Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.11.1997; Aktenzeichen X R 83/94)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Voraussetzungen für das sog. Realsplitting vorliegen.

Die Klägerin ist Erbin ihres im Jahre 1988 verstorbenen Ehemannes. Dieser war zu Unterhaltszahlungen an seine frühere Ehefrau verpflichtet. Nach dem Tode des Ehemannes ging diese Unterhaltsverpflichtung gemäß § 1586 b des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB – auf die Klägerin über.

Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1990 machte die Klägerin die geleisteten Unterhaltszahlungen mit Zustimmung der Empfängerin nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG mit dem Höchstbetrag von 27.000 DM als Sonderausgaben geltend.

Das beklagte Finanzamt kam diesem Antrag mit Einkommensteuerbescheid vom 29.06.1992 nicht nach.

Der hiergegen gerichtete Einspruch, mit dem die Klägerin weiterhin den Sonderausgabenabzug in Höhe von 27.000 DM begehrte, hatte betragsmäßig nur zum Teil Erfolg. Das beklagte Finanzamt führte zur Begründung seiner Einspruchsentscheidung vom 12.03.1993 im wesentlichen aus: Der Abzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG komme nicht in Betracht, weil nur der Ehegatte aus einer gescheiterten Ehe die persönlichen Abzugsvoraussetzungen erfülle. Der Rechtsnachfolger eines verstorbenen Ehegatten könne den Abzug nicht geltend machen, da zwischen ihm und dem Empfänger weder eine Ehe bestanden habe noch eine gescheiterte Ehe bestehe. Auch ein Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG scheide aus, weil die Unterhaltszahlungen aufgrund gesetzlicher Verpflichtung geleistet würden und somit das Abzugsverbot des § 12 Nr. 2 EStG entgegenstehe.

Jedoch seien die Unterhaltszahlungen – beschränkt auf den Höchstbetrag von 5.400 DM – als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 a Abs. 1 EStG zu berücksichtigen.

Im Ergebnis setzte das beklagte Finanzamt die Einkommensteuer von bisher 44.415 DM auf 41.281 DM herab.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage trägt die Klägerin im wesentlichen vor: Sinn und Zweck des Gesetzes könne nicht sein, daß der Gesetzestext nur wörtlich genommen werde, indem mit dem Gesetzestext nur das höchstpersönliche Recht gemeint sei. Gerade die Rechtsnachfolgerin sei mit einer Leistung beschwert, die sie nur im Hinblick auf die Verpflichtung ihres verstorbenen Ehemannes zu erfüllen habe und auch erfülle. Es könne nicht im Sinne des Gesetzgebers gelegen haben, vom Steuerpflichtigen zu verlangen, daß er Unterhaltszahlungen leiste, die er in einem weit geringeren Maße als der eigentliche Schuldner vom Gesetz zugestanden steuermindernd geltend machen könne. Es liege hier eine Lücke im Gesetz vor, die durch ergänzende Rechtsfortbildung beseitigt werden könne. Mit Sicherheit liege hier keine rechtspolitische Unvollständigkeit vor, bei der eine Regelung an sich wünschenswert wäre, die jedoch bewußt vom Gesetzgeber in Kauf genommen worden sei. Das habe trotz des Umstandes zu gelten, daß der Finanzausschuß des Bundestages verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Beschränkung des Abzugs auf geschiedene oder dauernd getrennt lebende Ehegatten entkräftet habe. Eine Lücke im Gesetz liege schon deswegen vor, weil man im Zweifel davon ausgehen müsse, daß der Gesetzgeber etwas Verfassungsmäßiges oder etwas Vernünftiges, Konsequentes, nicht aber etwas Absurdes, Systemwidriges, Inkonsequentes gewollt habe. Die Auslegung des Gesetzes dürfe nicht beim möglichen Wortsinn enden. Vielmehr sei die Werteordnung des Gesetzes und die ihm immanente Teleologie, sein inneres System, zu berücksichtigen und zur Geltung zu bringen. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und der grundlegenden Auslegungsziele und Auslegungsmethoden rechtlicher Denkgesetze könne es nicht angehen, daß die durch Tod des Ehemannes zur Rechtsnachfolgerin gewordene Ehefrau die unabwendbaren Unterhaltsverpflichtungen nicht nach den gleichen gesetzlichen Bestimmungen wie der Ehemann steuerlich absetzen könne.

Die Klägerin beantragt, unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1990 vom 29.06.1992 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 22.07.1992 sowie der Einspruchsentscheidung vom 12.03.1993 die Einkommensteuer 1990 neu festzusetzen und hierbei weitere Unterhaltsaufwendungen in Höhe von 21.600 DM als Sonderausgaben zu berücksichtigen.

Das beklagte Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Zu Recht hat das beklagte Finanzamt die streitigen Aufwendungen nicht als Sonderausgaben berücksichtigt.

Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind Sonderausgaben auch Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten, wenn der Geber dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt, u.z. bis zu 27.000 Deutsche Mark im Kalenderjahr.

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor, weil die Klägerin die streitigen Unterhaltsleistungen nicht ihrem Ehegatten gegenüber erbracht hat. Darüber sind sich die Beteiligten auch einig.

Im Gegensatz zur Auff...

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