Entscheidungsstichwort (Thema)

Kircheneinkommensteuer 1994

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.04.1997; Aktenzeichen I R 68/96)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist der Grundsatz des Art. 9 Abs. 2 Nr. 2 des Bayerischen Kirchensteuergesetzes in der vor dem 01. Januar 1995 geltenden Fassung (KirchStG a.F.), wonach die Kirchensteuer (KirchSt) bei glaubensverschiedener Ehe in den Fällen der Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer (ESt) für den umlagepflichtigen Ehegatten aus dem Teil der gemeinsamen nach Art. 8 Abs. 2 KichStG gekürzten ESt erhoben wird, der auf ihn entfällt; gem. Art. 9 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 KirchStG a.F. ist zur Feststellung des Anteils die für die Ehegatten veranlagte gemeinsame, nach Art. 8 Abs. 2 gekürzte ESt im Verhältnis der ESt-Beträge aufzuteilen, die sich bei Anwendung der für die getrennte Veranlagung geltenden ESt-Tabelle (Grundtabelle) auf die Einkünfte eines jeden Ehegatten ergibt.

Der Kläger war im Streitjahr noch Mitglied der Evangelisch-lutherischen Kirche (ev.-luth.) in Bayern. Seine Ehefrau trat 1993 aus der Römisch-Katholischen (rk) Kirche aus. Mit KiSt-Bescheid 1994 vom 29. Januar 1996 (Bl. 2 KiSt-Akte) veranlagte der Beklagte (das Kirchensteueramt –KiStA–) den Kläger nach den o.g. Grundsätzen zur KiSt. Dabei ergab sich eine KiSt von 1.131,04 DM und nach Anrechnung der Kirchenlohnsteuer (KiLSt) eine KiSt-Schuld 401 DM. Der auf den Kläger entfallende Anteil der ESt betrug 85,42 %.

Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein (Bl. 3 KiSt-Akte) und beantragte, die KiSt auf der Basis von 50 % der gekürzten ESt (d.h. 8.276 DM von 16.552 DM) i.H.v. 8 % durchzuführen und die über den hieraus resultierenden Betrag von 662,08 DM hinausgehende KiLSt i.H.v. 67,93 DM zu erstatten.

Der Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung – EE– vom 20. Mai 1993).

Mit seiner Klage trägt der Kläger im wesentlichen vor:

Er halte sowohl Art. 9 Abs. 2 Nr. 2 KiStG a.F. als auch die ab 01. Januar 1995 geltende Regelung für teilweise verfassungswidrig: Der Gesetzestext sehe bei der Festsetzung der Höhe der KiESt eine Obergrenze bei 10 % der (um bestimmte Abzugsbeträge geminderten) ESt vor. Dieser Betrag werde in konfessionsgleichen Ehen nie überschritten, da hier für beide Ehepartner die ESt-Schuld unabhängig vom Anteil am Erwerbseinkommen aus Gründen der Verfahrensvereinfachung zu je 50 % festgesetzt werde. In konfessionsverschiedenen (seit 01. Januar 1995) und glaubensverschiedenen Ehen erhalte derjenige Ehepartner, der zum geringeren Teil am Erwerbseinkommen beteiligt sei, per Gesetz auch weniger Geld zur Finanzierung seiner Glaubensausübung. Würde er (sie) genau so viel beanspruchen, wie der (die) Mahrverdienende, so hätte dieses Ehepaar mehr Geld zur Glaubensfinanzierung aufzuwenden als ein vergleichbares konfessionsgleiches Ehepaar. In den meisten Fällen würde auch die gesetzlich festgelegte Obergrenze von 10 % von der ESt-Schuld überschritten.

Als Beispiel möge der angefochtene Bescheid dienen: 1994 habe er (der Kläger) einen Anteil am Familieneinkommen von 85,42 % gehabt, seine Frau 14,58 %. Seine Frau beanspruche (s.E. zu Recht) einen gleich hohen Anteil wie er: 2 × 85,42 % = 170,85 %.

Er und seine Frau hätten also bei Einhaltung des Gleichheitsgrundsatzes aufgrund der gesetzlichen Regelung 70 % mehr aufzuwenden als ein vergleichbares konfessionsgleiches Ehepaar – oder … seine Frau erhielte nur 17 % seines „Glaubensbudgets” für Zwecke ihrer Religionsausübung.

Dies widerspreche mehreren Verfassungsgrundsätzen:

  1. Gleichstellung von Mann und Frau:

    In Familien mit Kindern müsse i.d.R. ein Ehepartner einen größeren Anteil an Familien- und Erziehungsarbeit tragen. Dies sei fast immer mit einer drastischen Verringerung des Anteils am Familien-Erwerbseinkommen verbunden. Zusätzlich werde der (die) Betroffene auch noch in seinem (ihrem) finanziellen Spielraum bei der Religionsausübung eingeschränkt.

  2. Benachteiligung wegen religiöser Betätigung (oder Nichtbetätigung):

    Das konfessionsverschiedene und das glaubensverschiedene Ehepaar werde gegenüber dem konfessionsgleichen Ehepaar um 71 % höher belastet, wenn beide Ehepartner gleich hohe Beiträge für ihre Religionsausübung beanspruchten.

  3. Das Recht auf Eigentum:

    siehe zu 2.

Seiner Auffassung nach müßte der Gesetzestext dahingehend ergänzt werden, daß bei der Festsetzung der KiSt prozentual nach dem Anteil am Familieneinkommen bei konfessionsverschiedenen und glaubensverschiedenen Ehen der Betrag von 50 % (von 8–10 % der um bestimmte Abzüge geminderten ESt-Schuld) nicht überschritten werden dürfe. Damit wäre eine Gleichstellung der interner und externen Beiträge der Ehegatten zum Familieneinkommen erzielt.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus dem Jahre 1965, das einen Steuerbürger gegen überhöhte Forderungen des KiStA habe schützen wollen, sei von den Kirchen dahingehend uminterpretiert worden, daß der finanzielle „Schaden” in Form von KiSt-Ausfällen mi...

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