Entscheidungsstichwort (Thema)

Vom inländischen Auftraggeber zur Verfügung gestellte Arbeitstische als inländische Betriebstätte einer im Ausland ansässigen GmbH

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist der im Inland ansässige Auftraggeber vertraglich verpflichtet, den Arbeitnehmern seiner im Ausland ansässigen Vertragspartnerin (GmbH) für die Dauer von mindestens sechs Monaten in seinen Räumlichkeiten separate Arbeitstische für die Verrichtung der in Auftrag gegebenen Werkleistungen zur Verfügung zu stellen, sind die Arbeitstische als inländische feste Geschäftseinrichtung (Betriebsstätte) der im Ausland ansässigen GmbH anzusehen.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 12-13; EStG § 49 Abs. 1, 1 Nr. 1; KStG § 2 Nr. 1, § 7 Abs. 2, § 8 Abs. 1; DBA POL Art. 5, 7 Abs. 1, 1 S. 1; KStG § 7 Abs. 1

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Klägerin (Kl.) im Inland eine Betriebsstätte und/oder einen ständigen Vertreter hat und deshalb beschränkt steuerpflichtig ist.

Die Kl. ist eine GmbH polnischen Rechts mit Sitz in Polen Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ist der in Polen wohnhafte … Die Kl. unterhält in Polen einen Schlachtbetrieb mit etwa 60 Arbeitnehmern; überwiegend ist sie jedoch im Rahmen von Werkverträgen in Deutschland tätig. Die Arbeitnehmer der Kl. werden auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen unter Kontrolle und mit Arbeitserlaubnis der Landesarbeitsämter in Deutschland tätig.

Die Kl. nahm ihre Geschäftstätigkeit in Deutschland auf, nachdem ihr Geschäftsführer von der Möglichkeit erfahren hatte, im Rahmen der zwischen Deutschland und Polen vereinbarten Kontingente werkvertraglich tätig zu werden. Der Geschäftsführer suchte ihm bis dahin unbekannte deutsche Schlachtbetriebe auf und bot derartige Leistungen an. Die bestehenden Geschäftsbeziehungen führten zu neuen Kontakten.

In den Werkverträgen verpflichtet sich die Kl. zur Übernahme von Zerlegearbeiten die sie mit ihrem Personal in den Räumlichkeiten der Besteller an separaten Arbeitstischen durchführt. Arbeitsgeräte, Schutz- und Arbeitskleidung stellt die Kl. ihren Arbeitnehmern zur Verfügung, die Besteller gestatten die Benutzung der Sozialräume und ggf. der Kantine. Auftragsumfang und der dafür vorgesehene Zeitraum – in der Regel ein bis zwei Jahre – werden vertraglich festgelegt. Die Abnahme erfolgt durch körperliche Entgegennahme. Die Kl. kann monatliche Abschlagszahlungen verlangen Wegen der Einzelheiten wird auf die mit Schreiben vom 20.03.1998 übersandten Werkverträge (Blatt 33 bis 114 der Rechtsbehelfsakte) sowie auf die Genehmigung des Landesarbeitsamts Nordrhein-Westfalen vom 21.08.1997 (Blatt 5 der Körperschaftsteuer (KSt)-Akte) Bezug genommen.

Der Vertragsabschluß und die vorherigen Verhandlungen finden gewöhnlich am Sitz der inländischen Auftraggeber statt. Darüber hinaus kommt der Geschäftsführer der Kl. monatlich für zwei bis drei Tage nach Deutschland, um den Lohn an seine polnischen Mitarbeiter persönlich auszuzahlen, weil das zuständige Arbeitsamt die Übertragung dieser Aufgabe an Mitarbeiter untersagt hat. In dieser Zeit werden in der Regel auch Gespräche mit den Auftraggebern geführt. Die Arbeitnehmer der Kl. arbeiten in von den Arbeitnehmern der Auftraggeber getrennten Kolonnen; sie unterliegen nicht deren Weisungsbefugnis.

In den Jahren 1992 bis 1997 erzielte die Kl. folgende Ergebnisse (in DM):

Jahr

Gesamtumsatz

davon Deutschland

Gesamtgewinn

davon Deutschland

polnische KSt

1992

1.829.797

1.774.086

37.582

33.476

150.328

1993

3.371.767

3.326.796

111.925

108.618

43.773

1994

2.021.130

1.829.168

84.410

78.398

33.585

1995

2.692.245

2.426.900

141.543

130.604

56.263

1996

5.596.293

5.329.596

186.395

175.437

74.374

1997 (I-XI)

5.391.489

5.069.674

144.429

129.204

54.581

Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) ging von einer inländischen beschränkten Steuerpflicht der Kl. aus und erließ auf der Grundlage der von der Kl. ermittelten inländischen Gewinne unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende KSt-Bescheide 1992 (am 19.08.1998, geändert am 16.10.1998) und 1993 bis 1997 (am 25.05.1998). Außerdem erließ das FA am 12.05.1998 einen KSt-Vorauszahlungsbescheid 1998 auf der Grundlage eines zu versteuernden Einkommens von 175.400 DM; auf Antrag der Kl. setzte es die Vorauszahlungen mit Bescheid vom 10.06.1998 auf 42.000 DM herab, wobei es von einem zu versteuernden Einkommen von 100.000 DM ausging.

Am 03.06.1998 legte die Kl. gegen die KSt-Bescheide 1993 bis 1997 sowie den KSt-Vorauszahlungsbescheid 1998 und am 09.09.1998 gegen den KSt-Bescheid 1992 Einspruch ein und machte geltend, sie sei im Inland nicht steuerpflichtig.

Das FA wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidungen (EE) vom 08.09. und 20.10.1998 als unbegründet zurück, weil die Kl. im Inland beschränkt steuerpflichtig sei. Sie habe Betriebsstätten unterhalten. Denn sie habe sich zur Ausübung ihrer Tätigkeit fester Geschäftseinrichtungen bedient. Dafür sei es in Grenzfällen ausreichend, daß eine einzelne Sache vorliege, die in einer Beziehung zu einem bestimmten P...

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