Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinzurechnung einkommensteuerlich freigestellter Einkünfte aus Kapitalvermögen zur Bemessungsgrundlage; Verfahrensweg bei Einwendungen gegen die Höhe der Kapitaleinkünfte

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die in § 51a Abs 2 Satz 2 EStG angeordnete Hinzurechnung des einkommensteuerlich gemäß § 3 Nr. 40 EStG freigestellten Teils der Einkünfte aus Kapitalvermögen zur Bemessungsgrundlage der Kirchensteuer begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

2) Materiellrechtliche Fragen zur Höhe der nach § 51a Abs. 2 Satz 2 EStG zu berücksichtigenden Einkünfte aus Kapitalvermögen sind auch dann im Einkommensteuerfestsetzungsverfahren zu klären, wenn die Einkommensteuer auf Null festgesetzt wurde.

 

Normenkette

EStG § 51a Abs. 2 S. 2, Abs. 5 S. 1; KiStG NW § 14 Abs. 6 S. 1; EStG § 3 Nr. 40

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 15.09.2011; Aktenzeichen I R 53/10)

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Kirchensteuerfestsetzung im Hinblick auf die nach § 51 a Abs. 2 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) angeordnete Hinzurechnung von einkommensteuerlich freigestellten Einkünften aus Kapitalvermögen i.S. des § 3 Nr. 40 EStG zur Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer.

Der in Nordrhein-Westfalen wohnende Kläger ist Mitglied der römisch-katholischen Kirche. Er wurde für das Streitjahr 2001 mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger erzielte im Jahr 2001 gewerbliche Einkünfte aus Einzelunternehmen und Beteiligungen, ferner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung. Zudem war der Kläger an der im Baugewerbe tätigen C. GmbH beteiligt.

Nach den Feststellungen einer bei der C. GmbH durchgeführten Betriebsprüfung sollen dem Kläger für das Streitjahr 2001 aufgrund eines Forderungsverzichts der GmbH verdeckte Gewinnausschüttungen in Höhe von insgesamt DM 45.065.531 zuzurechnen gewesen sein (vgl. Tz. 2.27 des Betriebsprüfungsberichts vom 21.05.2007). Grund und Höhe der verdeckten Gewinnausschüttungen sind streitig.

Das für den Kläger zuständige Wohnsitzfinanzamt E-Stadt berücksichtigte in den geänderten Einkommensteuerbescheiden 2001 vom 13.07. und 03.08.2007 die von der Betriebsprüfung festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen, stellte diese aber für Zwecke der Einkommensteuerfestsetzung aufgrund des seit dem Jahr 2001 geltenden Halbeinkünfteverfahrens gemäß § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG zur Hälfte steuerfrei. Der Gesamtbetrag der Einkünfte für das Jahr 2001 betrug DM 11.584.759. Nach Berücksichtigung eines Verlustvortrags aus vorangegangenen Veranlagungszeiträumen errechnete das Finanzamt ein zu versteuerndes Einkommen für 2001 von 0 DM und setzte demzufolge die Einkommensteuer für 2001 auf 0 DM fest. Zugleich setzte das Finanzamt Kirchensteuer in Höhe von DM 980.059,68 (= EUR 501.096,56) fest. Es berief sich hierzu auf § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG, wonach für Zwecke der Berechnung der Kirchensteuer als Zuschlagsteuer zur Einkommensteuer das zu versteuernde Einkommen um die nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfreien Beträge zu erhöhen sei.

Der Kläger erhob sowohl gegen die Einkommensteuerfestsetzung beim Finanzamt E-Stadt als auch gegen die Kirchensteuerfestsetzung beim Beklagten Einspruch. Die Kirchensteuerfestsetzung sei – so der Kläger – zum einen deshalb rechtswidrig, da die Hinzurechnung der steuerfrei belassenen Kapitaleinkünfte nach § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG aufgrund hoher Verlustvorträge mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nicht in Einklang zu bringen sei. Zum anderen seien die von der Betriebsprüfung festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen dem Grunde und der Höhe nach unzutreffend. Der Einspruch blieb mit Ausnahme einer Kappung der Kirchensteuer für 2001 auf nunmehr EUR 480.362,83 erfolglos. In der Einspruchsentscheidung vom 10.09.2008 führte der Beklagte an, ihm sei die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen verwehrt; dies sei nach § 14 Abs. 6 Satz 1 des Kirchensteuergesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (KiStG NW) den Finanzämtern vorbehalten. Die verfassungsrechtlichen Einwendungen gegen die Kirchensteuerfestsetzung im Hinblick auf die Hinzurechnung der steuerfrei belassenen Kapitaleinkünfte gemäß § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG würden nicht geteilt (Hinweis auf die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 15.03.2007 1 E 234/06 und des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.08.2008 9 C 9/07).

Den Einspruch gegen die Einkommensteuerfestsetzung für 2001 verwarf das Finanzamt E-Stadt mangels Beschwer (Null-Festsetzung) als unzulässig. Die hiergegen erhobene Klage wird beim Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 12 K 3141/09 E geführt.

Mit der Klage gegen die Kirchensteuerfestsetzung für 2001 trägt der Kläger im Wesentlichen Folgendes vor:

Eine Hinzurechnung nach § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG sei bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen ausgeschlossen. Zweck der Vorschrift sei lediglich, die Steuerfreistellung na...

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