Verlustverrechnungsverbot bei Rückwirkung einer Umwandlung

Das Verlustverrechnungsverbot bei steuerlicher Rückwirkung einer Umwandlung ist auch in Einbringungsfällen anzuwenden, in denen eine steuergestalterische Missbrauchsabsicht nicht vorliegt. Die verfassungsrechtlichen Bedenken sind nicht begründet. Die Regelung gilt auch für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer.

Hintergrund: Gesetzliche Regelung

Nach § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG ist der Ausgleich oder die Verrechnung von positiven Einkünften des übertragenden Rechtsträgers im Rückwirkungszeitraum mit verrechenbaren Verlusten, verbleibenden Verlustvorträgen, nicht ausgeglichenen negativen Einkünften und einem Zinsvortrag nach § 4h Absatz 1 Satz 5 EStG des übernehmenden Rechtsträgers nicht zulässig.

Streit über verschiedene Gesichtspunkte zum Verlustverrechnungsverbot bei steuerlicher Rückwirkung einer Umwandlung

Einzelkaufmann S erklärte mit notarieller Urkunde vom 13.7.2017 die "Umwandlung im Wege der Ausgliederung aus dem Vermögen eines Einzelkaufmanns zur Neugründung einer GmbH (Ausgliederungsplan)" zum Umwandlungsstichtag (Ablauf des 1.1.2017) in die neu zu gründende GmbH (Klägerin). S erhielt alle Geschäftsanteile und wurde zum alleinigen Geschäftsführer bestellt.

Die Eintragung der Klägerin in das Handelsregister erfolgte am 21.8.2017. Für S wurde der letzte Jahresabschluss auf den 1.1.2017, für die Klägerin eine Eröffnungsbilanz auf den 2.1.2017 und der erste Jahresabschluss auf den 31.12.2017 erstellt. Eine Zwischenbilanz wurde nicht aufgestellt.

Klägerin und Finanzamt (FA) streiten über verschiedene Einzelfragen zum Verlustverrechnungsverbot des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG. Vor allem ist streitig, ob § 2 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 20 Abs. 6 Satz 4 UmwStG nicht für die Gewerbesteuer gilt und ebenfalls nicht, soweit der Verlust des übernehmenden Rechtsträgers auf einem Investitionsabzugsbetrag beruht.

Auffassung des FG und Revision des FA

Das FG gab der Klage teilweise statt. Es vertrat die Auffassung, § 2 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 20 Abs. 6 Satz 4 UmwStG gelte nicht für die Gewerbesteuer und ebenfalls nicht, soweit der Verlust des übernehmenden Rechtsträgers auf einem Investitionsabzugsbetrag beruht.

Anträge im Rahmen der Revision

Dagegen richtet sich die Revision des FA, mit der es die Verletzung von Bundesrecht geltend macht und insoweit beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin hat beantragt, die Revision zurückzuweisen. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren nach § 122 Abs. 2 FGO beigetreten, hat aber keinen eigenen Antrag gestellt.

Entscheidung: BFH hält die Revision des FA für begründet

Der BFH hält die Revision des FA ist begründet. Er hat das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und die Klage abgewiesen:

  • Nach § 20 Abs. 6 Satz 3 UmwStG darf Einbringung auf einen Tag zurückbezogen werden, der höchstens acht Monate vor dem Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrags liegt und höchstens acht Monate vor dem Zeitpunkt liegt, an dem das eingebrachte Betriebsvermögen auf die übernehmende Gesellschaft übergeht. § 20 Abs. 6 Satz 4 UmwStG stellt in diesem Zusammenhang klar, dass § 2 Abs. 3 und 4 UmwStG entsprechend gilt. Diese Regelung ist, was aus dem eindeutigen Normwortlaut folgt, unabhängig von einer steuergestalterischen Missbrauchsabsicht bei der Einbringung anzuwenden.
  • Der sachliche Anwendungsbereich des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG erstreckt sich entgegen der Ansicht der Vorinstanz auch auf die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer. Es ist zwar zutreffend, dass § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG von "positiven Einkünften", "negativen Einkünften" und "verbleibenden Verlustvorträgen" spricht, während in § 10a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) die Begriffe "Gewerbeertrag", "Gewerbeverlust" und "vortragsfähiger Fehlbetrag" verwendet werden. Allerdings lässt sich der laufende Gewerbeverlust sprachlich ohne Weiteres als Unterform der "negativen Einkünfte" verstehen.
  • Dem FG ist auch darin nicht zu folgen, dass die (negativen) Einkünfte des übernehmenden Rechtsträgers für die Anwendung von § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG ohne Berücksichtigung eines im Veranlagungsjahr der Übernahme von ihm beantragten Investitionsabzugsbetrags (§ 7g EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG) zu bestimmen sind. Der Normwortlaut des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG lässt für eine derartige teleologische Reduktion keinen Raum, denn darin wird die Verlustverrechnung uneingeschränkt versagt.
  • Dem FG ist darin zu folgen, dass der Rückwirkungszeitraum mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags beginnt und erst mit dem Ablauf des Tages der Eintragung in das Handelsregister endet.
  • Ebenso ist es zutreffend, dass zur Berechnung der nach § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG anzusetzenden Beträge regelmäßig die Erstellung einer (steuerlichen) Zwischenbilanz auf den Zeitpunkt des Endes des Rückwirkungszeitraums erforderlich ist, auch wenn damit administrativer Mehraufwand einhergeht. Da im Streitfall eine solche Bilanz nicht erstellt worden ist, ist es nicht zu beanstanden, dass das FG die positiven Einkünfte des übertragenden Rechtsträgers im Rückwirkungszeitraum im Schätzungswege ermittelt hat.

BFH, Urteil v. 12.4.2023, I R 48/20; veröffentlicht am 6.7.2023

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