vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuerpflicht der Verlängerung eines Erbbaurechtes – Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung – Abzinsung der Gegenleistung bei vorzeitiger Verlängerung. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: II R 36/23)

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die bei der Verlängerung eines Erbbaurechtes getroffene Vereinbarung, dass der Erbbauberechtigte die Verlängerung durch einen Widerspruch vor Ablauf der bisherigen Laufzeit verhindern kann, macht die für die Entstehung der Grunderwerbsteuer maßgebliche Wirksamkeit des Erwerbsvorgangs nicht von dem Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängig.
  2. Im Fall der Verlängerung eines Erbbaurechts vor Ablauf der bisherigen Laufzeit ist die grunderwerbsteuerpflichtige Bemessungsgrundlage in Gestalt des kapitalisierten Erbbauzinses für die Verlängerungszeit nicht unter Anwendung von § 12 Abs. 3 Satz 1 BewG auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzuzinsen.
 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 14 Nr. 1; BewG § 12 Abs. 3 S. 1, § 13 Abs. 1 S. 1; BGB §§ 133, 157, 877

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob eine grunderwerbssteuerpflichtige Verlängerung eines Erbbaurechtes vorliegt.

Die Klägerin ist aufgrund einer Bewilligung vom 22.10.1981 bzw. 18.03.1982 Erbbauberechtigte am Grundbesitz in Y., M.-straße. Dieses Erbbaurecht besteht laut Bewilligung bis zum 31.12.2046.

Die Klägerin vereinbarte mit den Grundstückseigentümern durch notarielle Urkunde vom 19.04.2021 folgende von ihnen als „Inhaltsänderung“ bezeichnete Anpassung des Erbbaurechtes:

„ Die Grundstückseigentümer und die Erbbauberechtigte vereinbaren hiermit (...) die Inhaltsänderung des vorstehend genannten Erbbaurechts in der Weise, dass sich das Erbbaurecht automatisch sechsmal um jeweils zehn Jahre, also zunächst bis zum 31.12.2056, sodann bis zum 31.12.2066 usw. verlängert, wenn nicht der Erbbauberechtigte der jeweiligen Verlängerung vor Ablauf von einem Jahr der normalen Lauf- bzw. Verlängerungszeit schriftlich gegenüber dem anderen Vertragsteil widerspricht.

Der Notar hat darauf hingewiesen, dass nach Eintritt der jeweiligen Verlängerung eine Grundbuchberichtigung durch alle Vertragsteile notwendig ist .“

Im Übrigen blieb es bei den Bestimmungen der vorherigen Bezugsurkunden. Eine entsprechende Grundbuchberichtigung beantragten die Vertragsparteien unter B.II. Nr. 4 der Urkunde.

Der Notar übersandte diese Urkunde, auf deren Inhalt der Senat im Übrigen Bezug nimmt, durch Schreiben vom 07.05.2021 mit der Bitte um Kenntnisnahme und Überprüfung hinsichtlich einer etwaig anfallenden Grunderwerbsteuer an den Beklagten.

Dieser erließ am 10.06.2021 einen Bescheid über Grunderwerbsteuer i.H.v. 80.504 € wegen Änderung eines Erbbaurechtsvertrages. Aufgrund eines Jahreswerts des Erbbaurechts i.H.v. 69.076 € und eines Vervielfältigers von 17,930 errechnete der Beklagte in diesem Bescheid einen Wert der steuerpflichtigen Gegenleistung i.H.v. 1.238.533 €.

Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid durch Schreiben vom 30.06.2021 Einspruch ein, den der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 26.08.2021 als unbegründet zurückwies.

Die Klägerin hat durch Telefax vom 24.09.2021 Klage erhoben.

Zur Begründung trägt sie vor, dass die Steuer gemäß § 14 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes - GrEStG - erst bei Unterbleiben des Widerrufes ein Jahr vor Ablauf der Laufzeit des Erbbaurechts eintrete.

Die Auffassung des Beklagten, der von einer auflösenden Bedingung des Erbbaurechtes ausgehe, sei unzutreffend, da eine solche auflösende Bedingung gemäß § 1 Abs. 4 der Erbbaurechtsverordnung unzulässig sei.

Überdies sei auch der vom Beklagten angesetzte Vervielfältiger von 17,930 für eine Restlaufzeit von 80 Jahren unzutreffend. Dieser Vervielfältiger sei bei einer Restlaufzeit von 60 Jahren anzuwenden.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über Grunderwerbsteuer vom 10.06.2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.08.2021 ersatzlos aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor, dass sich die Klägerin nicht auf § 14 GrEStG berufen könne. Die Wirksamkeit des Erbbaurechtsvertrages in Gestalt der Änderung laut der Urkunde vom 19.04.2021 sei weder vom Eintritt einer Bedingung abhängig, noch bedürfe der Erwerbsvorgang einer Genehmigung. Vielmehr solle sich das Erbbaurecht automatisch sechsmal um jeweils zehn Jahre verlängern, wenn nicht der Erbbauberechtigte mit einer Frist von einem Jahr zum Ablauf des jeweiligen Zehnjahreszeitraums widerspreche.

Die Klägerin verkenne, dass die von ihr zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes - BGH - (Urteil vom 14.07.1969 V ZR 122/66, Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen - BGHZ - 52, 269) sich zum Verbot einer auflösenden Bedingung nicht auf das Verpflichtungsgeschäft, sondern das Erfüllungsgeschäft beziehe. Das für den Eintritt der jeweiligen Verlängerung, also das dingliche Verfügungsgeschäft, eine Grundbuchberich...

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