Rz. 422

Auch bei der Bildung und Abführung nachvertraglicher offener Rücklagen schließt sich das Steuerrecht grds. dem Handelsrecht an, enthält aber in § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KStG eine wichtige Einschränkung für die Bildung freier nachvertraglicher Gewinnrücklagen. Die Bildung der Kapitalrücklagen ist handelsrechtlich zwingend, daher auch steuerlich möglich und bewirkt nicht die Nichtdurchführung des Ergebnisabführungsvertrags. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KStG sieht daher eine Einschränkung nur für die Gewinnrücklagen i. S. d. § 272 Abs. 3 HGB vor. Kapitalrücklagen nach § 272 Abs. 2 HGB dürfen nach den gesetzlichen Vorschriften ohne steuerliche Einschränkungen gebildet werden.

 

Rz. 423

Die Einschränkung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KStG gilt nur für die Bildung freier, nicht gesetzlicher Rücklagen. Da das Handelsrecht die Bildung gesetzlicher Rücklagen vorschreibt und eine Ergebnisabführung untersagt, die dies nicht berücksichtigt, muss auch das Steuerrecht die Bildung gesetzlicher Rücklagen anerkennen. Eine Zuführung zur gesetzlichen Rücklage im gesetzlich vorgeschriebenen Umfang verstößt also nicht gegen das Erfordernis der tatsächlichen Durchführung des Ergebnisabführungsvertrags.[1] Das gilt sowohl für die gesetzlichen Rücklagen nach § 300 Nr. 1 AktG[2] als auch für die Rücklage nach § 5a Abs. 3 GmbHG für die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt).[3] Entsprechendes gilt für die Gewinnrücklagen nach § 272 Abs. 4 HGB. Da die Dotierung dieser Rücklagen handelsrechtlich zwingend ist, beeinträchtigt die Rücklagenbildung insoweit die Durchführung des Ergebnisabführungsvertrags nicht.[4] Vorhandene freie Gewinnrücklagen sind vorrangig zur Bildung dieser Rücklage heranzuziehen.[5] Geschieht dies nicht, ist der Ergebnisabführungsvertrag steuerlich nicht durchgeführt worden.

 

Rz. 424

§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KStG gilt nicht für die Fälle, in denen die Dotierung der Gewinnrücklagen gesetzlich vorgeschrieben ist. Solche Gebote sind durch das BilMoG v. 25.5.2009[6] und die Übergangsvorschriften hierzu[7] eingeführt worden. Das BilMoG hat das Bilanzierungsverbot für selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens durch Streichung des § 248 Abs. 2 HGB aufgehoben, während § 5 Abs. 2a EStG beibehalten wurde. Daher kann sich bei Organgesellschaften bei Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter handelsrechtlich ein höherer Gewinn oder niedrigerer Verlust als in der Steuerbilanz ergeben. Dieser Gewinn darf nach § 301 AktG i. V. m. § 268 Abs. 8 HGB nicht abgeführt werden und ist in eine Gewinnrücklage einzustellen.[8] Da es sich hierbei um eine zwingende gesetzliche Regelung handelt, gilt dies auch steuerrechtlich.[9] Handelsrechtlich braucht die Gewinnrücklage nicht gebildet zu werden, wenn bereits frei verfügbare Rücklagen mindestens in Höhe des Aktivierungsbetrags vorhanden sind. Bei einer Organgesellschaft kann dies regelmäßig jedoch nicht der Fall sein, da die Bildung frei verfügbarer Rücklagen gegen § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KStG verstoßen würde.[10]

 

Rz. 425

Infolge der Abschreibungen auf die aktivierten selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände entsteht in den Folgejahren handelsrechtlich ein niedrigerer Gewinn als steuerrechtlich. Diese Abschreibungen sind durch entsprechende Auflösung der Gewinnrücklage zu verrechnen, da die Rücklage nur den Betrag der insgesamt aktivierten Aufwendungen, also abzüglich der Abschreibungen, betragen muss. Handelsrechtlich ist eine solche Verrechnung der Abschreibungen gegen die Gewinnrücklage zwar nicht zwingend. Steuerrechtlich ist sie aber notwendig, da sonst unzulässige Rücklagen gebildet würden und dies als Verstoß gegen § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KStG die Anerkennung der Organschaft gefährden würde.[11]

 

Rz. 426

Art. 67 EGHGB enthält eine Reihe von Fällen, in denen eine Passivposition aufgelöst werden kann und, wenn dieses Wahlrecht ausgeübt wird, die dadurch entstehende handelsrechtliche Vermögensmehrung in die Gewinnrücklagen einzustellen ist. Es handelt sich im Wesentlichen um folgende Fälle:

  • Auflösung von Pensionsrückstellungen aufgrund der geänderten Abzinsungsregelung[12];
  • Auflösung der Aufwandsrückstellungen nach § 249 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 HGB a. F.[13];
  • Auflösung der Sonderposten mit Rücklageanteil[14];
  • Auflösung der besonderen steuerrechtlichen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten nach § 250 Abs. 1 S. 2 HGB a. F.[15];
  • Zuschreibung aufgrund nicht mehr zulässiger besonderer handelsrechtlicher Abschreibungen[16];
  • Erträge aus der Bilanzierung latenter Steuern.[17]

In allen Fällen ist die Zuführung zu den Gewinnrücklagen gesetzlich vorgeschrieben. Die Bildung dieser Rücklagen verstößt daher nicht gegen § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KStG. Die Auflösung der Passivpositionen steht zwar z. T. im Ermessen des Stpfl. Löst er aber die Passivposition auf, ist die Einstellung des Betrags in die Rücklage zwingend. Dem Wahlrecht des Stpfl. unterliegt daher nur die Auflösung der Passivpositionen, nicht die Rücklagenbildung. Dass er in der vorgeschalteten Stufe ...

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