rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtigkeit eines als „Einspruchsentscheidung” bezeichneten (Insovenz-)Feststellungsbescheides

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Wird das Einspruchsverfahren gegen eine Steuerfestsetzung durch die Insolvenzeröffnung unterbrochen, kann ein in Gestalt einer Einspruchsentscheidung ergehender Insolvenzfeststellungsbescheid die das Einspruchsverfahren abschließende Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung nicht ersetzen.
  2. Eine derartige Einspruchsentscheidung leidet mangels einer auf die anhängigen Einsprüche bezogenen Entscheidungsformel an einem besonders schwerwiegenden und offenkundigen Fehler, der zu ihrer Nichtigkeit führt.
 

Normenkette

AO §§ 125, 251 Abs. 3, § 347 Abs. 1 Nr. 1, § 348 Nr. 1; InsO § 179 Abs. 1-2, § 180 Abs. 2, § 185

 

Streitjahr(e)

2001

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.02.2005; Aktenzeichen VII R 63/03)

 

Tatbestand

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der A GmbH. Gegen die Körperschaftsteuerbescheide 1993 bis 1999 vom 01.08. bzw. 08.08.2000 legte die A GmbH am 08.08. bzw. 14.08.2000 Einspruch ein. Am 18.04.2001 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A GmbH eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde der Kläger bestellt. Im Termin zur Prüfung der angemeldeten Forderung am 13.07.2001 bestritt der Kläger die von dem Beklagten angemeldeten Forderung u.a. aus den Körperschaftsteuerbescheiden 1993 bis 1999. Daraufhin erließ der Beklagte unter dem 20.08.2001 einen mit „Einspruchsentscheidung” überschriebenen Verwaltungsakt in dem es u.a. heißt:

„In der o.g. Einspruchssache wird wie folgt entschieden:

Die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochenen Einspruchsverfahren werden, nachdem die angemeldeten Forderungen im Prüfungstermin vom Insolvenzverwalter bestritten worden sind, aufgenommen und in das Feststellungsverfahren übergeleitet (§§ 179 Abs. 1 und 2, 180 Abs. 2, 185 Insolvenzordnung).

Die angemeldeten Forderungen werden gem. § 251 Abs. 3 Abgabenordnung - AO - wie folgt als Insolvenzforderungen festgestellt: ...”

Die Rechtsbehelfsbelehrung des Verwaltungsaktes vom 20.08.2001 weist auf die Möglichkeit zur Klageerhebung gegen diese Entscheidung hin. Der Verwaltungsakt vom 20.08.2001 wurde am 23.10.2001 von dem Beklagten erneut zur Post gegeben, nachdem die erste Zusendung mit einfachem Brief den Kläger nicht erreicht hatte.

Unter dem 23.11.2001 legte der Kläger gegen den Feststellungsbescheid vom 20.08.2001, zugegangen am 25.10.2001, Einspruch ein. Der Beklagte verwarf mit Einspruchsentscheidung vom 11.12.2001 diesen Einspruch als unzulässig. Zur Begründung wies der Beklagte darauf hin, dass § 348 Nr. 1 AO einen erneuten Einspruch gegen eine Einspruchsentscheidung ausschließe. Die mit Einspruchsentscheidung vom 20.08.2001 als Insolvenzforderungen festgestellten Ansprüche seien daher mangels erhobener Klage formell bestandskräftig geworden.

Dagegen wendet sich der Kläger mit vorliegender Klage. Er ist der Ansicht, der zulässige Rechtsbehelf gegen die Entscheidung vom 20.08.2001 sei der Einspruch gewesen. Die Einspruchsentscheidung vom 20.08.2001 sei gem. § 125 AO nichtig, denn das durch die Insolvenzeröffnung unterbrochene Rechtsmittelverfahren könne nicht mit einer Einspruchsentscheidung wieder aufgenommen werden.

Der Kläger beantragt,

die Einspruchsentscheidung vom 11.12.2001 aufzuheben und festzustellen, dass die zu Grunde liegende Einspruchsentscheidung vom 20.08.2001, zugestellt am 25.10.2001, nichtig ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Er ist der Ansicht, der Kläger habe versäumt, den vorgegebenen Rechtsweg gegen die Entscheidung vom 20.08.2001 zu beschreiten. Der Beklagte habe das Einspruchsverfahren zu Recht in das Feststellungsverfahren gem. § 251 Abs. 3 AO übergeleitet. Für den Fall, dass zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits ein Rechtsstreit über die Forderung anhängig war, sei die Feststellung durch die Aufnahme des Rechtsstreits zu betreiben. Die Einspruchsentscheidung vom 20.08.2001 sei demnach weder nichtig noch rechtswidrig. Letztlich sei der Kläger auch in keiner Weise auf die materiellrechtlichen Würdigungen im Einspruchsverfahren eingegangen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Einspruchsentscheidung vom 11.12.2001 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, denn sie weist den Einspruch des Klägers vom 23.11.2001 gegen den am 23.10.2001 zu Post gegebenen Feststellungsbescheid vom 20.08.2001 zu Unrecht als unzulässig zurück. Die Einspruchsentscheidung vom 20.08.2001 ist nichtig, weil sie keine Entscheidung über die Einsprüche vom 08.08. bzw. 14.08.2000 trifft und daher an einem besonders schwerwiegenden und offenkundigen Fehler leidet.

Der Einspruch des Klägers gegen den Feststellungsbescheid gem. § 251 Abs. 3 AO vom 20.08.2001 war zulässig. Entgegen der Rechtsbehelfsbelehrung des Beklagten war der Kläger nicht gehalten, den Feststellungsbescheid mit einer Klage anzufechten. Dem Kläger stand vielmehr ...

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