Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung eines Steuerbescheids wegen Kirchensteuererstattung

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Kirchensteuererstattung, die für ein früheres Jahr geleistet wird, berechtigt zur Änderung des bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids für dieses Jahr, wenn eine Verrechnung des Erstattungsbetrages mit der im Erstattungsjahr gezahlten Kirchensteuer nicht oder nicht in vollem Umfang möglich ist.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 4; AO 1977 § 175 Abs. 1 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 28.06.2006; Aktenzeichen XI B 163/05)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die einkommensteuerliche Behandlung einer Kirchensteuererstattung.

Die Kläger (Kl) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1999 (Streitjahr) setzte der Beklagte (das Finanzamt -FA-) gezahlte Kirchensteuer von 2.872 DM als Sonderausgaben an, verrechnete damit eine im selben Jahr erhaltene Kirchensteuererstattung von 1.339 DM und berücksichtigte den Differenzbetrag von 1.533 DM (Einkommensteuerbescheid 1999 vom 12.4.2001). Im Jahre 2001 erhielten die Kl darüber hinaus eine das Streitjahr betreffende Kirchensteuererstattung von 1.134 DM. Das FA erließ daher unter dem Datum des 3.11.2004 einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid 1999, in dem der Sonderausgabenabzug nochmals um 1.134 DM gekürzt wurde, so dass sich letztlich nur ein Betrag von 399 DM steuermindernd auswirkte. Gegen den Änderungsbescheid wandten sich die Kl mit Einspruch, der ohne Erfolg blieb (Einspruchsentscheidung vom 25.2.2005).

Zur Begründung der anschließend erhobenen Klage wird im Wesentlichen vorgetragen: Nach § 11 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) seien Ausgaben in dem Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet würden. Das Gesetz könne nicht umgangen werden. Im Jahre 1999 seien die Kl mit Kirchensteuer belastet gewesen. Die teilweise Erstattung im Jahre 2001 ändere hieran nichts. Allenfalls im Jahre 2001 könne die Erstattung berücksichtigt werden, sofern dies gesetzlich möglich sei. Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) vertrete die Meinung, die Erstattung von Kirchensteuer in einem späteren Jahr sei als rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 der Abgabeordnung (AO) zu beurteilen (Urteil vom 7.7.2004 XI R 10/04, BStBl II 2004, 1058). Demgegenüber habe der I. Senat des BFH entschieden, dass die Rückzahlung von Lohnersatzleistungen in einem späteren Jahr nichts daran ändere, dass die erhaltenen Zahlungen im Jahr des Zuflusses in voller Höhe in den Progressionsvorbehalt einzubeziehen seien (Urteil vom 12.10.1995 I R 153/95, BStBl II 1996, 201). Der I. und der XI. Senat verträten daher unterschiedliche Rechtsauffassungen.

Die Kläger beantragen,

den geänderten Einkommensteuerbescheid vom 3.11.2004 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 25.2.2005 aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist unbegründet. Das FA hat zu Recht einen Änderungsbescheid erlassen und die im Jahre 2001 zugeflossene Kirchensteuererstattung 1999 im Streitjahr steuermindernd berücksichtigt.

Als Sonderausgabe abziehbar ist gem. § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG u.a. gezahlte Kirchensteuer. Aus der Verwendung des Begriffs „Aufwendungen” in § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG folgert die Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, dass nur solche Ausgaben als Sonderausgaben berücksichtigt werden dürfen, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist (BFH-Urteil vom 7.7.2004 in BStBl II 2004, 1058 m.w.N). Aus diesem Belastungsprinzip ergibt sich, dass sich Erstattungen von Aufwendungen, die dem Grunde nach als Sonderausgaben abziehbar sind, steuermindernd auswirken müssen. Aus Gründen der Praktikabilität beanstandet es der BFH nicht, wenn eine Kirchensteuererstattung im Jahr des Zuflusses mit Kirchensteuer verrechnet wird, die in diesem Jahr gezahlt worden ist, auch wenn sich in diesem Fall gezahlte und erstattete Kirchensteuer nicht auf dasselbe Jahr beziehen. Ist eine derartige (vollständige) Verrechnung jedoch nicht möglich, z.B. weil im Jahr der Erstattung keine Kirchensteuer zu zahlen war oder die gezahlte Kirchensteuer die Erstattung betragsmäßig unterschreitet, so besteht nur die Möglichkeit, den ursprünglichen, überhöhten Sonderausgabenabzug nachträglich zu korrigieren. Die spätere Erstattung von Kirchensteuer ändert nachträglich die wirtschaftliche Belastung durch die Zahlung von Kirchensteuer. Es handelt sich um ein Ereignis, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat, so dass die Änderungsmöglichkeit nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO gegeben ist.

Der Hinweis auf das BFH-Urteil vom 12.10.1995 in BStBl II 1996, 201 führt zu keiner für die Kl günstigeren Betrachtung. Darin hat der BFH entschieden, dass ei...

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