Nichtzulassungsbeschwerde stattgegeben (BFH XI R 27/21)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendbarkeit der Durchschnittsatzbesteuerung gemäß § 24 UStG auf eine Ausgleichszahlung

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der aus einem Aufhebungsvertrag resultierenden Ausgleichszahlung betreffend die Aufhebung der Verpflichtung zur Abnahme landwirtschaftlicher Erzeugnisse, handelt es sich um einen "im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführten Umsatz" i.S. des § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3; MwStSystRL Art. 300

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.08.2023; Aktenzeichen XI R 27/21)

 

Tatbestand

Streitig ist die Anwendbarkeit der Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 24 Umsatzsteuergesetz (UStG) auf die aus einem Aufhebungsvertrag resultierende Ausgleichszahlung im Jahr 2013.

Die Klägerin ist eine aus den Gesellschaftern A., B. und C. bestehende GbR und führt einen landwirtschaftlichen Gemüseanbaubetrieb. Zwischen der Klägerin und der L. Obst und Gemüse GmbH & Co. KG mit Sitz in ... bestand seit dem 18.03.2011 ein Vertrag, aufgrund dessen die L. Obst und Gemüse GmbH & Co. KG verpflichtet war, regelmäßig 70 % der von der Klägerin erzeugten Ware zu durchschnittlichen Preisen abzunehmen und zu vermarkten (vgl. § 2 des Vertrages). Die Klägerin war wiederum verpflichtet die Qualitätsanforderungen der L. Obst und Gemüse GmbH & Co. KG zu erfüllen und diese zu beliefern (vgl. § 1, 2 und 3 des Vertrages). Der Vertrag konnte ordentlich mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalenderjahres, erstmals zum 31.12.2015 gekündigt werden.

Mit Vertrag vom 30.06.2013 einigten sich die Klägerin und die L. Obst und Gemüse GmbH & Co. KG in einem schriftlichen Vertrag auf eine "Gesamtbereinigung der Verhältnisse" zwischen den Vertragsparteien und auf die Aufhebung des Lieferungsvertrages zum 31.05.2013, 24 Uhr / 01.06.2013 0:00 Uhr. Alle wechselseitigen Rechtsansprüche - insbesondere alle Rechte und Pflichten aus dem Anlieferungsverhältnis - wurden durch den Vertrag abgegolten, soweit dort nicht etwas Abweichendes vereinbart wurde. Zum Ausgleich der aufgrund der vorzeitigen Vertragsauflösung entstehenden Einbußen hatte die L. Obst und Gemüse GmbH & Co. & KG gemäß Ziffer 3 eine Ausgleichszahlung in Höhe von 110.000 zzgl. 10,7 % MwSt., also 121.770 EUR an die Klägerin zu leisten.

Nachdem die Klägerin keine Umsatzsteuererklärung abgegeben hatte, erging am 08.12.2015 ein Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2013, in dem die Besteuerungsgrundlagen für Umsätze zu 7% auf 48.000 und für innergemeinschaftliche Erwerbe zu 7% auf 25.000 EUR geschätzt wurden. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Dieser wies eine Umsatzsteuerschuld des Klägers in Höhe von 5.110,00 EUR.

Die Klägerin hat am 01.04.2016 die Umsatzsteuererklärung bei dem Beklagten eingereicht, die zu einer Steuervergütung führte. Der Beklagte hat daraufhin am 24.05.2016 die Zustimmung verweigert.

Die Abstandszahlung aus dem Vertrag vom 30.06.2016 wurde bis dahin von der Klägerin der Durchschnittssatzbesteuerung unterworfen und war nicht in der Umsatzsteuererklärung enthalten.

Das beklagte Finanzamt erließ sodann am 07.06.2016 entsprechend den Prüfungsfeststellungen einer im Jahr 2016 durchgeführten Außenprüfung einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2013 und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Abweichend von der von der Klägerin eingereichten Umsatzsteuererklärung wurde neben einem unstreitigen Umsatz in Höhe von 15.512,74 EUR zzgl. 2.947,42 Steuer die Abstandszahlung mit dem Regelsteuersatz von 19% der Besteuerung unterworfen und die Umsatzsteuer auf insgesamt 20.823, 23 EUR festgesetzt.

Die Klägerin hat hiergegen Einspruch eingelegt.

Zur Begründung trug die Klägerin vor, bei dem Verzicht auf vertraglich vereinbarte Rechte entstehe kein Recht eigener Art, sondern die Abfindung müsse nach denselben Kriterien beurteilt werden, wie die Leistung auf die verzichtet wurde.

Mit Einspruchsentscheidung vom 29.08.2016 wurde der Einspruch als unbegründet verworfen. Die Beklagte führt aus, die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG sei nicht anwendbar. Es handele sich nicht um eine Zahlung für die Lieferung "selbst erzeugter Erzeugnisse und landwirtschaftlicher Dienstleistungen", auf die die Pauschalregelung nach Art. 295 bis305 MwStSystRL Anwendung findet. § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG sei nur auf Umsätze, die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeübt werden anzuwenden.

Die Voraussetzungen für eine Durchschnittssatzbesteuerung bei dem Vorliegen einer sonstigen Leistung seien nicht erfüllt. Eine Besteuerung nach Durchschnittssätzen sei auf sonstige Leistungen nur anzuwenden, wenn diese

  • mit Hilfe der Arbeitskräfte des Betriebs erbracht werden und die dabei ggfs. verwendeten Wirtschaftsgüter der normalen Ausrüstung des Betriebes zuzurechnen sind und
  • dass die sonstigen Leistungen normalerweise zur landwirtschaftlichen Erzeugung beitragen.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin ist der Au...

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