vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Schuldbeitritt und Zahlung der Einfuhrabgaben durch Zolldienstleister

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Verpflichtet sich ein Zolldienstleister als Vertreter des Abgabenschuldners, Einfuhrabgaben, für die ihm Zahlungsaufschub gewährt worden ist, zum Fälligkeitstag für den Abgabenschuldner zu entrichten, ist dies als Schuldbeitritt und nicht als bloße Erfüllungsübernahme auszulegen.
  2. Die Rückzahlung der Einfuhrabgaben zur Masse nach Insolvenz des Zolldienstleisters führt nur dann zum Wiederaufleben des Anspruchs gegenüber dem Abgabenschuldner, wenn ein Anfechtungsanspruch gegenüber dem HZA rechtlich bestanden hat.
  3. Aufgrund des Schuldbeitritts ist das HZA als Insolvenzgläubiger im Sinne des § 131 Abs. 1 InsO anzusehen.
  4. Über das Wiederaufleben der Abgabenforderungen kann das HZA durch Abrechnungsbescheid entscheiden (entgegen FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.12.2018 - 9 K 9117/16, EFG 2019, 674).
 

Normenkette

UZK Art. 5 Nr. 20, Art. 18 Abs. 1, Art. 109 Abs. 2, Art. 110 Buchst. b, Art. 124 Abs. 1 Buchst. b; InsO § 129 Abs. 1, § 131 Abs. 1 Nrn. 1-2, § 144 Abs. 1; AO § 3 Abs. 3 S. 1, § 37 Abs. 1, § 48 Abs. 2, § 218 Abs. 2 S. 1; BGB § 267 Abs. 1 S. 1, § 329

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.12.2021; Aktenzeichen VII R 61/20)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Abgabenforderungen des beklagten Hauptzollamts (HZA) gegen die Klägerin infolge Anfechtung wiederaufgelebt sind (§ 144 Abs. 1 der Insolvenzordnung - InsO).

Das HZA bewilligte der E GmbH, einen Zahlungsaufschub nach Art. 110 Buchstabe b des Unionszollkodex (UZK). Die E GmbH verfügte über zwei Aufschubkonten, eines für Einfuhrumsatzsteuer und ein anderes für Einfuhrzölle. Die während eines Kalendermonats von der Zollstelle buchmäßig erfassten und aufgeschobenen Abgabenbeträge waren jeweils spätestens am 16. des Folgemonats zu entrichten. In dem Antrag zur Erteilung der Bewilligung heißt es unter der Überschrift ”14. bei Zahlungsaufschub für fremde Abgabenschulden“ u.a.:

”Sie verpflichten sich damit unwiderruflich, die jeweils angeschrieben Beträge spätestens zum Fälligkeitstag für die Abgabenschuldner zu entrichten.…Bei verspäteter Zahlung werden Sie Verzugszinsen nach Art. 114 Abs. 1 UZK entrichten.“

Die durch die E GmbH direkt vertretene Klägerin meldete die Überführung von Waren in den zollrechtlich freien Verkehr an und beantragte jeweils, für die entstandenen Einfuhrabgaben die der E GmbH bewilligten Zahlungsaufschübe in Anspruch zu nehmen. Sie überwies die Einfuhrabgaben auf das Geschäftskonto der E GmbH.

Die E GmbH konnte die fälligen Beträge ab Januar 2015 nicht mehr fristgerecht zahlen. Mit Schreiben vom 07. und 30.01.2015 drohte das HZA Zwangsvollstreckungsmaßnahmen an, sperrte das Aufschubkonto und drohte den Widerruf der Bewilligung des Zahlungsaufschubs an.

Der Geschäftsführer der E GmbH beantragte in 2015 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft. In dem Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der E GmbH bestellte das Amtsgericht in 2015 einen vorläufigen Insolvenzverwalter. Es eröffnete das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung.

Der Insolvenzverwalter focht mit Schreiben vom 21.08.2017 die Zahlungen von Einfuhrzöllen und Einfuhrumsatzsteuer der E GmbH an das beklagte HZA gem. §§ 129 Abs. 1, 131 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO, gem. §§ 129 Abs. 1, 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO und gem. §§ 129 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO an.

Hinsichtlich der Anfechtung nach § 131 InsO vertrat er die Auffassung, dass die Schuldnerin aufgrund der Schreiben des HZA vom 07.01. und 30.01.2015 alle Zahlungen ab dem 07.01.2015 zur Abwendung der Zwangsvollstreckung und zur Entsperrung des Aufschubkontos geleistet habe. Das HZA habe insoweit inkongruente Deckungen erhalten. Durch die Zahlungen, die von einem kreditorischen Konto getätigt worden seien, sei die Aktivmasse verkürzt worden. Dadurch sei eine Gläubigerbenachteiligung eingetreten.

Das HZA gewährte zunäch ....... € zur Insolvenzmasse zurück. Es erkannte insofern einen Anfechtungsanspruch nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO hinsichtlich der Zahlungen, die innerhalb eines Monats vor Antragstellung, mithin ab dem 16.02.2015, erfolgt waren, an.

Mit Schreiben vom 05.06.2018 an den Insolvenzverwalter erkannte das HZA die Anfechtung in Höhe von weiteren ..... € an, weil es nunmehr - wie der Insolvenzverwalter - davon ausging, dass die E GmbH bereits am 16.01.2015 zahlungsunfähig gewesen sei, und gewährte den entsprechenden Betrag zur Insolvenzmasse zurück. Der Anfechtung nach § 133 InsO trat es weiterhin entgegen.

Am 31.10.2018 forderte das HZA die Klägerin mit einem als ”Zahlungsaufforderung“ bezeichneten Bescheid zur Zahlung von Einfuhrzoll und Einfuhrumsatzsteuer aus im Einzelnen bezeichneten Anmeldungen auf. Zur Begründung führte das HZA aus, dass der Aufschubnehmer die fälligen Abgaben nicht entrichtet habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kopie des Bescheides (Heft I Bl. 6-8 des Einspruchsvor...

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