Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerberichtigung bei nicht ausgeführter Leistung und gestörter zivilrechtlicher Rückabwicklung des Schuldverhältnisses

 

Leitsatz (amtlich)

Nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG ist die zivilrechtliche Rückabwicklung des Leistungsverhältnisses ohne Belang. Die Vorschrift stellt nicht darauf ab, ob das Entgelt zurückgewährt worden ist. Entscheidend für die Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG ist vielmehr, dass kein Umsatz erfolgt ist und auch nicht mehr erfolgen wird.

Auch nach dem Grundsatz der Effektivität kann der Leistungsempfänger keinen unmittelbaren Vorsteuer-Erstattungsanspruch gegenüber der Steuerbehörde geltend machen, wenn der Leistende die an ihn von dem Leistungsempfänger gezahlte Umsatzsteuer nicht an den Fiskus entrichtet hat.

 

Normenkette

UStG § 13 Abs. 1 Nr. 1a, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 17 Abs. 2 Nr. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Voraussetzungen des § 17 UStG.

Die Klägerin hatte 2006 bei der Firma A GmbH (nachfolgend: A) eine Maschine zu einem Kaufpreis in Höhe von netto 1.149.000 € bestellt. Auf eine Anzahlungsrechnung der A vom 18.09.2006 zahlte die Klägerin am 11.10.2006 689.400 € zuzüglich 110.304 € Umsatzsteuer und machte in ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für Oktober 2006 die in der Anzahlungsrechnung gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 UStG als Vorsteuer geltend.

Am 18.12.2006 stellte die A der Klägerin eine Gutschrift über den Anzahlungsbetrag aus. Der Gutschrift lag eine Stornierung der Maschinenbestellung durch die Klägerin zugrunde. Der Gutschrift war ein Scheck über den Anzahlungsbetrag beigefügt, der mangels Deckung nicht eingelöst werden konnte. Unmittelbar danach wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A eröffnet.

Die Klägerin hatte aufgrund der Gutschrift der A bzw. der Stornierung der Maschinenbestellung den ursprünglich geltend gemachten Vorsteuerbetrag in Höhe von 110.304 € mit der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Dezember 2006 gemäß § 17 UStG berichtigt und die Vorsteuer an den Beklagten zurückgezahlt.

Laut Mitteilung des für die A zuständigen Finanzamts B erklärte die A weder die von der Klägerin erhaltene Anzahlung noch deren Gutschrift und erging die Umsatzsteuerfestsetzung für 2006 als Schätzungsbescheid nach § 162 AO. Die gegen die A aufgrund der Schätzung festgesetzte Umsatzsteuerzahllast für 2006 wurde durch Umbuchungen im Wege der Aufrechnung - § 226 AO - beglichen.

Am 27.03.2008 beantragte die Klägerin unter Vorlage einer berichtigten Umsatzsteuererklärung für 2006, die aufgrund der Steueranmeldung vom 22.08.2007 nach § 168 AO erfolgte Umsatzsteuerfestsetzung für 2006 zu ändern und die im Dezember 2006 erfolgte Vorsteuerkorrektur in Höhe von 110.304 € rückgängig zu machen. Die Voraussetzungen einer Vorsteuerkorrektur nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG hätten entgegen dem Wortlaut der Vorschrift nicht vorgelegen. Zwar werde in der Fachliteratur überwiegend die Auffassung vertreten, dass es in den Fällen des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG für eine Vorsteuerberichtigung nicht auf die tatsächliche Rückzahlung der hingegebenen Anzahlung ankomme und dass die Berichtigung auch dann zu erfolgen habe, wenn der zivilrechtliche Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Lieferanten nicht durchsetzbar sei. Nach Auffassung von Stadie stelle eine Vorsteuerberichtigung ohne Rückzahlung des Entgelts aber eine unangemessene Benachteiligung des Leistungsempfängers dar und trete eine Minderung der Bemessungsgrundlage unter Beachtung des Neutralitätsgrundsatzes der Umsatzsteuer erst mit Auszahlung des Gutschriftbetrags ein. Für diese Auffassung spreche auch die Entscheidung des EuGH in der Rs. Reemtsma (Urteil vom 15.03.2007 C-35/05, Slg 2007, I-2425, UR 2007, 343, IStR 2007, 261). Zwar habe der EuGH ausgeführt, dass der Grundsatz der Neutralität und Effektivität der Umsatzsteuer auch dann noch beachtet werde, wenn der Leistungsempfänger mittels einer zivilrechtlichen Klage vom leistenden Unternehmer die Rückzahlung der zu Unrecht gezahlten Umsatzsteuer verlangen könne. Der EuGH habe jedoch weiter ausgeführt, dass der Leistungsempfänger dann, wenn die Erstattung der Steuer auf dem Zivilrechtsweg unmöglich oder übermäßig erschwert werde, also insbesondere im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Leistungserbringers, seinen Antrag auf Erstattung der zu Unrecht gezahlten Umsatzsteuer ausnahmsweise unmittelbar an die Steuerbehörden richten könne. Da die A den Gutschriftbetrag wegen Insolvenz nicht auszahlen könne, stünde ihr - der Klägerin - der mit der berichtigten Umsatzsteuererklärung geltend gemachte Erstattungsanspruch gegen den Beklagten zu.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der geänderten Umsatzsteuererklärung für 2006 vom 27.03.2008 sowie auf die Schriftsätze vom 24.01. und 19.03.2008 verwiesen.

Der Beklagte lehnte die beantragte Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung 2006 mit Bescheid vom 02.04.2008 ab.

Gegen den Ablehnungsbescheid vom 02.04.2008 hat die Klägerin am 05.05.2008 Sprungklage erhoben. Der B...

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