Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Minderung der nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG als Kapitaleinkünfte steuerpflichtigen Erstattungszinsen im Sinne des § 233a AO um Nachforderungszinsen im Sinne des § 233a AO

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nachzahlungszinsen im Sinne des § 233a AO gehören zum Privatbereich von Steuerpflichtigen, während Erstattungszinsen im Sinne des § 233a AO gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG zur Sphäre der Einkunftserzielung gehören. Diese unterschiedliche Behandlung von Nachzahlungszinsen und Erstattungszinsen ist verfassungsgemäß (vgl. BFH, Urteil v. 15.4.2015, VIII R 30/13).

2. Die gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG als Kapitaleinkünfte zu versteuernden „Erstattungszinsen im Sinne des § 233a AO” sind der Höhe nach nicht in allen Fällen identisch mit den in einem Zinsbescheid im Festsetzungsteil festgesetzten auszuzahlenden Erstattungsbeträgen. Denn aufgrund der Regelung des § 233a Abs. 5 Satz 3 AO kann es bei der Zinsfestsetzung – je nach den Umständen des Einzelfalls – dazu kommen, dass steuerpflichtige Erstattungszinsen und steuerlich nicht relevante Nachzahlungszinsen miteinander verrechnet werden.

3. Der festgesetzte Zinsbetrag kann in solchen Fällen aus um Nachzahlungszinsen gekürzten Erstattungszinsen bestehen. Eine solche Kürzung aber verletzt die klare und eindeutige Regelung des § 12 Nr. 3 EStG. Aus diesem Grund sind als steuerpflichtige „Erstattungszinsen im Sinne des § 233a AO” die materiell-rechtlich richtigen Erstattungszinsen ohne Kürzung um Nachzahlungszinsen zu ermitteln (vgl. FG Hamburg, Urteil v. 23.10.2003, V 288/01, EFG 2004 S. 498).

 

Normenkette

EStG § 12 Nr. 3, § 20 Abs. 1 Nr. 7 Sätze 3, 1; AO § 233a Abs. 1, 5 S. 3

 

Tatbestand

I.

Die Kläger sind Ehegatten, die vom Beklagten, dem Finanzamt (FA), im Streitjahr 2016 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Jahres 2010 hatte das FA in den Jahren vor 2016 Nachzahlungszinsen in Höhe von insgesamt 2.852 EUR festgesetzt. Diese Nachzahlungszinsen bezahlten die Kläger.

Im Jahr 2016 erließ das FA einen Einkommensteueränderungsbescheid für das Jahr 2010. Mit dem Einkommensteuerbescheid erließ das FA auch einen neuen Zinsbescheid unter der Überschrift „Zinsen zur Einkommensteuer”. Betragsmäßig setzte das FA unter der Bezeichnung „verbleibende Steuer” im Festsetzungsteil des Bescheids einen negativen Betrag in Höhe von -2.617 EUR fest.

Im Abrechnungsteil des Einkommensteuerbescheids addierte das FA den negativen Betrag in Höhe von 2.617 EUR mit einem von den Klägern „bereits getilgten” Betrag von 2.852 EUR zu einer „zu viel entrichteten” Summe von 5.469 EUR. Diesen Betrag überwies das FA auf ein Bankkonto der Kläger.

Im Begründungsteil des Bescheids berechnete das FA unter der Überschrift „Berechnung der Zinsen” fünf Teilbeträge von zu erstattenden Zinsen mit einer Gesamtsumme von 3.448,19 EUR. Im Anschluss hieran berechnete das FA eine Minderung der früher festgesetzten Nachzahlungszinsen um fünf Teilbeträge in einer Gesamthöhe von 2.020 EUR. Aus den früher festgesetzten Nachzahlungszinsen in Höhe von 2.852 abzüglich der Minderung um 2.020 EUR errechnete das FA einen Anspruch auf Nachzahlungszinsen in Höhe von 832 EUR.

Sodann verrechnete das FA den Anspruch der Kläger auf Erstattungszinsen in Höhe von 3.448,19 EUR und seinen Anspruch auf Nachzahlungszinsen in Höhe von 832 EUR. Gerundet ergab sich aus der Verrechnung ein Betrag in Höhe von -2.617 EUR. Im Begründungsteil des Bescheids bezeichnete das FA diesen Betrag als „festzusetzende Zinsen (Erstattungszinsen)”:

zu verzinsender Betrag

Zeitraum

Erstattungszinsen in EUR

1.215 EUR

-42,52

14.001 EUR

-2.240,16

5.429 EUR

-895,78

844 EUR

-151,92

561 EUR

-117,81

(Summe der Erstattungszinsen; nicht im Bescheid ausgewiesen)

(-3.448,19)

bisher festgesetzte Zinsen

2.852

Minderung der bisher festgesetzten Nachzahlungszinsen:

1.200 EUR Zeitraum

252

14.000 EUR

1.260

5.400 EUR

432

800 EUR

52

600 EUR

24

(Summe: 2.020)

+832

festzusetzende Zinsen (Erstattungszinsen)

-2.617

Im Einkommensteuer-Änderungsbescheid für das Jahr 2016 vom … erfasste das FA bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (neben unstreitigen weiteren Erstattungszinsen in Höhe von 2.359 EUR aus dem Jahr 2014) steuerpflichtige Erstattungszinsen in Höhe von 3.449 EUR. Den Einspruch der Kläger wies das FA mit der Einspruchsentscheidung vom … als unbegründet zurück.

Mit der Klage macht der Kläger geltend, es sei nur ein Betrag in Höhe von 2.617 EUR steuerpflichtig. Nur in dieser Höhe seien steuerpflichtige Erstattungszinsen festgesetzt worden. Auch seien den Klägern nur 2.617 EUR zugeflossen. Denn in Höhe von 2.852 EUR hätte das FA Nachzahlungszinsen steuerfrei zurückbezahlt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist unbegründet.

1. Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) sind Erstattungszinsen im Sinne des § 233a Abgabenordnung (AO) Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen und damit Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Gemäß § 12 Nr. 3 EStG dürfen bei der Festsetzung der Einkomme...

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