Entscheidungsstichwort (Thema)

Einordnung der Tätigkeit einer Moderatorin für einen Verkaufssender als Freiberuflerin

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die zu Werbezwecken ausgeübte Tätigkeit der Moderatorin eines Verkaufssenders erreicht nicht die für eine künstlerische freiberufliche Tätigkeit erforderliche Gestaltungshöhe und ist daher als gewerblich einzustufen, wenn die den Interessen und Zielen ihres Auftraggebers geschuldeten Bindungen durch Produkt und Gebrauchszweck die eigenständig gestalteten und durchaus eine gewisse Kreativität widerspiegelnden Auftritte so deutlich prägen, dass keine abstrakte künstlerische Aussage erkennbar wird.
  2. Die den Werbezwecken dienenden Auftritte können auch nicht im Hinblick auf schauspielerische Leistungen als künstlerische Tätigkeit eingeordnet werden, wenn ihnen aufgrund der im Vordergrund stehenden sachlichen Informationen zum Produkt die erforderliche Gestaltungs- und Abstraktionshöhe fehlt.
 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; GewStG § 2 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2004, 2005, 2006

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 22.11.2007; Aktenzeichen XI B 15/07)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin als Freiberuflerin (Künstlerin) i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 des EinkommensteuergesetzesEStG – angesehen werden kann oder ob ihre Einkünfte der Gewerbesteuer unterliegen.

Die Klägerin ist als Moderatorin für den Verkaufssender „A” tätig. Der Vertrag mit der „A” Handel GmbH sieht vor, dass die Klägerin freiberuflich als Präsentatorin arbeitet. Die Tätigkeit umfasst die Präsentation bzw. Demonstration von verschiedenen Produkten bei Live-Shows des Auftraggebers. Die Klägerin unterliegt bei Durchführung der Tätigkeit keinen weiteren Weisungen des Auftraggebers. Das Honorar wird nicht erfolgsabhängig, sondern auf Stundenbasis bemessen.

Der Beklagte ordnete die Einkünfte der Klägerin – wie bereits seit mehreren Vorjahren, damals indes wegen Unterschreitens der Freibeträge ohne steuerliche Auswirkung – als der Gewerbesteuer unterliegende Einkünfte ein. Gegen den Gewerbesteuermessbescheid 2004 vom 08. 06. 2006 und die Ablehnung der Herabsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für Vorauszahlungszwecke 2006 vom 13. 06. 2006 legte die Klägerin Einsprüche ein und machte geltend, sie sei künstlerisch tätig. Insbesondere sei sie keine „Produktanpreiserin”, sondern die Gesprächspartnerin des jeweiligen Anpreisers. Sie habe schauspielerische Leistungen zu erbringen. Sämtliche Auftritte seien Ausdruck einer eigenschöpferischen Leistung; in Art und Gestaltung der Präsentation sei sie völlig frei. Der Aufforderung des Beklagten, Ausbildung und beruflichen Werdegang darzulegen, die monatlichen Abrechnungen mit dem Auftraggeber zu übersenden und Demonstrationsmaterial zu den Fernsehsendungen einzureichen, kam die Klägerin nicht nach. Mit Entscheidung vom 17. 08. 2006 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Das Anpreisen von Produkten im Rahmen einer Fernsehwerbung stelle nur dann eine eigenschöpferische Leistung von künstlerischem Rang dar, wenn der Moderator eine größere Rolle zu verkörpern habe, die einer schauspielerischen oder sonstigen künstlerischen Leistung vergleichbar sei. Diese Voraussetzungen seien indes nach Aktenlage nicht feststellbar.

Hiergegen richtet sich die Klage, zu deren Begründung die Klägerin ergänzt: Der Beklagte verkenne, dass neben zweckfreier Kunst auch Gebrauchskunst als Kunst anerkannt werden könne. Die Verfolgung von Werbezwecken sei unschädlich; entscheidend sei das „Wie”, nicht das „Wofür”. Wenn eine Tätigkeit im Einzelfall als Kunst eingestuft werde, dürfe die Finanzbehörde oder das Gericht nicht zusätzlich darauf abstellen, ob ein bestimmtes künstlerisches Niveau erreicht sei. Die Vorgaben ihres Auftraggebers beschränkten sich auf die Angabe des zu präsentierenden Produktes; zwischenzeitlich gehörten rd. 120 verschiedene Produkte zu ihrem Repertoire. Sie sei sowohl wegen ihrer schauspielerischen Leistungen als auch wegen der eigenständig recherchierten Produktinformationen sowie der eigenschöpferisch verfassten Texte und Moderationen künstlerisch tätig. In den Sendungen sei sie Gesprächspartnerin eines bei „A” angestellten, auf Provisionsbasis arbeitenden Verkäufers, der mit Anpreisungen und Fragen durch die Sendung führe; sie selbst sei nicht in den Verkauf eingebunden. Zudem verfüge sie über eine 25jährige Berufserfahrung als Fernsehmoderatorin.

Die Klägerin beantragt,

den Gewerbesteuermessbescheid 2004 vom 08. 06. 2006 und den Bescheid über die Ablehnung der Herabsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für Vorauszahlungszwecke ab 2006 vom 13. 06. 2006, jeweils in Gestalt der Einspruchentscheidung vom 17. 08. 2006, ersatzlos aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung Augenscheinsbeweis erhoben durch Abspielen der beiden von der Klägerin eingereichten Videokassetten, die Ausschnitte aus Verkaufssendungen enthalten.

Hinsichtlich der Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Klagevorbringen de...

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