchsverfahrens führte die Steuerfahndung in dem gegen die Antragsteller anhängigen Steuerstraf- und Besteuerungsverfahren nach § 208 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO weitere Ermittlungshandlungen durch und stellte dabei fest, dass die Umsätze und der Gewinn der Antragstellerin zu 2) zum Teil erheblich über den bislang angesetzten Umsätzen und Gewinnen lagen. Die Einzelheiten der Feststellungen ergeben sich aus sieben, dem FA am 17.06.2004 übersandten Anlagen (Bl. 29ff. Bp-Band) betreffend die Einnahmen der Antragst...

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