Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifbegünstigung bei Veräußerung einer Teilpraxis

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einem zugleich an verschiedenen Orten als Arzt für Allgemeinmedizin und als Arbeitsmediziner tätigen Arzt sind diese Tätigkeiten so wesensverschieden, dass die Veräußerung der Teilpraxis für Allgemeinmedizin tarifbegünstigt ist.

 

Normenkette

EStG §§ 16, 18 Abs. 3, § 34 Abs. 1, 2 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 04.11.2004; Aktenzeichen IV R 17/03)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Gewinn aus der Veräußerung eines Teiles einer freiberuflichen Praxis einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn darstellt oder als laufender Gewinn nicht tarifbegünstigt zu versteuern ist.

Die Kläger sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Bis in das Streitjahr erzielten sie als Ärzte für Allgemeinmedizin, der Kläger darüber hinaus als Facharzt für Arbeitsmedizin, Einkünfte aus einer gemeinsam in D betriebenen Praxis. An dem durch Einnahme-Überschuss-Rechnung ermittelten Betriebsergebnis für 1997 sind sie zu je 50 % beteiligt. Bis einschließlich der Gewinnermittlung für das Streitjahr erklärten sie Honorareinnahmen aus der allgemeinmedizinischen Versorgung von Privat- und Kassenpatienten sowie aus Arbeitsmedizin und aus der Tätigkeit als Badearzt, die sich in den Vorjahren (gerundet auf volle 100,-- DM) wie folgt aufschlüsselten

Allgemeinmedizin:

Arbeitsmedizin:

Badearzt:

1993:

160.000,-- DM

4.600,-- DM

-,--

1994:

230.000,-- DM

11.600,-- DM

5.600,-- DM

1995:

267.000,-- DM

185.400,-- DM

7.600,-- DM

1996:

219.800,-- DM

281.300,-- DM

7.300,-- DM

Ab der Gewinnermittlung für 1998 erklärten sie lediglich noch Einnahmen aus Arbeitsmedizin.

Mit Praxisübernahmevertrag vom 27. Februar 1997 (Bl.29/97 ESt-Akten) veräußerten die Kläger „die von ihnen geführte Arztpraxis“ mit Wirkung zum 01. April 1997 für 70.000,-- DM an Herrn B, der in den (angemieteten) Räumen eine Praxis für Allgemeinmedizin fortführte. Gem. den Punkten 4 und 8 des Übernahmevertrages sollten die Gegenstände der Praxiseinrichtung, die medizinisch-technischen Geräte und Verbrauchsmaterialien sowie die Krankenblätter und Karteiunterlagen auf den Erwerber übergehen. Darüber hinaus sollte der Erwerber in den bestehenden Mietvertrag über die Praxisräumlichkeiten, in alle „laufenden Praxisverträge“ und in „bisher mit den Praxismitarbeitern bestehende Arbeitsverträge“ eintreten. Ausdrücklich genannt sind in diesem Zusammenhang die Mitarbeiterinnen X und Y sowie eine Reinigungskraft (Punkte 13 bis 15 des Übergabevertrages). Laut Punkt 18 des Vertrages übernahm der Erwerber auch den Telefonanschluss der Praxis. Weiterhin war unter den Punkten 23 bis 25 folgendes bestimmt: „Herr Dr. M (der Kläger; Anm. d. Einsenders) oder ein von ihm beauftragter ärztlicher Mitarbeiter hat die Erlaubnis des Praxiserwerbers, bis zum 31.03.98 in den Praxisräumen an einem Tag in der Woche für vier Stunden weiterhin freiberufliche arbeitsmedizinische Untersuchungen durchzuführen..... Auch kann Herr Dr. M an einem Tag im Monat für jeweils vier Stunden bis zum 31.03.98 das tragbare EKG-Gerät sowie das Lungenfunktionsgerät der Praxis für Betriebsuntersuchungen außerhalb der Praxis benutzen. Probanten, die an diesen Untersuchungstagen in den Praxisräumen untersucht werden, können weiterhin ihre Terminvereinbarungen über die bekannte Praxisnummer treffen. Die Terminliste für die ambulanten arbeitsmedizinischen Untersuchungen in der Praxis wird bis zum 31.03.98 weiterhin über die Anmeldung der Praxis geführt. Eventuelle Blutproben ... können weiterhin dem Abholdienst in der ... Straße mitgegeben werden.“

Seit April 1997 sind die Kläger nur noch auf arbeitsmedizinischem Gebiet von nunmehr eigenen Räumen in W aus tätig.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr hatten sie Einkünfte aus der Arztpraxis wie folgt erklärt: 278.056,-- DM laufender Gewinn zuzüglich 48.285,-- DM gem. § 34 Abs. 2 EStG tarifbegünstigter Veräußerungsgewinn. (Wegen der Ermittlung des als Veräußerungsgewinn geltend gemachten Betrages wird auf Bl. 6 ff/97 Bilanzakten verwiesen.)

Mit ursprünglichem Einkommensteuerbescheid 1997 vom 09. März 1999 (Bl. 15 ff/97 ESt-Akten) veranlagte das Finanzamt insoweit zunächst erklärungsgemäß, jedoch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Unter dem 22. Mai 2000 wurde der Bescheid in einem hier nicht streitgegenständlichen Punkt geändert (Bl. 22 und 23/97 ESt-Akten). Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde dabei ausdrücklich aufrecht erhalten.

Mit einem weiteren auf § 164 Abs. 2 AO gestützten Änderungsbescheid vom 07. September 2000 (Bl. 45 und 46/97 ESt-Akten) setzte das Finanzamt den Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit der Kläger insgesamt niedriger an als bisher, wobei es eine „Entnahme PKW“ i. H. v. schätzweise 5.000,-- DM gewinnerhöhend ansetzte und die „AfA Firmenwert“ um 12.000,-- DM erhöhte, d. h. gewinnmindernd berücksichtigte (Bl. 43/97 ESt-Akten). Es behandelte ihn jedoch insgesamt als laufenden Gewinn ohne Tarifbegünstigung, da kein Teilbetrieb im Sinne des EStG veräußert worden sei. D...

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