Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Frage, ob die Inanspruchnahme der Elternzeit und die damit verbundene Unterbrechung der Ausbildung kindergeldschädlich ist

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine kindergeldschädliche Unterbrechung der Berufsausbildung liegt vor, wenn die volljährige Tochter nach der Geburt ihres Kindes Elternzeit nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz nimmt und deshalb für ein Jahr den Schulbesuch (Gymnasium) unterbricht.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.07.2003; Aktenzeichen VIII R 47/02)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Inanspruchnahme der Elternzeit und die damit verbundene Unterbrechung der Ausbildung kindergeldschädlich ist.

Die Klägerin ist Mutter des Kindes A. (geb. ... 1982). A. wohnt im Haushalt der Mutter und ist Schülerin. Sie besuchte seit ... 1994 ein Gymnasium in S. Der Schulbesuch sollte zum 31. 7. 2004 enden. In der 10. Jahrgangsstufe (Schuljahr 2000 / 2001) gebar A. am ... 2001 das Kind L. . A. ist alleinerziehende Mutter und erhält - nach Angaben der Klägerin - vom Vater des Kindes keinerlei Unterhaltszahlungen.

Mit Beginn des Schuljahres 2001 / 2002 entschloss sich A. , die Schulausbildung für ein Jahr zu unterbrechen, um zur Betreuung ihres Kindes Elternzeit nach dem Gesetz zum Erziehungsgeld und zur Elternzeit (Bundeserziehungsgeldgesetz - BErzGG) für den Zeitraum 1. 8. 2001 bis 1. 8. 2002 zu nehmen. Die Klägerin zeigte diesen Vorgang der Beklagten, der Familienkasse der Bezirksfinanzdirektion W. , an. Mit Bescheid vom 5. 11. 2001 hob die Beklagte die Festsetzung von Kindergeld für A. gem. § 70 Abs. 2 EStG ab 1. 8. 2001 auf und forderte das bis dahin gezahlte Kindergeld von 1.050 DM (3 x 350 DM) gem. § 37 Abs. 2 AO zurück. Zur Begründung verwies sie auf die Unterbrechung der Ausbildung.

Gegen den Aufhebungsbescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Sie trug vor, A. habe keinerlei Einkommen und werde von ihr, der Klägerin, versorgt. Das gelte auch für das Enkelkind. Der Wegfall des Kindergeldes ziehe den Wegfall familienbezogener Leistungen und der Beihilfeberechtigung nach sich, so dass A. eine teure Krankenvollversicherung für sich habe abschließen müssen.

Falls sie A. nicht beispringen würde, müsste A. Sozialhilfe beanspruchen. Es liege eine Benachteiligung der Familie in Form einer Gesetzeslücke vor, denn dieser Zustand entspreche nicht den familienpolitischen Vorstellungen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 22. 1. 2002 wies die Beklagte den Einspruch zurück. Die Argumente der Klägerin seien im Hinblick auf die Rechtslage nicht zutreffend. A. habe sich mit der einjährigen Unterbrechung in Form der Elternzeit nicht mehr in Ausbildung befunden. Zwar zählten kurzfristige Unterbrechungen wegen Erkrankung oder Mutterschaft nach den Verwaltungsvorschriften noch zur Berufsausbildung, nicht jedoch Unterbrechungszeiten wegen Kinderbetreuung. Die Mutterschutzfrist für A. habe im Monat Juli 2001 geendet, so dass zum 1. 8. 2001 die Ausbildung von A. i. S. von § 32 Abs. 4 Nr. 2 a EStG, nämlich der Schulbesuch, kindergeldschädlich unterbrochen worden sei.

Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben. Der Bescheid der Beklagten sei rechtswidrig. Ihr, der Klägerin, stehe auch über den 31. 7. 2001 hinaus das Kindergeld für A. zu. A. habe wegen ihres Kindes L. die Schulausbildung für ein Jahr unterbrochen. Zur Schulausbildung i. S. von § 32 Abs. 4 Nr. 2 a EStG zählten auch Unterbrechungszeiten wegen Erkrankung und Mutterschaft. Die Tochter nehme derzeit die ihr zustehende Elternzeit in Anspruch. Dieser Unterbrechungstatbestand sei zwar nicht explizit in den Verwaltungsregelungen zu § 63 EStG genannt, er sei jedoch mit den anderen Unterbrechungstatbeständen vergleichbar und somit auf den vorliegenden Fall entsprechend anwendbar, so dass von einer Berufsausbildung As weiterhin auszugehen sei. Die weiteren Voraussetzungen für den Bezug von Kindergeld seien erfüllt. A. sei mit ihrer Tochter L. weiterhin in ihrem Haushalt untergebracht und habe keine eigenen Einkünfte. Der Kindsvater zahle weder für seine Tochter L. noch für die Kindsmutter Unterhalt. Deshalb müssten sowohl A. als auch das Kind L. von ihr, der Klägerin, voll versorgt werden.

Die anderen weitreichenden Folgen der Aufhebung der Kindergeldfestsetzung, wie Wegfall der Beihilfeberechtigung für A. und Abschluss einer teuren Krankenvollversicherung für A. seien bereits im Einspruchsverfahren dargelegt worden.

A. habe einen Anspruch auf Abschluss ihrer Schulausbildung. Ihr, der Klägerin, müsse, um ihrer Tochter diese Ausbildung ermöglichen zu können, auch während der Elternzeit Kindergeld gewährt werden, nachdem die Elternzeit eine berücksichtigungswürdige Unterbrechung der Berufsausbildung darstelle und somit auch zur Berufsausbildung zähle.

Die Klägerin beantragt,

den Aufhebungsbescheid vom 5. 11. 2001 und die Einspruchsentscheidung vom 22. 1. 2002 aufzuheben. Für den Fall des Unterliegens beantragt sie, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf die Ausführungen in der Einspruchs...

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