Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuflussfiktion von Dividenden polnischer Kapitalgesellschaften

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Fiktion des Zuflusses von an den beherrschenden Gesellschafter ausgeschütteten Dividenden im Zeitpunkt des Gewinnverwendungsbeschlusses gilt auch für polnische Kapitalgesellschaften.

 

Normenkette

DBA Polen Art. 10, 24; EStG § 20

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit befindet sich im zweiten Rechtsgang. Streitig ist zwischen den Beteiligten noch, ob dem Kläger in den Streitjahren (2004 und 2005) Dividenden aus seiner 51 %-igen Beteiligung an der in der Republik Polen ansässigen B. T. Sp. z o. o. (B. T.) zugeflossen sind, obwohl entsprechende Gewinnverwendungsbeschlüsse noch vor Auszahlung der Dividenden rückgängig gemacht wurden.

Die Kläger werden in den Streitjahren als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte gewerbliche Einkünfte, u. a. im Rahmen einer sog. Betriebsaufspaltung aus der Verpachtung von Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens an die B. K. GmbH, die Anlagen im Bereich der B-Technik entwickelte und produzierte. Darüber hinaus war der Kläger an verschiedenen Unternehmen im Bereich der B-Technik beteiligt, u. a. an den in Polen ansässigen Gesellschaften B. P. Sp. z o. o. (B. P.) und der B. T.

Die B. P., die in den Streitjahren keine Umsätze mit dem Kläger tätigte, hatte in Polen ihr operatives Geschäft betrieben, bis sie im Jahr 1999 den Geschäftsbetrieb unter Zurückbehaltung der Immobilien an die neu gegründete B. T. veräußerte. Im Zuge der Übertragung des Geschäftsbetriebs verminderte der Kläger seine bislang 51 %-ige Beteiligung an der B. P. durch Übertragung von 2 Prozentpunkten auf den Mitgesellschafter Z. An der B. T. beteiligte sich der Kläger zu 51 % (Mitgesellschafter Z: 49 %).

Nach dem Gesellschaftsvertrag zur Gründung der B. T. darf diese Gesellschaft eine Abkürzung des Firmennamens „B.-T.” und ein sie auszeichnendes graphisches Zeichen gebrauchen. Darüber hinaus bestimmt § 8 GV: „Die Patent- und Lizenzrechte sowie technisches Know-how und später die Schutzrechte auf dem Gebiet der Republik Polen bleiben grundsätzlich im Eigentum des ursprünglichen Patent- bzw. Lizenzgebers B. I. K., B. K. GmbH (…) oder B. AG … .”

Die B. T. verwendete das (graphisch gestaltete) Markenzeichen „B.” unentgeltlich, dessen Inhaber der Kläger war.

Auf der Grundlage eines bereits am 01.01.1999 abgeschlossenen Lizenzvertrages zwischen der B. P. und der in der Schweiz ansässigen B. AG, an der der Kläger in den Streitjahren zu 90 % beteiligt war, überließ die B. AG der B. T. die Nutzung von Patenten zur Herstellung von B.-Vorrichtungen. Die B. AG ist eine eigenständige, international tätige Patentverwertungsgesellschaft mit Geschäftsbeziehungen in ganz Europa, die eigene Patente und Lizenzen vertrieb.

Die B. T. vertrieb in den Streitjahren als selbständige Produktionsgesellschaft von ihr selbst entwickelte Verfahrenstechniken, die nur in Polen zum Einsatzkamen und weder vom Kläger über dessen Einzelunternehmen noch über eine der Gesellschaften der B.-Gruppe verkauft wurden. Zudem vertrieb die B. T. Produkte des Einzelunternehmens des Klägers. Der Kläger veräußerte im Rahmen seines Einzelunternehmens Ersatzteile an die B. T. in geringem Umfang (2004: xxxx € im Verhältnis zum Gesamtumsatz von yyyyyy €; 2005: xxxx € im Verhältnis zum Gesamtumsatz von yyyyyy €).

Die B. T. fasste am 29.03.2004 (für 2003) und am 23.06.2005 (für 2004) Gewinnverwendungsbeschlüsse, denen zufolge ihr Gewinn zu 75 % (für 2003 ein auf den Kläger entfallender Gewinnanteil von xyxyxy €) bzw. zu 25 % (für 2004 ein auf den Kläger entfallender Gewinnanteil von xzxzx €) an die Gesellschafter verteilt wurde. Dabei wurde die Fälligkeit bestimmt auf den 31.12.2006 (für 2003) bzw. 31.12.2007 (für 2004). Der restliche Gewinn sollte dem Reservekapital zugeführt werden. Zu einer Auszahlung der auf den Kläger entfallenden Beträge kam es jedoch nicht. Denn durch Gesellschafterbeschlüsse vom 30.05.2005 (für 2003) bzw. vom 30.07.2005 (für 2004) änderte die Gesellschafterversammlung die Gewinnverwendungsbeschlüsse dahin, dass jeweils der gesamte Gewinn dem Reservekapital zugeführt werden sollte. Für den Gewinn des Streitjahres 2005 beschlossen die Gesellschafter 2006 von vornherein die Zuführung zum Reservekapital.

Der für diese Gesellschafterbeschlüsse über die Gewinnverwendung einschlägige Art. 191 des Kodeks spólek handlowych (KSH) – Gesetz über die Handelsgesellschaften – hat folgenden Wortlaut (vgl. FGA, Bl. 112):

„§ 1. Der Gesellschafter hat den Anspruch auf Beteiligung an dem sich aus dem Jahresabschluss ergebenden und durch den Beschluss der Gesellschafterversammlung zur Ausschüttung bestimmten Gewinn unter Berücksichtigung von Art. 195 § 1.

§ 2. Der Gesellschaftsvertrag kann eine andere Art der Gewinnverteilung vorsehen und zwar unter Berücksichtigung von Art. 192-197.”

§ 3. Sofern im Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt ist, wird der den Gesellschaftern zustehende Gewinn entsprechend zu ihren Anteilen verteilt.”

D...

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