Rz. 67

Schließlich tritt trotz Überschreitung des "safe haven" bei der Kreditaufnahme zur Finanzierung von Geschäften i. S. d. § 1 KWG keine Umqualifizierung ein. Damit soll der besonderen Situation von Kreditinstituten Rechnung getragen werden. Bei Kreditinstituten ist die Fremdfinanzierung und damit die Ersetzung von Eigen- durch Fremdkapital bereits durch § 10 KWG eingeschränkt; besonderer steuerlicher Vorschriften bedarf es nicht mehr. Die Ausnahme für Kreditinstitute dient auch wirtschaftspolitischen Zwecken; die Qualität der Bundesrepublik als Standort für Banken soll nicht beeinträchtigt werden.

Das Gesetz enthielt ursprünglich keine Beschränkung der Ausnahme auf Kreditinstitute; die Ausnahme wurde bis Vz 2003 von der Art der Geschäfte ("bankübliche Geschäfte"), nicht von der Qualifikation des Darlehensnehmers als Kreditinstitut, abhängig gemacht. Die Ausnahmeregelung galt daher nicht nur für Kreditinstitute i. S. d. KWG, sondern auch für gleichartige Geschäfte anderer Unternehmen[1].

Durch Gesetz v. 22.12.2003[2] ist die Ausnahme ab Vz 2004 ausdrücklich auf Kreditinstitute begrenzt worden. Daher muss der Kreditnehmer, bei dem die Umqualifizierung der Vergütungen für das Gesellschafter-Fremdkapital in Frage steht, die Voraussetzungen eines Kreditinstituts nach dem KWG erfüllen. Kreditinstitute sind nach § 1 Abs. 1 KWG Unternehmen, die Bankgeschäfte i. S. d. § 1 Abs. 1 KWG betreiben. Finanzdienstleistungsinstitute nach § 1 Abs. 1a KWG und Finanzunternehmen nach § 1 Abs. 3 KWG sind danach keine Kreditinstitute und fallen nicht unter die Ausnahmeregelung.

 

Rz. 68

Das Gesellschafter-Fremdkapital musste bis Vz 2003 der Finanzierung banküblicher Geschäfte dienen. Bankübliche Geschäfte sind in § 1 Abs. 1 KWG definiert. Privilegiert waren also nur die Bankgeschäfte i. S. d. § 1 KWG; bankfremde Geschäfte i. S. d. § 19 KWG können nicht "banküblich" sein[3]. Banküblich sind aber auch die sog. bankähnlichen Geschäfte nach § 1 Abs. 3 KWG, insbesondere der Erwerb von Beteiligungen, von Geldforderungen und der Abschluss von Leasingverträgen[4].

Durch Gesetz v. 22.12.2003[5] ist der Ausdruck "bankübliche Geschäfte" ab Vz 2004 durch den Begriff "Geschäfte i. S. d. § 1 KWG" ersetzt worden. Damit sind alle Geschäfte begünstigt, die § 1 KWG aufführt, also nicht nur die Bankgeschäfte nach § 1 Abs. 1 KWG, sondern auch die Finanzdienstleistungen nach § 1 Abs. 1a KWG und die bankähnlichen Geschäfte nach § 1 Abs. 3 KWG. Voraussetzung ist jedoch, dass diese Geschäfte von einem Kreditinstitut i. S. d. § 1 Abs. 1 KWG durchgeführt werden.

 

Rz. 69

Das Fremdkapital muss der Finanzierung dieser Geschäfte dienen; diese Eigenschaft des Dienens für bestimmte Kreditgeschäfte muss nachvollziehbar sein. Das ist bei einem unmittelbaren Zusammenhang der Fall, d. h. wenn z. B. das Fremdkapital unter Wahrung der Nämlichkeit für Bankgeschäfte i. S. d. § 1 KWG verwendet wird. Nicht unter die Ausnahmeregelung für Kreditinstitute fallen daher Gesellschafterdarlehen,

  • bei denen der unmittelbare Zusammenhang mit Bankgeschäften nicht dargetan werden kann, weil z. B. eine direkte Zuordnung nicht möglich ist,
  • die anderen Zwecken als Bankgeschäften dienen, z. B. dem Bau eines Verwaltungsgebäudes.

Ein mittelbarer Zusammenhang genügt daher nicht (z. B. Einstellen des Gesellschafter-Fremdkapitals in einen "Pool" von Kapital, aus dem Bankgeschäfte, aber auch andere Aktivitäten finanziert werden). Dagegen genügt es, wenn (negativ) ohne strengen Nämlichkeitsnachweis dargetan wird, dass mit dem Gesellschafter-Fremdkapital kein anderes Vorhaben als ein Bankgeschäft i. S. d. § 1 KWG finanziert worden sein kann (Einstellen in einen Pool von Kapital, aus dem nur Bankgeschäfte finanziert worden sind).

Andererseits steht es im Belieben des Steuerpflichtigen, welches Kapital er welchen Aktivitäten tatsächlich zuordnet. Nimmt er Gesellschafter-Fremdkapital auf, kann er dieses Kapital unmittelbar und direkt den Bankgeschäften zuordnen (also etwa unter Wahrung der Nämlichkeit hieraus Kredite gewähren), andere Aktivitäten, wie den Bau eines Bürogebäudes, aber aus "freiem" Kapital finanzieren (z. B. Eigenkapital, Drittdarlehen).

 

Rz. 70

Durch Gesetz v. 22.12.2003[6] ist die Ausnahmeregelung ab Vz 2004 eingeschränkt worden. Auslöser hierfür war eine Entscheidung des BFH (v. 15.5.2002, I R 53/00, BStBl II 2003, 327, BFH/NV 2003, 122), wonach die Ausnahmeregelung auch eingreift, wenn die kreditaufnehmende Gesellschaft die banküblichen Geschäfte (ab Vz 2003: die Geschäfte nach § 1 KWG) mit konzernabhängigen Gesellschaften tätigte, die selbst keine Kreditinstitute waren.

Ab Vz 2004 ist ausdrücklich geregelt, dass die Ausnahme nicht gilt, wenn die Kreditaufnahme der Finanzierung von Geschäften mit dem Kreditinstitut nahe stehenden Personen dient, die nicht selbst Kreditinstitute sind. Die Ausnahme gilt daher nur bei der Aufnahme des Gesellschafterdarlehens zur Finanzierung von Bankgeschäften nach § 1 KWG mit

  • Dritten (Banken und Nichtbanken);
  • nahe stehenden Personen, wenn diese selbst Kredit...

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