Rz. 96

Wird das Vermögen einer Körperschaft auf eine andere Körperschaft übertragen, so erlischt die übertragende Körperschaft zivilrechtlich erst mit Eintragung der Vermögensübertragung in das Handelsregister. Bis zu diesem Zeitpunkt kann die übertragende Körperschaft zivilrechtlich noch Gewinnausschüttungen vornehmen. Steuerlich unterliegen aber auch diese Gewinnausschüttungen der Rückwirkung zum Übertragungsstichtag.

 

Rz. 97

Das bedeutet, dass vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag beschlossene Gewinnausschüttungen der übertragenden Körperschaft voll wirksam sind und nach den allgemeinen Vorschriften abgewickelt werden. Sind diese Gewinnausschüttungen im steuerlichen Übertragungsstichtag noch nicht ausgezahlt worden, hat die übertragende Körperschaft die Ansprüche der Gesellschafter aus dem Gewinnausschüttungsbeschluss in der Übertragungsbilanz als Ausschüttungsverbindlichkeit zu passivieren. Diese Verpflichtung geht auf den übernehmenden Rechtsträger über. Soweit der Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers der übernehmende Rechtsträger ist, gilt die Ausschüttung im steuerlichen Übertragungsstichtag als zugeflossen und die Verbindlichkeit daher als erloschen. Die übernehmende Körperschaft erzielt zu diesem Zeitpunkt Einkünfte aus der Kapitalbeteiligung.

 

Rz. 98

Werden Gewinne an Gesellschafter der übertragenden Körperschaft ausgeschüttet, die Gesellschafter der übernehmenden Körperschaft werden, gilt weder die Rückwirkungs- noch die Zuflussfiktion. Vielmehr geht die Verpflichtung aus dem Gewinnausschüttungsbeschluss steuerlich zum steuerlichen Übertragungsstichtag auf den übernehmenden Rechtsträger über. Die vom übertragenden Rechtsträger passivierte Ausschüttungsverbindlichkeit wird in der Steuerbilanz des übernehmenden Rechtsträgers zu einem passiven Korrekturposten.[1] Der übernehmende Rechtsträger kann eine Ausschüttungsverbindlichkeit nicht passivieren, weil er zivilrechtlich bis zur (zivilrechtlichen) Wirksamkeit des Vermögensübergangs aus dem Ausschüttungsbeschluss nicht verpflichtet ist. Wird die Gewinnausschüttung ausgezahlt, gilt dies im Verhältnis zwischen übernehmendem und übertragendem Rechtsträger als Auszahlung durch den übernehmenden Rechtsträger. Im Verhältnis zu den Gesellschaftern, welche die Ausschüttung beziehen, handelt es sich auch steuerlich um eine Ausschüttung durch den übertragenden Rechtsträger, weil in diesem Verhältnis die Rückwirkung nicht gilt.[2]

 

Rz. 99

Bei nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag gefassten Gewinnverwendungsbeschlüssen ist zu unterscheiden. Für eine Ausschüttung an die übernehmende Körperschaft (Upstream-Merger) kann die übertragende Körperschaft nach dem steuerlichen Übertragungszeitpunkt keinen Gewinnausschüttungsbeschluss mit steuerlicher Wirkung mehr fassen, auch nicht für Perioden vor dem Übertragungsstichtag. Im Verhältnis zwischen übertragender und übernehmender Körperschaft kann es sich wegen der steuerlichen Rückwirkung auf den Übertragungszeitpunkt nur um einen steuerneutralen, internen Vorgang handeln. Ein steuerlich relevanter Zufluss bei der übernehmenden Körperschaft erfolgt nicht, weil sie das gesamte Vermögen der übertragenden Körperschaft bereits zum Übertragungszeitpunkt erworben hat. Auch wenn gesellschaftsrechtlich ein Gewinnausschüttungsbeschluss gefasst worden ist, liegt steuerlich im Verhältnis zum übernehmenden Rechtsträger keine Gewinnausschüttung vor.[3] Daher ist auch keine KapESt einzubehalten, eine bereits abgegebene KapESt-Anmeldung kann entsprechend geändert werden.

 

Rz. 100

Für Personen, die infolge der Umwandlung Gesellschafter des übernehmenden Rechtsträgers werden, ist der Gewinnausschüttungsbeschluss wirksam, weil insoweit die Rückwirkung nicht gilt, die Ausschüttungsverpflichtung geht aber rückwirkend zum steuerlichen Übertragungsstichtag auf den übernehmenden Rechtsträger über. In der Bilanz des übernehmenden Rechtsträgers ist insoweit ein steuerlicher Ausgleichsposten zu bilden. Für Ausschüttungen an ausscheidende Gesellschafter gilt Entsprechendes.

 

Rz. 101

Für die Ermittlung des steuerlichen Einlagekontos gelten Ausschüttungen, für die eine Ausschüttungsverbindlichkeit bzw. ein steuerlicher Ausgleichsposten zu passivieren ist, spätestens als im Zeitpunkt der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Umwandlung abgeflossen.[4] Zu diesem Zeitpunkt vermindern sie daher das Eigenkapital der übertragenden Körperschaft, wenn sie nicht tatsächlich bereits früher abgeflossen sind.

 

Rz. 102

Ist die übertragende an der übernehmenden Körperschaft beteiligt (Downstream-Merger), können Gewinne von der übernehmenden an die übertragende Körperschaft ausgeschüttet werden. Ist die Ausschüttung der übernehmenden Körperschaft vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag beschlossen worden, aber noch nicht abgeflossen, gelten die Grundsätze der Rz. 96ff. entsprechend. Die übertragende Körperschaft hat in der Übertragungsbilanz eine Ausschüttungsforderung zu aktivieren. Mit dem steuerlichen Übertragungsstichtag gilt die Ausschüttung als erfolgt (A...

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