Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Billigkeitserlass von Nachzahlungszinsen wegen im Verständigungsverfahren zwischen Deutschland und Österreich nachträglich angenomener unbeschränkter deutscher Steuerpflicht 1991 bis 1994

 

Leitsatz (redaktionell)

Führt ein Verständigungsverfahren zwischen Deutschland und Österreich nachträglich zur Annahme der unbeschränkten Steuerpflicht allein in Deutschland, so sind gemäß § 233a festgesetzte Nachzahlungszinsen nicht deshalb im Billigkeitswege zu erlassen, weil die Einkünfte zunächst in Österreich der Einkommensteuerpflicht unterworfen worden sind, so dass faktisch jedenfalls in Österreich kein Liquiditätsvorteil des Steuerpflichtigen entstanden ist. Das Fehlen eines Liquiditätsvorteils in Deutschland lässt sich nicht mit der Zahlung ausländischer Steuern begründen.

 

Normenkette

AO §§ 227, 233a Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 15.01.2008; Aktenzeichen VIII B 222/06)

BFH (Aktenzeichen VIII B 222/06)

 

Tatbestand

Der Kläger verlegte am 01.08.1991 seinen inländischen Hauptwohnsitz von K nach Österreich. Seitdem gab er in der Bundesrepublik Deutschland Einkommensteuererklärungen zur beschränkten Steuerpflicht ab. In Österreich wurde er in den Jahren 1991 bis 1994 unbeschränkt zur Einkommensteuer veranlagt. Im Rahmen einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt für Konzernbetriebsprüfung R für die Jahre 1988 bis 1992 wurde der Wechsel von der unbeschränkten zur beschränkten Einkommensteuerpflicht nicht anerkannt. Zur Begründung wurde angeführt, der Kläger habe auch nach seinem Umzug nach Österreich in G einen weiteren Wohnsitz unterhalten. Es liege deshalb ein Fall des Mehrfachwohnsitzes vor. Nach Artikel 16 DBA-Österreich a.F. stehe das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland zu, weil dort die stärksten persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen bestünden. Die aufgrund der Betriebsprüfung ergangenen Steuerbescheide wurden angefochten und die Einleitung eines Verständigungsverfahrens nach dem DBA-Österreich beantragt. Im Rahmen der (Folge-)Betriebsprüfung für die Jahre 1993 bis 1996 verständigte sich der Kläger mit dem Beklagten dahingehend, dass er ab dem 01.01.1996 in der Bundesrepublik Deutschland nur noch beschränkt steuerpflichtig sei. Der Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens sowie die anhängigen Einsprüche wurden daraufhin zurückgenommen. Die erzielte Verständigung fand Eingang in die Einkommensteuerbescheide der Jahre 1991 bis 1994. Mit den Einkommensteueränderungsbescheiden vom 19.01.1998 für 1991, vom 26.01.1998 für 1992 und vom 03.07.2002 für 1993 und 1994 wurden zugleich Nachzahlungszinsen nach § 233a der Abgabenordnung (AO) festgesetzt. Diese beliefen sich für 1991 auf … DM, für 1992 auf … DM, für 1993 auf … DM (… EUR) und für 1994 auf … DM (… EUR).

Mit Schreiben vom 06.09.2002 beantragte der Kläger einen Teilerlass der Nachzahlungszinsen für die Jahre 1991 bis 1994 aus sachlichen Billigkeitsgründen. Zur Begründung führte er aus, dass er angesichts der ab 01.08.1991 durchgeführten Veranlagungen zur unbeschränkten Steuerpflicht in Österreich keine Liquiditäts- oder Zinsvorteile erzielt habe. Die Höhe der zu erlassenden Zinsen ermittelte er im Rahmen einer fiktiven Zinsberechnung auf die in Österreich gezahlten Einkommensteuern für die Jahre 1991 bis 1994, soweit diese auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen entfallen waren. Mit Bescheid vom 06.11.2002 lehnte der Beklagte den begehrten Teilerlass ab. Zur Begründung verwies er darauf, dass es nicht darauf ankomme, ob der Kläger durch die Berichtigung der Steuerbescheide für 1991 bis 1994 in Deutschland und Österreich tatsächlich keine Zinsvorteile erlangt habe. Maßgebend sei allein, dass die getroffene tatsächliche Verständigung die Änderung der streitigen Einkommensteuerbescheide ausgelöst habe und dementsprechend die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Festsetzung von Nachzahlungszinsen erfüllt seien.

Hiergegen wendete sich der Kläger mit dem Einspruch vom 13.01.2003. Die streitigen Nachzahlungszinsen seien in Höhe eines Teilbetrages von … zu erlassen. Die Erhebung von Nachzahlungszinsen laufe insoweit dem Gesetzeszweck des § 233a AO zuwider; denn in dieser Höhe habe er, der Kläger, während der Zinslaufzeit keine Liquiditäts- oder Zinsvorteile genossen. Für die Jahre 1991 bis 1994 sei er sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in Österreich zur unbeschränkten Steuerpflicht veranlagt worden. Die Rückabwicklung der Steuerjahre 1991 bis 1994 in Österreich werde zur Zeit betrieben. Diese Rückabwicklung werde jedoch nicht zur Vereinnahmung von Erstattungszinsen führen, da in Österreich die Vollverzinsung erst mit dem Veranlagungszeitraum 2001 eingeführt worden sei. Der Wechsel von der unbeschränkten zur beschränkten Steuerpflicht in Österreich habe zur Folge, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen, soweit diese nicht der sog. Zinsendbesteuerung in Österreich unterlegen hätten, aus der österreichischen Einkommensbesteuerung entfielen. Damit seien Nachzahlungszinsen in Höhe der fik...

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