Entscheidungsstichwort (Thema)

Reichweite des Bankgeheimnisses bei Steuerfahndungsprüfung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Das Anfertigen von Notizen aus den Geschäftsunterlagen einer Bank durch Beamte derSteuerfahndungsstellen in der Absicht, diese zur Auswertung an die für die Besteuerungder betroffenen niederländischen Bankkunden zuständigen Finanzverwaltungweiterzuleiten, ist geeignet, eine Verletzung und weitere Gefährdung der aus demEigentumsrecht der Bank an ihren Geschäftspapieren resultierenden Befugnisse möglicherscheinen zu lassen.

2) Der Begriff der Außenprüfung in § 30a Abs. 3 AO ist funktional in dem Sinneauszulegen, daß von ihm auch die steuerverfahrensrechtlichen Tätigkeiten derSteuerfahndungsstellen erfaßt werden, die diese anläßlich einer Fahndungsprüfungvornehmen und die typischerweise zum Tätigkeitsfeld der Außenprüfung gehören. Bestehtder Verdacht einer Steuerverkürzung, steht § 30a Abs. 3 AO der Erstellung vonKontrollmitteilungen nicht entgegen.

3) Im Hinblick auf das Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes ist jedenfalls imVerfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes § 30a Abs. 3 AO weit auszulegen.§ 30a Abs. 3 AO will einen "Kernbestand des Bankgeheimnisses" sicherstellen und enthälteine bewußte und zielgerichtete Einschränkung des § 194 Abs. 3 AO und damit derAuswertungs- und Weitergabebefugnis der Finanzverwaltung.

 

Normenkette

GG Art. 14 Abs. 1 S. 1, Art. 19 Abs. 4; AO 1977 § 30a Abs. 3, § 194 Abs. 3; FGO § 114 Abs. 1

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Weitergabe von Daten niederländischerKunden der Antragstellerin – einer Bank – an die niederländische Finanzverwaltung.

Die Antragstellerin ist eine A. mit Sitz in der Nähe der niederländischen Grenze. Nach ihreneigenen Angaben wurden zum Jahresende 1998 nahezu 17 v.H. der Einlagen mit einemGesamtvolumen von etwa 57,2 Mio DM von niederländischen Staatsangehörigen erbracht.

Im … kam es zur Einleitung eines Steuerstrafverfahrens gegen Kunden und Mitarbeiter derAntragstellerin.

Die Mitarbeiter sollten durch die Zurverfügungstellung von die Identität der Kundenverschleiernden Geld- und Wertpapiertransfermöglichkeiten im Verhältnis u. a. zur B. S.A.LUXEMBURG Kunden die Möglichkeit verschafft haben, der Besteuerung bisher nichtunterworfene Einnahmen und Vermögenswerte gegenüber den Finanzbehörden zu verschleiern.

Im Rahmen dieses Verfahrens erließ das Amtsgericht C. am … einen Durchsuchungs- undBeschlagnahmebeschluß gegen „Kunden und Mitarbeiter” der Antragstellerin.

Im weiteren Verfahren durchsuchten Mitarbeiter der Steuerfahndungsstelle D. dieGeschäftsräume der Antragstellerin und beschlagnahmten u. a. Dokumente überGeschäftsbeziehungen der Antragstellerin zu 14 niederländischen Kunden; diese Personenwerden bei der Antragstellerin unter dem Aktenzeichen 1100-1113/Steufa XX geführt.

Diese Kunden verfügten sämtlich über „legitimierte Konten” bei derAntragstellerin.

Den Kunden hatte die Antragstellerin im Rahmen von TafelgeschäftenInhaberschuldverschreibungen verkauft. Dabei wurden im Zusammenhang mit der Veräußerungder Inhaberschuldverschreibungen die nach Maßgabe des seit dem 29.11.1993 gültigenGeldwäschegesetzes erforderlichen Personalien der Beteiligten festgehalten und diesen eine„Wertpapierkennummer” (WKN) zugewiesen.

Die zu den Inhaberschuldverschreibungen gehörigen Coupons wurden bei Fälligkeit –zumindest zu einem großen Teil – von der Antragstellerin eingelöst. Bei dieser Einlösung wurdeKapitalertragssteuer in Höhe von 35 % seitens der Antragstellerin einbehalten; teilweise wurdendie Coupons jedoch auch bei der B. S.A. LUXEMBURG – offenbar ohne Steuereinbehalt –eingelöst und von der S.A. wiederum bei der Klägerin eingereicht.

Nach den wörtlichen und unwidersprochenen Angaben des Antragsgegners stellte sich derweitere Ermittlungsweg wie folgt dar:

„Die Fahndungsbeamten haben die Zinscoupons eingesehen, die von einerLuxemburger Bank bei der Klägerin eingereicht worden waren. … Aus den Coupons ergabensich Wertpapiernummer, Umfang der Anlage und Erwerbstermin.

Die Fahndungsbeamten haben daraufhin bei der Klägerin nach Geldbewegungen gesucht, dieden Erwerbsaufwendungen entsprachen. Sie konnten in den hier betroffenen Fällen anhand derden Erwerben entsprechenden Geschäftsvorfälle[n] auf den normalen, legitimationsgeprüftenKonten Personen als Erwerber identifizieren, die eine niederländische Anschrift besitzen. …

Die Herstellung eines Zusammenhangs mit den legitimationsgeprüften Konten der Erwerberwar nur durch Ermittlungen in den Geldbewegungen auf den bankinternen Konten möglich. Esfanden sich Buchungen, die einerseits den Tafelgeschäften entsprachen, jedoch als Barabhebungvon den Girokonten kontiert waren.

Die Kundenkonten wurden lediglich zur Identifizierung der Forderungsinhaber herangezogen…”

Mit Datum vom 19.03.1999 fertigte das zuständige Finanzamt für Steuerstrafsachen undSteuerfahndung D. eine „Mitteilung im steuerlichen Auskunftsaustausch über Einkünfteaus deutschen Quellen” an die zuständige niederländische F...

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