Entscheidungsstichwort (Thema)

Ertragsanteil, Sonderausgabenabzug, Altersvorsorgeanteil, Ablauf der Berufsunfähigkeitsrente vor Beginn der Altersrente

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Versicherungsleistungen aus einer kombinierten privaten Berufsunfähigkeitsversicherung unterliegen mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 5 EStG i.V.m. § 55 Abs. 2 EStDV der Besteuerung, sofern der einheitliche Vertrag nicht die „ergänzende Absicherung des Eintritts der Berufsunfähigkeit (Berufsunfähigkeitsrente)” i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa EStG vorsieht.

2) Die ergänzende Absicherung des Eintritts der Berufsunfähigkeit, der verminderten Erwerbsfähigkeit und von Hinterbliebenen ist für die Berechtigung zum Sonderausgabenabzug nur dann unschädlich, wenn mehr als 50% der Beiträge auf die Altersvorsorge entfallen. Für Zwecke der 50%-Grenze rechnen diejenigen Beiträge zur Altersvorsorge, die dazu verwendet werden, die Weiterzahlung des Beitrags für die Altersrente nach Eintritt der Berufsunfähigkeit sicherzustellen. Entfallen mehr als 50% des monatlichen Gesamtbeitrags auf die Altersvorsorge, ist eine „ergänzende” Absicherung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa EStG aber nur unter der weiteren Voraussetzung anzunehmen, dass die Zahlungen aus der Berufsunfähigkeitsrente erst mit Beginn der Altersrente enden.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst aa; EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst bb S. 5; EStDV § 55 Abs. 2; EStG 2009 § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst aa

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob an den Kläger gezahlte Versicherungsleistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) EStG mit einem Besteuerungsanteil von 58% oder nach § 22 Nr. 1 Satz 3 a) bb) Satz 5 EStG i.V.m. § 55 Abs. 2 EStDV mit einem Ertragsanteil von 21% zu versteuern sind.

Der Kläger (geb. am 00.00.1969) ist verheiratet und wurde im Streitjahr 2014 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Neben Einkünften aus Gewerbebetrieb erzielte er im Streitjahr Einkünfte aus einer privaten Berufsunfähigkeitszusatzversicherung bei der X Versicherung; die jährlichen Rentenzahlungen beliefen sich auf 25.815 €. Die Laufzeit der Rente begann am 01.09.2009, sie endet am 01.09.2029. Die Berufsunfähigkeitsversicherung hatte der Kläger im Jahr 2007 zusammen mit einer ab dem 01.09.2034 auszuzahlenden privaten lebenslangen Altersrente abgeschlossen (einheitliche Versicherungsschein-Nummer xx-xxxxxxx-xx). Der Monatsbeitrag für die Versicherung betrug insgesamt 318 €, wobei ein Betrag in Höhe von 147,56 € auf die lebenslange Altersrente und ein Betrag von 155,70 € auf die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Tarif xxx) entfiel. Zudem leistete der Kläger im Rahmen der Berufsunfähigkeitsversicherung monatliche Beiträge in Höhe von 14,74 € für eine Beitragsbefreiung nach dem Tarif yyy. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Vertragsunterlagen (Bl. 34 ff. der Gerichtsakten) verwiesen.

Im Einkommensteuerbescheid 2014 vom 01.03.2016 berücksichtigte der Beklagte die Rentenzahlungen in Höhe von 15.672 € (58% Besteuerungsanteil von 24.148 € = 14.005,84 € zzgl. 1.667 € Rentenanpassungsbetrag) als sonstige Einkünfte.

Hiergegen legte der Kläger am 04.03.2016 Einspruch ein. Zur Begründung führte er aus, die Rente sei nach § 55 Abs. 2 EStDV nur mit ihrem Ertragsanteil in Höhe von 21% zu versteuern, da es sich um eine abgekürzte Leibrente aus einer privaten Rentenversicherung handele.

Mit der Einspruchsentscheidung vom 21.09.2016 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die Besteuerung sei entsprechend der elektronischen Übermittlung des Versicherungsträgers erfolgt, eine abweichende Bescheinigung der X Versicherung sei nicht nachgereicht worden.

Mit seiner am 24.10.2016 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung trägt er vor, die Berufsunfähigkeitsrentenzahlungen dürften nicht als Basisrentenzahlungen behandelt werden, da Basisrenten keine Leistungen vor dem 62. Lebensjahr erbringen dürften und die streitgegenständliche Berufsunfähigkeitsrente bereits am 01.09.2029 und damit vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Klägers ende. Voraussetzung nach den BMF-Schreiben vom 19.08.2013 und vom 10.01.2014 (BStBl. I 2013, 1087 bzw. BStBl. I 2014, 70) sei aber, dass die Berufsunfähigkeitsrente ohne Unterbrechung in die Altersrente übergehe. Es sei deshalb nach § 55 Abs. 2 EStDV eine Besteuerung in der Höhe des Ertragsanteils durchzuführen, so dass sich steuerpflichtige sonstige Einkünfte in Höhe von nur 5.319 € (21% × 25.815 € – 102 €) ergäben. Soweit die Beiträge zur eigenständigen Berufsunfähigkeitsversicherung in den Steuererklärungen 2007-2009 als Sonderausgaben berücksichtigt worden seien, sie dies unberechtigterweise geschehen, da die Beiträge nicht unter § 10 Abs. 1 Nr. 2 b) EStG fielen.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 01.03.2016 in Gestalt der Einspruchsents...

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