Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerfreiheit einer Abfindungszahlung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Abfindungszahlung, die ein Steuerpflichtiger als Arbeitnehmer eines Einzelunternehmens für die Aufhebung seines Arbeitsvertrags erhält, ist nach § 3 Nr. 9 EStG steuerfrei, selbst wenn der Steuerpflichtige in unmittelbarem Anschluss an den beendeten Arbeitsvertrag als Geschäftsführer einer GmbH angestellt wird, an der er neben dem vormaligen Inhaber des Einzelunternehmens zur Hälfte beteiligt ist.

 

Normenkette

EStG § 3 Abs. 9

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage der Steuerfreiheit einer Abfindungszahlung, die der Kläger, ein gelernter Schlosser, im Streitjahr 1995 erhalten hat.

Vom 20.12.1992 datiert ein Arbeitsvertrag zwischen der Firma U. Transporte, M (U.), und dem 1948 geborenen Kläger mit im Wesentlichen folgendem Inhalt (Bl. 21 EStA):

  • Es gilt der Mantel- und Tarifvertrag für Angestellte im privaten Transport- und Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz.
  • Das Arbeitsverhältnis beginnt am 1.1.1993. Die ersten drei Monate gelten als Probezeit. Das Arbeitsverhältnis ist unbefristet und endet mit dem Monat, in dem der Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr vollendet.
  • Nach Ablauf der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von sechs Wochen zum Quartalsende gekündigt werden.
  • Das Arbeitsgebiet des Arbeitnehmers umfasst die gesamte Frachtabrechnung, Kreditoren- und Debitorenbuchhaltung, Erfassung und Kontierung aller anfallenden Buchungsbelege, Führung der Kasse und Abrechnung mit den Fahrern, Unterstützung der Lkw-Disposition.
  • Die vereinbarte Arbeitszeit beträgt 100 % des üblichen Beschäftigungsumfangs; sie beträgt zur Zeit 39 Stunden wöchentlich.
  • Der Arbeitnehmer erhält ein 13. Monatsgehalt.
  • Der Arbeitnehmer erhält 30 Tage Jahresurlaub. Resturlaub des Vorjahres sollte jeweils bis zum 31. März des Folgejahres genommen werden.
  • Der Arbeitnehmer erhält ein monatliches Gehalt von 3.500 DM brutto.
  • Für Dienstfahrten erhält der Arbeitnehmer die jeweils steuerlich geregelten Entschädigungen an Kilometergeld und Spesen.
  • ...“

In einer Anlage zu diesem Arbeitsvertrag wurde dem Kläger die Vollmacht erteilt, das Einzelunternehmen U. im Innen- und im Außenverhältnis in dem Umfang zu vertreten, der der Einzelprokura bei Kapitalgesellschaften entspricht. Für Rechtsgeschäfte, die der Kläger in diesem Rahmen tätigte, sollte seine persönliche Verantwortung analog gelten. Im Falle längerer Krankheit oder Ableben des Herrn U. M. (der Arbeitgeber, Anm. d. Neutralisierenden) sollte der Kläger in Übereinstimmung mit der Ehefrau des Herrn M entscheiden, das Geschäft weiterzuführen oder dessen Liquidation abzuwickeln (Anlage Bl. 22 EStA).

Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 3. April 1995 gründeten der Kläger und Herr U. M. die „U. U. M. Transporte Internationale Spedition GmbH“ mit Sitz in M. Von dem Stammkapital der Gesellschaft i.H.v. 50.000 DM übernahmen der Kläger und Herr M. jeweils 25.000 DM. Zum Geschäftsführer wurden der Kläger und Herr M. bestellt. Beide Geschäftsführer sollten jeweils alleinvertretungsberechtigt sein, und zwar auch dann, wenn neben ihnen weitere Geschäftsführer bestellt sind. Es war ihnen gestattet, mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft vorzunehmen (Bl. 45 ff. EStA).

Mit Kaufvertrag vom 10. April 1995 verkaufte das Einzelunternehmen U. an die U. GmbH die Büro- und Geschäftsausstattung, die Lagereinrichtung/Flurförderzeuge sowie den Fuhrpark zu einem Gesamtkaufpreis von 195.000 DM (Kaufvertrag Bl. 52 EStA).

Vom 20.04.1995 datiert ein „Aufhebungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 01.10.1992“ zwischen dem Kläger und der U. folgenden Inhalts (Bl. 23 EStA):

„Der o. g. Arbeitsvertrag wird im gegenseitigen Einvernehmen zum 30.04.1995 gelöst. Sämtliche Rechte und Pflichten aus dem o. g. Arbeitsvertrag sind zu diesem Termin erloschen. Im Nachhinein werden gegenseitig keinerlei Ansprüche aus diesem Vertrag von den Parteien mehr gestellt. Herr S. (der Kläger, Anm. d. Neutralisierenden) erhält im Gegenzug eine einmalige Abfindung i.H.v. 24.000 DM. Da diese Abfindung sich im Rahmen des steuerfreien Bereichs bewegt, erfolgt die Zahlung in vier gleichen Raten zu je 6.000 DM. Die jeweiligen Zahltermine werden im gegenseitigen Einvernehmen festgelegt.“ Am 16.06.1995 quittierte der Kläger, dass er die Abfindung i.H.v. 24.000 DM in bar erhalten habe (Bl. 56 EStA).

Ebenfalls vom 20.04.1995 datiert ein als „Arbeitsvertrag“ überschriebener Vertrag zwischen dem Kläger und der Firma U. GmbH mit folgendem Inhalt (Bl. 57 f. EStA):

I. Beginn, Dauer: Das Arbeitsverhältnis beginnt am 01.05.1995. Es ist unbefristet und endet mit dem Monat, in dem der Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr vollendet.

II. Tätigkeit: Der Arbeitnehmer wird als Geschäftsführer eingestellt. Er vertritt die Gesellschaft nach innen und außen. Hierzu ist der Geschäftsführer alleinvertretungsberechtigt, ....

Der Geschäftsführer ist nach Maßgabe des P 11 der Satzung der Gesellschaft gegenüber der Gesellschafterversammlung rec...

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