Rz. 125b

Die in Rz. 121ff. dargelegte Konzeption des Gesetzes wirft wegen der konstruktiven Schwierigkeiten (Geldfluss an einen Dritten als verdeckte Gewinnausschüttung) erhebliche Probleme auf. Die Finanzverwaltung hat diese Regelung daher eingeschränkt[1]. Danach werden insbesondere "back-to-back-Finanzierungen" erfasst (vgl. Rz. 94).

Diese Einschränkung hat erhebliche Auswirkungen auf die Rechtsfolgen. Nach der im Gesetz enthaltenen Regelung musste angenommen werden, dass Zahlungen der Kapitalgesellschaft an den kreditgebenden Dritten (Bank) verdeckte Gewinnausschüttungen der Kapitalgesellschaft an den Anteilseigner sind. Da der Anteilseigner tatsächlich aber nicht bereichert ist, musste eine "Verwendung" dieser verdeckten Gewinnausschüttungen bei ihm unterstellt werden, d. h., es muss angenommen werden, dass der Anteilseigner die erhaltenen verdeckten Gewinnausschüttungen an den kreditgebenden Dritten weitergegeben hat ("Vorteilsverbrauch"). Das ist nur bei Annahme mehrfacher Fiktionen möglich (vgl. Rz. 121).

Die Ansicht der Finanzverwaltung geht nun dahin, dass § 8a nur dann anzuwenden sein soll, wenn die kreditgebende Bank ihrerseits Vergütungen an den Anteilseigner oder eine nahe stehende Person geleistet hat. Dann fällt die Schwierigkeit fort, dass der Anteilseigner nicht bereichert ist; er hat schließlich Vergütungen von dem kreditgebenden Dritten erhalten. Der Konzeption des "Vorteilsverbrauchs" bei dem Anteilseigner bedarf es nicht. Die Rechtswirkungen des § 8a in den Rückgriffsfällen bestehen dann darin, dass die Zinszahlung des Dritten an den Gesellschafter (oder die nahestehende Person) bei diesem als verdeckte Gewinnausschüttung erfasst wird.

Diese Ansicht stellt zwar eine sinnvolle Einschränkung der insgesamt missglückten Regelung dar, ist jedoch erheblichen Bedenken ausgesetzt. Abs. 1 ermöglicht nur eine Umqualifizierung im Verhältnis zwischen Kapitalgesellschaft und Anteilseigner, und dies auch nur – wenn erforderlich – im Wege der Fiktion. Die Vorschrift ermöglicht aber unter keinem Gesichtspunkt die Umqualifizierung von Vergütungen, die ein Dritter an den Anteilseigner zahlt; diese Vergütungen stehen außerhalb des Regelungsbereichs der Vorschrift. Die von der Finanzverwaltung angenommene Rechtsfolge überschreitet daher die Grenze der Auslegung des Gesetzes und stellt eine unzulässige Gesetzeserweiterung dar.

 

Rz. 125c

Dagegen bleibt es bei der in Rz. 121 dargestellten Konstruktion, wenn der Kapitalgesellschaft bzw. dem Anteilseigner der "Gegenbeweis", dass die Zinsen mit Vergütungen an den Gesellschafter nicht zusammenhängen, nicht gelingt, aber diese Vergütungen nicht eindeutig nachweisbar sind (weil sie z. B. im Ausland gezahlt sein könnten). Mangels einer steuerlich konkret zu erfassenden Bereicherung des Gesellschafters muss in diesen Fällen auf das Konzept des "Vorteilsverbrauchs" zurückgegriffen werden, da sonst die steuerliche Behandlung mit der tatsächlichen Vermögenslage des Gesellschafters nicht übereinstimmt.

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