Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Kindergeld beim Maßregelvollzug

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Zeit des Maßregelvollzugs ist für das betroffene Kind kein Kindergeld zu gewähren.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3, § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Sätze 1-2; StGB §§ 63-64

 

Tatbestand

Streitig ist, ob für das Kind T Kindergeld festzusetzen ist. Die Beteiligten streiten in diesem Zusammenhang darüber, ob das Kind wegen einer Behinderung oder der Anordnung des Maßregelvollzugs außer Stande ist, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten.

Das Kind des Klägers, der Sohn T (geboren am 25. April 1980), ist auf Anordnung der Staatsanwaltschaft in der Justizvollzugsanstalt untergebracht und verbüßt dort den Rest einer Haftstrafe. Mit am 10. April 2008 bei der Beklagten eingegangenem Formularvordruck beantragte der Kläger Kindergeld für den Sohn T. Beigefügt war ein ärztliches Attest zur Vorlage bei der Kindergeldkasse der Klinik N in A vom 27. Juni 2006, in dem es heißt:

"Herr T. K., geb. am 25.04.1980, ist seit Januar 2001 im Zusammenhang mit seiner schizophrenen Erkrankung und Polytoxikomanie stationär in unserer Einrichtung untergebracht.

Die Drogenabhängigkeit besteht seit ca. 1998. An einer paranoiden Schizophrenie ist Herr K. seit 1999/2000 erkrankt.

Trotz kontinuierlicher antipsychotischer Medikation bleibt sein Wahnsystem stabil und hoch aktuell. Psychopathologisch persistieren formale und inhaltliche Denkstörungen, z.B. in Form von Gedankenausbreitung und Gedankenentzug, ferner auch akustische Halluzinationen, z.B. in Gestalt kommentierender Stimmen. Darüber hinaus manifestiert sich eine ausgeprägte Minussymptomatik, welche geprägt ist durch Affektverflachung, Antriebsminderung und sozialen Rückzug.

Die vorbeschriebenen Krankheitszeichen, insbesondere die sogenannte Minussymptomatik, reduzieren die soziale Leistungsfähigkeit und allgemeine Belastbarkeit des Patienten in erheblichem Maße.

Krankheitsbedingt ist Herr K. nicht in der Lage, seinen Alltag angemessen zu strukturieren und sich selbst zu versorgen."

Weiterhin beigefügt war ein weiteres ärztliches Attest der Klinik N vom 15. September 2004. Nach dem ebenfalls den Kindergeldantrag in Anlage beigefügten Bescheid des Amtes für soziale Angelegenheiten vom 27. Juli 2008 beträgt der Grad der Behinderung 50.

Mit Bescheid vom 28. April 2008 wies die Beklagte den Antrag des Klägers auf Kindergeld ab mit der Begründung, die Behinderung des Kindes sei nach den vorliegenden Unterlagen nicht ursächlich dafür, dass es seinen Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten könne. Der Sohn befinde sich im angeordneten Maßregelvollzug. Ursächlich für seine fehlende Möglichkeit, sich selbst zu unterhalten, sei damit der angeordnete Maßregelvollzug und nicht seine Erkrankung bzw. Behinderung.

Mit seinem hiergegen form- und fristgerecht eingelegten Einspruch trug der Kläger vor, dass er sich der Sichtweise der Beklagten nicht anschließen könne. Es sei bekannt, dass Personen, die eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe verbüßen, u.U. ihrem Beruf weiter nachgehen könnten im offenen Vollzug. Genau so sei es im Rahmen des Maßregelvollzuges möglich, eine Beschäftigung außerhalb des Krankenhauses anzutreten, wenn die entsprechende Lockerungsstufe erreicht sei. Hierzu sei aber eine gewisse gesundheitliche Stabilität notwendig. Auch seinem Sohn sei eine solche Möglichkeit grundsätzlich gegeben. Sein Gesundheitszustand lasse dies allerdings nicht zu. Die fehlende Möglichkeit, sich selbst zu unterhalten, scheitere folglich nicht am Maßregelvollzug, sondern an dem Grad der Behinderung bzw. Erkrankung. Auf die ärztlichen Atteste der Klinik N werde Bezug genommen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 2. Oktober 2008 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Im vorliegenden Fall sei im Einspruchsverfahren durch Kopie des Schwerbehindertenausweises nachgewiesen, dass für den Sohn T mit Wirkung ab dem 10. April 2006 ein Grad der Behinderung von 50 v.H. anerkannt worden sei. Der Kindergeldakte sei zu entnehmen, dass sich das Kind bis Juni 1999 in einer beruflichen Ausbildung im Ausbildungsberuf "Kaufmann im Groß- und Außenhandel-Großhandel" befunden habe und diese Ausbildung am 15. Juni 1999 erfolgreich abgeschlossen worden sei. Im Anschluss daran sei er vom 1. August 1999 bis zum 7. Januar 2000 als Verkäufer tätig gewesen, dann ab 24. Januar 2000 arbeitslos und im Zeitraum vom 12. April 2000 bis zum 7. Januar 2001 im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme der Verbandsgemeinde R tätig gewesen.

Der Kindergeldakte sei weiterhin zu entnehmen, dass der Sohn seit dem 8. Januar 2001 inhaftiert und seit dem 12. Januar 2001 in der forensischen Abteilung des N untergebracht gewesen sei. Nach geltender Rechtsauffassung sei eine Berücksichtigung beim Kindergeldanspruch als behindertes Kind nur dann möglich, wenn sich aus den vorliegenden Unterlagen zweifelsfrei ergebe, dass das Kind bereits vor Unterbringung auf Grund einer Behinderung außer Stande gewese...

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