Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurechnung einer gewerblichen Tätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine unternehmerische Tätigkeit ist subjektiv demjenigen zuzurechnen, der Unternehmerinitiative entfalten kann, das Unternehmerrisiko trägt und somit den Tatbestand der Einkunftserzielung verwirklicht. Das ist diejenige Person, nach deren Willen und auf deren Rechnung und Gefahr ein Unternehmen geführt wird.

 

Normenkette

FGO §§ 38 Abs. 1, 70 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 26.11.2009; Aktenzeichen III B 10/08)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Gewerbesteuermessbescheide zu Recht ergangen sind.

Der Kläger erklärte in seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre unter Abgabe der Anlage GSE Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus seiner Versicherungstätigkeit (in den Jahren 1992 bis 1996 füllte er die Anlage GSE nicht aus). Gewerbesteuererklärungen reichte der Kläger nicht ein. Da die erklärten Gewinne unter dem Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz (GewStG) lagen, wurden keine Gewerbesteuermessbescheide erlassen.

Am 01.12.1999 wurde beim Kläger mit einer Steuerfahndungsprüfung begonnen, die mit Bericht vom 07.05.2001 abgeschlossen wurde. Danach erhöhten sich die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb aus der Tätigkeit als Versicherungsvertreter um 75.472 DM auf 106.168 DM im Jahr 1990, um 109.413 DM auf 144.396 DM im Jahr 1991, um 122.933 DM auf 150.609 DM im Jahr 1992, um 94.647 DM auf 122.280 DM im Jahr 1993, um 106.124 DM auf 131.604 DM im Jahr 1994, um 101.184 DM auf 136.244 DM im Jahr 1995, um 74.187 DM auf 116.799 DM im Jahr 1996 und um 332.070 DM auf 364.042 DM im Jahr 1997. Der Unterschied ergab sich deshalb, weil der Kläger die von ihm erzielten Erlöse zu niedrig erklärt hatte. Das Gewerbekapital blieb jeweils unter dem Freibetrag. Es ergaben sich folgende einheitliche Gewerbesteuermessbeträge:

1990

DM

1991

DM

1992

DM

1993

DM

1994

DM

1995

DM

1996

DM

1997

DM

3.505

5.415

5.730

1.528

1.904

2.088

1.341

13.400

Das Finanzamt erließ am 18.06.2001 entsprechende Gewerbesteuermessbescheide. Da der Zugang dieser Bescheide vom Kläger bestritten wurde und nicht nachgewiesen werden konnte, wurde mit Schreiben vom 02.05.2003 der Rechtsschein der Bescheide aufgehoben. Am 02.07.2003 wurden die Bescheide neu bekannt gegeben. Die Gewerbesteuermessbeträge blieben für 1990 bis 1996 unverändert; für 1997 wurde der Gewerbesteuermessbetrag – wie schon im Bescheid vom 22.11.2001 – nach § 35b GewStG auf 13.270 DM herabgesetzt.

Im Einspruchsverfahren trug der Kläger vor, er sei am 01.12.1976 als Angestellter bei der Versicherungsgesellschaft A eingetreten. Er sei von Anfang an als Angestellter im Außendienst tätig gewesen. Am 01.01.1982 sei er genötigt worden, einen anderen Vertrag zu unterschreiben. Seine Tätigkeit habe sich indes dadurch nicht geändert, er sei nur für eine Firma tätig gewesen und er habe seinen Dienst wie jeder andere Angestellte verrichtet. Er habe auch zu keiner Zeit ein Gewerbe angemeldet.

Der Kläger hat einen Vertrag vom 01.12.1976 mit der Versicherungsgesellschaft A, vorgelegt, wonach er als Angestellter tätig war. Danach erhielt er ein monatlich zahlbares Gehalt von 1.000 DM, Tagegelder für Dienstreisen und Prämien. Urlaubsanspruch und Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall richteten sich nach dem Tarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe.

Am 17.12.1982 bzw. 03.01.1983 hat er mit der Versicherungsgesellschaft A einen neuen Vertrag abgeschlossen. Danach ist er als selbständiger Gewerbebetreibender damit betraut, für die Versicherungsgesellschaft A Versicherungsverträge zu vermitteln. Über die Zeit und die Art der Durchführung seiner Tätigkeit kann er frei bestimmen. Die gewerbe- und steuerrechtlichen Bestimmungen hat er in eigener Verantwortung selbst zu beachten. Zur Abgeltung seiner Tätigkeiten erhält er Provisionen. Aus diesen Einnahmen hat er sämtliche persönlichen und sachlichen Unkosten seines Geschäftsbetriebes, wie z.B. Reiseaufwendungen, Bürobedarf, Porto und Telefon und die mit seinem Geschäftsbetrieb zusammenhängenden Abgaben zu bestreiten. Als Vorschuss auf die anfallenden Provisionen wird ihm monatlich ein Betrag von 3.500 DM bezahlt. Übersteigen die Provisionsgutschriften den Betrag des monatlichen Vorschusses, so kann er weitere Zahlungen erhalten. Die Höhe setzt die Versicherungsgesellschaft A fest. Erreichen die Provisionsgutschriften nach angemessener Zeit nicht den Betrag, der zur Zahlung des monatlichen Vorschusses erforderlich ist, kann die Versicherungsgesellschaft A den monatlichen Vorschuss ändern. Wenn er wegen unverschuldeter Krankheit an der Wahrnehmung seiner Aufgaben verhindert ist, zahlt die Versicherungsgesellschaft A, wenn das Erfolgskonto keine höheren Zahlungen zulässt, für die Dauer der Erkrankung, höchstens jedoch für drei Krankheitsmonate, monatliche Vorschüsse i.H.v. 900 DM. Erreicht das gesamte Provisionsaufkommen eines Tätigkeitsjahres nicht den Betrag der gezahlten Vorschüsse, dann übernimmt die Versicherungsgesellschaft A zu ihren Lasten den Unterschieds...

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