Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Lohnsteuerpauschalierung für anstelle der Teilnahme an einer Betriebsveranstaltung überlassenen Verzehr-Gutschein

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Erhalten Arbeitnehmer als Ersatz für eine entgangene Verzehrmöglichkeit bei einer Betriebsveranstaltung, an der sie aus betrieblichen Gründen nicht teilnehmen konnten, einen Gutschein, der bei Vorlage eines beliebigen Bewirtungsbelegs zu einer Erstattung der tatsächlichen Bewirtungsaufwendungen bis zu einen Betrag von 70 EUR führt, scheidet eine Lohnsteuerpauschalierung nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG aus.

2. Anstelle statt aus Anlass der Betriebsveranstaltung gezahlter Arbeitslohn ist nicht begünstigt.

 

Normenkette

EStG § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 1 Sätze 1-2, § 8 Abs. 1, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 38a

 

Tenor

1. Die streitigen Bewirtungsaufwendungen sind gem. § 40 I EStG mit dem gem. § 38 a EStG (in der jeweils für das Streitjahr geltenden Fassung) zu ermittelnden Pauschsteuersatz zu versteuern.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Pauschsteuersatzes nach § 40 Einkommensteuergesetz (EStG), der bei der Berechnung der Lohnsteuer auf vom Kläger ausgegebene „Gutscheine” anzusetzen ist.

Der Kläger veranstaltete im Streitjahr 2003 anlässlich seines 100-jährigen Firmenjubiläums ein Betriebsfest für seine Mitarbeiter. An den Feierlichkeiten konnten einige Mitarbeiter, die für Notdienste eingesetzt waren, nicht teilnehmen. Diese Arbeitnehmer erhielten vom Kläger „Gutscheine über 70 EUR”. Bei Vorlage dieser „Gutscheine” zusammen mit einem beliebigen Bewirtungsbeleg erstattete der Kläger die tatsächlichen Bewirtungsaufwendungen bis zu einem Betrag von 70 EUR. In der Lohnsteueranmeldung für Dezember 2003 ermittelte der Kläger die auf die „Gutscheine” entfallende Lohnsteuer (LSt) unter Anwendung eines Pauschsteuersatzes von 25 %.

In der Zeit vom 14. Dezember 2004 bis 07. Dezember 2005 fand beim Kläger eine Lohnsteueraußenprüfung u. a. für den Zeitraum 2003 statt. Die Prüferinnen waren der Auffassung, dass hinsichtlich der Bewirtungsaufwendungen die Voraussetzungen für die Anwendung des begünstigten Steuersatzes von 25 % nach § 40 Abs. 2 Nr. 2 EStG nicht erfüllt seien. Vielmehr müsse die Versteuerung nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit einem pauschalen Nettosteuersatz von 46,80 % erfolgen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 13. Dezember 2005 verwiesen.

Der Beklagte (das Finanzamt – FA) folgte der Auffassung der Prüferinnen und setzte mit Bescheid vom 20. Dezember 2005 für diesen Sachverhalt folgende Nachforderungsbeträge für das Jahr 2003 fest:

LSt

13.689,19 EUR

Solidaritätszuschlag zur LSt

752,91 EUR

KiSt ev.

151,13 EUR

KiSt rk.

352,63 EUR

Gesamt

14.945,86 EUR

Weitere im Bescheid vom 20. Dezember 2005 enthaltene Nachforderungsbeträge sind nicht streitig.

Der gegen den Nachforderungsbescheid vom 20. Dezember 2005 eingelegte Einspruch vom 11. Januar 2006 blieb erfolglos. Auf die Einspruchsentscheidung vom 07. Juli 2008 wird verwiesen.

Mit seiner am 07. August 2008 beim Finanzgericht München eingegangenen Klage wendet sich der Kläger weiter gegen die Lohnsteuernachforderung. Die „Gutscheine” seien an die aus betrieblichen Belangen an dem Betriebsfest nicht teilnehmenden Mitarbeiter als Ersatz für die ihnen entgangene Verpflegung ausgegeben worden. Deshalb bestehe ein Anlasszusammenhang mit der Betriebsveranstaltung. Die Voraussetzungen für die Anwendung des Pauschsteuersatzes von 25 % nach § 40 Abs. 2 Nr. 2 EStG sei sowohl dem Wortlaut nach als auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift erfüllt.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 24. September 2010 wiesen die Vertreter des Klägers erstmals darauf hin, dass auch die zwischen den Beteiligten bislang unstreitige Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Lohnsteuer nochmals überprüft werden müsse. Ihrer Ansicht nach hänge die Höhe der Bemessungsgrundlage davon ab, ob eine Pauschalierung nach Abs. 1 oder nach Abs. 2 des § 40 EStG vorzunehmen sei.

Der Kläger beantragt deshalb vorab

  • durch Zwischenurteil gemäß § 99 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) festzustellen, dass die streitigen Beträge gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG zu besteuern sind,
  • hilfsweise: die Zulassung der Revision.

Der Beklagte beantragt vorab

  • durch Zwischenurteil gemäß § 99 Abs. 2 FGO festzustellen, dass die streitigen Beträge gemäß § 40 Abs. 1 EStG zu besteuern sind,
  • hilfsweise: die Zulassung der Revision.

Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung vom 07. Juli 2008 und trägt ergänzend Folgendes vor: Die ausschließlich den Dienst habenden Mitarbeitern überreichten „Gutscheine” stünden in keinem ausreichenden Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung. Sie beträfen nicht den Rahmen und das Programm der Veranstaltung. Weil die betroffenen Arbeitnehmer getrennt voneinander in ein Restaurant ihrer Wahl gehen konnten, sei das eigentliche Ziel einer Betriebsveranstaltung, nämlich die Kontaktpflege zwischen den Mitarbeitern zur Verbesserung des B...

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