Rz. 917

[Autor/Stand] Preis- und Wertbandbreiten. Preisbandbreiten entstehen im Rahmen des tatsächlichen Fremdvergleichs, dh. bei Anwendung der Preisvergleichsmethode, durch die Zusammenstellung marktentstandener, also direkt am Markt beobachtbarer Preise für uneingeschränkt bzw. eingeschränkt vergleichbare Referenztransaktionen. Von Wertbandbreiten spricht man, wenn

  • bei Anwendung der Kostenaufschlagsmethode (Anm. 721 ff.) der Gewinnaufschlag bzw. Mark-up,
  • bei Anwendung der Wiederverkaufspreismethode (Anm. 676 ff.) die Handelsspanne bzw. Bruttomarge und
  • bei Anwendung der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode (TNMM) (Anm. 791 ff.) die Nettomarge

mittels tatsächlichen Fremdvergleichs, dh. durch äußeren oder inneren Betriebsvergleich (Anm. 307 ff.), ermittelt und jeweils mehrere Vergleichswerte abgeleitet werden (können). In diesem Fall bilden die Vergleichswerte – im Rahmen der jeweiligen Verrechnungspreismethode – eine Wertbandbreite. Die Existenz von Preis- und Wertbandbreiten ist als Realität der Verrechnungspreispraxis anerkannt. Die OECD-Leitlinien gehen in Tz. 3.55 sogar vom Regelfall aus. So wird ausgeführt: "Da jedoch die Verrechnungspreisgestaltung keine exakte Wissenschaft ist, wird es auch viele Situationen geben, bei denen die Anwendung der besten geeigneten Methode bzw. Methoden eine Bandbreite von Werten ergibt, von denen alle relativ gleich zuverlässig sind.".[2]

Wenngleich es im Rahmen des § 1 Abs. 3 Satz 1 letztlich um den Fall der Anwendung der Preisvergleichsmethode geht, bei der die beiden zentralen Anwendungsvoraussetzungen des tatsächlichen Fremdvergleichs (Unabhängigkeit der Geschäftspartner und Vergleichbarkeit der Verhältnisse, Anm. 155 und 158) erfüllt sind, erfasst der Wortlaut dieser Regelung auch die Fälle, in denen mehrere Vergleichswerte durch die Anwendung der Wiederverkaufspreis- bzw. der Kostenaufschlagsmethode vorliegen und sich deshalb eine "Wertbandbreite" ergibt (so.). Dies beruht auf dem Umstand, dass der Gesetzgeber – in unzutreffender Weise – den tatsächlichen Fremdvergleich mit den klassischen Methoden gleichsetzt (Anm. 906 f.).

Ebenso entspricht es der allgemeinen Auffassung[3] sowie der Rspr. des BFH, dass es den "richtigen Verrechnungspreis " im Sinne eines mathematisch exakt fixierbaren Werts nicht geben, sondern allenfalls eine Bandbreite angemessener Preise bestimmt werden kann.[4] Die Finanzverwaltung hat überdies bereits (weit) vor der gesetzlichen Regelung in § 1 Abs. 3 Satz 1 sowohl in den VWG 1983[5] als auch in den VWG-Verfahren[6] Preis- und Wertbandbreiten ausdrücklich anerkannt.

Preis- und Wertbandbreiten (Fremdvergleichsbandbreiten, "arm’s-length range") werden schließlich auch international überwiegend akzeptiert.[7]

 

Rz. 918

[Autor/Stand] Abgrenzung zu den sog. Zinsurteilen. Der BFH hatte in seinen sog. "Zinsurteilen" zu konzerninternen Darlehensbeziehungen entschieden, dass die banküblichen Habenzinsen als Untergrenze und die banküblichen Sollzinsen als Obergrenze für angemessene Zinsen zu beachten sind, wobei sich "im Zweifel" Darlehensgläubiger und Darlehensschuldner die Spanne zwischen bankenüblichen Haben- und Schuldzinsen teilen sollen.[9] Dem steht auch das BFH-Urteil v. 17.10.2001 nicht entgegen, mit dem grundsätzlich der Mittelwertmethode die Rechtfertigung abgesprochen wurde. Denn der BFH konzedierte den Ansatz des Mittelwerts zutreffenderweise dann, "wenn er aus Fremdvergleichswerten abgeleitet werden kann".[10] Auf einen solchen, wenngleich pauschalen Fremdvergleich geht der Erfahrungssatz zurück, dass sich – im Zweifel – Darlehensgläubiger und -schuldner die Spanne zwischen banküblichen Haben- und Schuldzinsen teilen (Anm. 2224).[11]

Diese Rspr. des BFH wird zumeist mit der Aufteilung einer "Zinsbandbreite" gleichgesetzt, die allerdings mit der Preisbandbreite im hier verstandenen Sinn nichts gemein hat, sondern der Differenz zwischen einem Soll- und einem Habenzins entspricht. Eine Zinsbandbreite entsteht im Rahmen eines tatsächlichen Fremdvergleichs durch die Zusammenstellung marktentstandener, dh. direkt am Markt beobachtbarer Preise für uneingeschränkt, jedenfalls aber eingeschränkt vergleichbare Referenztransaktionen (Anm. 2223). Zwar sind bankübliche Soll- wie Habenzinssätze letztlich Marktdaten. Allerdings liegen die Vergleichbarkeitsvoraussetzungen schon deshalb nicht vor, weil für Darlehensvergaben nur der Sollzinssatz maßgeblich ist, soweit keine überschüssige Liquidität beim Darlehensgeber besteht (Anm. 2225).

Insofern basiert diese Rspr. methodisch auf dem hypothetischen Fremdvergleich (Anm. 1011 ff.), wobei als Preisobergrenze der darlehensnehmenden Konzerngesellschaft der bankenübliche Sollzinssatz, der letztlich die bewertete Handlungsalternative Darlehensaufnahme als Bankenfinanzierung darstellt, und als Preisuntergrenze der darlehensgebenden Konzerngesellschaft der bankenübliche Habenzinssatz, der die bewertete Handlungsalternative Kapitalanlage zu banküblichen Konditionen darstellt, zugrunde gelegt werden. Auf die Auftei...

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