Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit des Nachweises eines den festgestellten Grundbesitzwert unterschreitenden gemeinen Werts eines unbebauten Grundstücks durch ein nicht von den Bodenrichtwerten zum 1.1.1996 ausgehendes Gutachten

 

Leitsatz (redaktionell)

Der nach § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG (in der vor dem 1.1.2007 gültigen Fassung) mögliche Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts eines unbebauten Grundstücks kann für einen vor dem 1.1.2007 liegenden Bewertungsstichtag nicht durch ein Sachverständigengutachten erbracht werden, das nicht von den maßgeblichen Bodenrichtwerten zum 1.1.1996, sondern von den niedrigeren Bodenrichtwerten am Bewertungsstichtag (im Streitfall: 31.12.1998) ausgeht.

 

Normenkette

BewG 1991 § 138 Abs. 1 S. 2, Abs. 3-4, § 145 Abs. 3 Sätze 1-3, § 9 Abs. 2 S. 1; ErbStG § 9 Abs. 1 Nr. 1; AO § 38; WertV §§ 7, 13

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.05.2010; Aktenzeichen II R 25/09)

BFH (Beschluss vom 30.03.2009; Aktenzeichen II B 168/08)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

 

Tatbestand

Streitig ist der Grundbesitzwert eines unbebauten Grundstücks.

Durch Erbfall nach ihrem am 8. August 1999 verstorbenen Ehemann erwarb die Klägerin einen Anteil zu 25 v.H. an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die das unbebaute Grundstück in S., Flur …, Flurstücke Nr. … hält.

Der Beklagte erließ am 23. Mai 2001 einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundstückwerts zum 8. August 1999 für das Flurstück … (Az. …) und einen für die Flurstücke … und … (Az. …). Abweichend von der Steuererklärung der Klägerin nahm er einen Bodenrichtwert von 30 DM pro Quadratmeter an.

Den Einspruch zum Az. … wies der Beklagte zurück.

Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben. Zum Beweis des von ihr begehrten Ansatzes eines niedrigeren Bodenrichtwertes hat sie ein auf den 8. August 1999 erstelltes Gutachten des für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken öffentlich bestellten und beeidigten Sachverständigen Dipl.-Ing. K. vorgelegt. Dieser hat einen Quadratmeterpreis von 16 DM ermittelt. Ausgehend von einem Bodenrichtwert zum 31. Dezember 1998 von 20 DM pro Quadratmeter hat er jeweils 10-prozentige Abschläge wegen Grundstücksneuordnung und der Unwägbarkeit wegen Vorkaufs-/und Rückkaufsrecht vorgenommen. Auf die Gesamtgrundstücksgröße (inkl. Flurstück Nr. …) von 20.884 m² angewandt, bedeutet dies einen Verkehrswert von rund 334.000 DM (170.771,49 EUR).

Der Abschlag wegen Grundstücksneuordnung berücksichtige die Aufwendungen, die ein Erwerber hätte, welcher infolge der Größe des Grundstücks eine Trennung vornehmen lassen müsste. Der weitere Abschlag sei zwingend erforderlich, denn nach der allgemeinen Lebenserfahrung mindere eine Rückauflassungsvormerkung oder ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht den Wert des Grundstücks.

Die Klägerin beantragt,

den Grundstückswert zum 8. August 1999 für das unbebaute Grundstück S. (Flur …, Flurstücke … und …) abweichend von dem Bescheid vom 23. Mai 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Dezember 2001 auf 85.900 EUR (168.000 DM) festzustellen und diesen Wert der Klägerin zu einem Viertel zuzurechnen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Gutachten könne nicht berücksichtigt werden, weil es Mängel enthalte. Nach der gesetzlichen Regelung sei der Bodenrichtwert zum 1. Januar 1996 anzusetzen. Abschläge seien keine zu berücksichtigen. Das Gewerbegebiet „…” sei 1992 seitens der Gemeinde S. voll erschlossen worden. In diesem Zusammenhang sei die Vermessung und die Errichtung der Erschließungsanlagen, wie Straßenbau, Anschluss an das öffentliche Ver- und Entsorgungsnetz, wie Wasser, Abwasser, E-Anschluss und Telefon erfolgt. Der Abschlag wegen Unwägbarkeit eines Vorkaufs/Rückkaufsrechtes sei ebenfalls nicht gerechtfertigt. Grundsätzlich bestünde laut Grundstücksverkehrsordnung nach § 24 Baugesetzbuch ein Vorkaufsrecht für die Gemeinde. Nach Rücksprache mit der Gemeinde S., Abt. Liegenschaften, würde dieses aufgrund der Finanzsituation nicht in Betracht gezogen. Im allgemeinen Geschäftsverkehr wirke ein Vorkaufsrecht für einen Dritten nicht wertmindernd, denn im Falle des Verkaufs sei bereits ein Käufer vorhanden und es könnten sich Kosten im Zusammenhang mit einer Veräußerung, wie z. B. Maklercourtage einsparen lassen.

Die Verwaltungsakten haben dem Gericht vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die vom Beklagten im Bescheid vom 23. Mai 2001 durchgeführte Bewertung des unbebauten Grundstücks S. (Flur …, Flurstücke … und …) ist zutreffend.

Für die Erbschaft und Schenkungssteuer sind seit 1. Januar 1996 nicht mehr die nach den Wertverhältnissen auf den 01.01.1964 festgestellten Einheitswerte maßgeblich, sondern gesondert festzustellende und nach §§ 139, 145-150 Bewertungsgesetz zu ermittelnde Grundstückswerte. Diese sind gemäß § 138 Abs. 1 Satz 2 Bewertungsgesetz a.F. (BewG) unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse im Besteuerungszeitpunkt und der Wertverhältnisse zum 1. Januar 1996 festz...

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