Entscheidungsstichwort (Thema)

RV-Beiträge auf Krankengeld

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Auf das Krankengeld entfallende Rentenversicherungsbeiträge sind nicht als Sonderausgaben abziehbar.

2) Krankengeld unterliegt dem Progressionsvorbehalt, ohne hiervon geleistete Vorsorgeaufwendungen abzuziehen

 

Normenkette

EStG §§ 32b, 10

 

Tatbestand

Die Klägerin erzielte zu Beginn des Jahres 2018 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Infolge ihrer Erkrankung wurde sie arbeitsunfähig und erhielt in der Zeit vom ….2018 bis ….2018 Krankengeld, vom ….2018 bis ….2018 Übergangsgeld und vom ….2018 bis ….2018 erneut Krankengeld. Von dem Krankengeld wurden Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung i. H. v. insgesamt … EUR einbehalten und abgeführt.

Im Rahmen der Veranlagung setzte der Beklagte die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unter Berücksichtigung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages gemäß § 9a Satz 1 Nr. 1 EStG an. Das von der Klägerin bezogene Krankengeld einschließlich der einbehaltenen und abgeführten Rentenversicherungsbeiträge unterwarf er dem Progressionsvorbehalt. Eine Berücksichtigung der Rentenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben unterblieb.

Nach erfolglosem und durch Entscheidung vom 7.5.2020 abgeschlossenen Einspruchsverfahren begehrt die Klägerin im Klagewege weiterhin, die einbehaltenen Beiträge zur Rentenversicherung als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG steuermindernd zu berücksichtigen. Seit dem Jahr 2005 sei die sog. nachgelagerte Besteuerung von Renten eingeführt worden. Weil Rentenbezüge im Rahmen dieses Systems steuerpflichtig seien, sei ein Abzug der entsprechenden Beiträge geboten. Es sei sicherzustellen, dass es nicht aufgrund der nachgelagerten Besteuerung zu einer Doppelbesteuerung komme. Dieses Prinzip werde allerdings im Fall der Klägerin durchbrochen, indem die von ihr getragenen Rentenversicherungsbeiträge keine Berücksichtigung als Sonderausgaben gefunden hätten. Einer steuermindernden Berücksichtigung der Beiträge stünde insbesondere auch § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht entgegen. Mit dieser Vorschrift solle eine steuerliche Doppelbegünstigung ausgeschlossen werden. Ohne diese Regelung könnten auch solche Aufwendungen als Sonderausgaben abgesetzt werden, die in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Ein solcher unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen liege indessen nicht vor. Die Aufwendungen stünden in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der beginnend ab dem ….2019 bezogenen Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Diese sei aber nicht steuerfrei, sondern steuerpflichtig.

Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass das seitens der Klägerin bezogene Krankengeld eine Kompensationsleistung für ansonsten erzieltes Arbeitseikommen darstelle. Dass vom Arbeitseinkommen abgeführte Rentenversicherungsbeiträge abziehbar seien, stünde außer Frage. Sollte man danach einen Abzug der vom Krankengeld einbehaltenen Beiträge ausschließen, stelle dies mit Blick auf die nachgelagerte Besteuerung eine Ungleichbehandlung dar. Denn die auf beiden Zahlungen – Beiträge aus Arbeitseinkommen einerseits und Beiträge aus Krankengeld andererseits – beruhende einheitliche Rente werde für Besteuerungszwecke nicht aufgeteilt und teilweise steuerfrei belassen. Ferner sei die Leistungsfähigkeit der Klägerin durch Erhalt des Krankengeldes insoweit nicht gesteigert, als Rentenversicherungsbeiträge einbehalten wurden.

Jedenfalls aber seien die Rentenversicherungsbeiträge bei Anwendung des Progressionsvorbehalts von dem bezogenen Krankengeld abzuziehen. Widrigenfalls würde sich das Krankengeld – obgleich steuerfrei – steuererhöhend auswirken, obwohl die Rentenversicherungsbeträge keine korrespondierende steuermindernde Wirkung entfalteten. Dies würde mittelbar zu einer Doppelbesteuerung der später bezogenen Rente führen.

Die Klägerin beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7.5.2020 zu ändern und die Steuer unter Berücksichtigung (weitergehender) Beiträge der Klägerin zur Rentenversicherung i. H. v. … EUR als Sonderausgaben neu festzusetzen,

hilfsweise, den Einkommensteuerbescheid 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7.5.2020 zu ändern und die Steuer unter Minderung der dem Progressionsvorbehalt unterworfenen Lohnersatzleistungen um den Betrag i. H. v. … EUR neu festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, es bestünde ein unmittelbarerer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Vereinnahmung des steuerfreien Krankengelds einerseits und der hieraus getragenen Rentenversicherungsbeiträge andererseits. Ohne die Zahlung des Krankengelds wären die fraglichen Rentenversicherungsbeiträge nicht entstanden und nicht zu entrichten gewesen. Ein Abzug der Beiträge als Sonderausgaben scheide daher aufgrund von § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG aus.

Der Umstand, dass das Krankengeld einschließlich der Rentenversicherungsbeiträge dem Progressionsvorbeh...

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