vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlöschen der Schenkungsteuer bei Zahlung durch Gesamtschuldner – Personenbezogene Wirkung der Aufhebung des Bescheides und der Erstattung – Anwendbarkeit des § 175 Abs. 1 Satz 2 AO auf Erstbescheide – Beschränkung des Steuergegenstandes auf die erlangten Nutzungen – Einordnung des § 29 Abs. 2 ErbStG als Erwerbstatbestand – Abzug von Kosten zur Erlangung und Sicherung einer Schenkung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Mit der Zahlung der Schenkungsteuer durch den Schenker als Gesamtschuldner erlischt die Steuer auch gegenüber dem Bedachten.
  2. Wird der Bescheid über die Festsetzung der Schenkungsteuer gegenüber dem Schenker aufgehoben und die von ihm gezahlte Schenkungsteuer an diesen erstattet, lebt die durch Zahlung erloschene Steuer gegenüber dem Bedachten nicht wieder auf und kann daher ihm gegenüber auch nicht festgesetzt werden (vgl. zur umgekehrten Konstellation: BFH-Urteil vom 29. Februar 2012 - II R 19/10, BFHE 237, 188, BStBl II 2012, 489).
  3. § 29 Abs. 2 ErbStG beinhaltet keinen neuen Erwerbstatbestand, sondern führt lediglich dazu, dass die ursprünglich entstandene Steuer nicht in voller Höhe erlischt, soweit ein Geschenk herausgegeben werden musste, dem Bedachten aber die Nutzungen (hier: eines GmbH-Anteils) zugestanden haben.
  4. Die Korrekturvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 2 AO (Änderung bei Eintritt eines rückwirkenden Ereignisses) ist auf Erstbescheide nur dann anwendbar, wenn der Besteuerungstatbestand erst aufgrund des rückwirkenden Ereignisses verwirklicht wird.
  5. Rechts- und Beratungskosten zur Erlangung und Sicherung einer Schenkung sind in entsprechender Anwendung des § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG als Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigungsfähig.
  6. Dies gilt auch in dem Fall, dass der Bedachte die Kosten aufwendet, um sich gegen die Rückübertragung der Schenkung zu verteidigen und zumindest die die Nutzungen im Zeitraum der Inhaberschaft zu behalten.
 

Normenkette

ErbStG § 1 Abs. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1, Abs. 6 S. 1, § 20 Abs. 1 S. 1, § 29 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2; AO § 44 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Sätze 1, 3, §§ 47, 169 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 170 Abs. 1, 5 Nr. 2, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2

 

Streitjahr(e)

2006, 2007

 

Tatbestand

Der Kläger ist der Sohn des mittlerweile verstorbenen Schenkers A.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 28. Dezember 2006 übertrug A dem Kläger unentgeltlich 24,5 % der Anteile an der B GmbH im Nennwert von 122.500 €. In dem Vertrag wurde außerdem geregelt, dass A die Schenkungsteuer tragen solle. Am 3. Januar 2007 übermittelte das Notariat dem Beklagten den Vertrag vom 28. Dezember 2006. Nach Abgabe einer Schenkungsteuererklärung durch A erließ der Beklagte diesem gegenüber unter dem 25. Oktober 2007, geändert unter dem 19. November 2007 und unter dem 29. Juli 2008 einen Schenkungsteuerbescheid über den Erwerb des Klägers aus der Schenkung vom 28. Dezember 2006, in dem er den Wert des Erwerbs zuletzt mit 938.795 € zuzüglich einer Vorschenkung von 200.000 € und unter Berücksichtigung eines Freibetrags für begünstigtes Betriebsvermögen erfasste und die Schenkungsteuer auf 99.550 € festsetzte. Der Wert des Erwerbs ohne übernommene Schenkungsteuer betrage entsprechend der Steuererklärung des Klägers 866.075 €. A bezahlte die festgesetzte Schenkungsteuer in voller Höhe.

Darüber hinaus übertrug A dem Kläger mit notariell beurkundetem Vertrag vom 20. November 2007 unentgeltlich weitere 12,94 % der Anteile an der B GmbH im Nennwert von 64.700 €. Anfallende Schenkungsteuer trage der Kläger selbst. Der Vertrag vom 20. November 2007 wurde dem Beklagten durch das Notariat am 23. November 2007 übermittelt. Eine Schenkungsteuererklärung forderte der Beklagte zunächst nicht an und zog zunächst auch sonst keine steuerlichen Folgen aus diesem Sachverhalt.

In der Folgezeit kam es zu Rechtsstreitigkeiten zwischen A und dem Kläger. A versuchte, die an den Kläger übertragenen Anteile an der B GmbH wegen groben Undanks und aufgrund vertraglicher Regelungen zurückzuerhalten. Zur Beendigung der Streitigkeiten schlossen u.a. der Kläger und A unter dem 1./2. Juli 2009 einen schiedsgerichtlichen Vergleich. Die Gesellschafterversammlung der B GmbH beschloss darin eine disquotale Gewinnausschüttung an den Kläger in Höhe von 1.250.000 € für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2008. Der Kläger trat daraufhin sämtliche von ihm gehaltenen Anteile an der B GmbH „zum Zwecke und in Erfüllung seiner gesetzlichen Rückabwicklungspflichten aus den Verträgen vom 28. Dezember 2006 und 20. November 2007” an A ab. Im Rahmen der Gewinnausschüttung wurden Kapitalertragsteuer in Höhe von 312.500 € und Solidaritätszuschlag in Höhe von 17.187,50 € einbehalten.

Am 29. Dezember 2009 informierte A den Beklagten über die Schiedsvereinbarung und beantragte die Aufhebung des Bescheids vom 29. Juli 2008. Unter dem 26. April 2013 hob der Beklagte den Schenkungsteuerbescheid gegen A vom 29. Juli 20...

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