Entscheidungsstichwort (Thema)

Anhörungsrüge gemäß § 133 a FGO und Ablehnungsgesuch gegen die Senatsmitglieder

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine pauschale Ablehnung eines ganzen Spruchkörpers ohne Angaben von ernstlichen Gründen in der Person des einzelnen Richters stellt einen Missbrauch des Ablehnungsrechts dar und ist daher unzulässig.

 

Normenkette

FGO § 133a

 

Tatbestand

Mit Schriftsatz vom 27. März 2006 hat der Antragsteller die sog. Anhörungsrüge gemäß § 133 a Finanzgerichtsordnung -FGO- gegen den unanfechtbaren Beschluss des erkennenden Senats vom 17. März 2006 erhoben, durch welchen der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bzw. Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen wurde. Zugleich hat der Antragsteller die Mitglieder des 6. Senats des Finanzgerichts Berlin, den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht B.... und die Richter am Finanzgericht C.... und D wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

Die Besorgnis der Befangenheit und die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör werden im Wesentlichen damit begründet, dass die Entscheidung des Senats im Beschluss vom 17. März 2006 falsch und rechtlich unhaltbar sei.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die am Beschluss vom 17. März 2006 beteiligten Richter B C.... und D.... wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen,

sowie

das Verfahren 6 B 6 188/05 gemäß § 133 a Abs. 1 FGO fortzuführen.

Der Antragsgegner hat keinen ausdrücklichen Antrag gestellt.

Wegen des zu beurteilenden Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Streitakte Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Das Ablehnungsgesuch und die Anhörungsrüge sind unzulässig; daher sind beide Anträge zurückzuweisen. Die abgelehnten Richter entscheiden selbst über das Ablehnungsgesuch, da dieses rechtsmissbräuchlich ist.

Hinsichtlich des Ablehnungsgesuchs ist schon zweifelhaft, ob dieses überhaupt statthaft ist, denn es wurde erst nach Abschluss des Verfahrens erhoben. Nach Beendigung der Instanz fehlt grundsätzlich das Rechtsschutzinteresse, weil sich die Ablehnung - selbst wenn sie begründet wäre - nicht mehr auf die Entscheidung des Gerichts auswirken könnte (vgl. BFH, Urteil vom 2. Juni 1978, III R 48/77, Bundessteuerblatt Teil II -BStBl II- 1978, 475, 476 unter 3.b) der Gründe).

Ausnahmsweise kann indes das Rechtsschutzbedürfnis für eine Richterablehnung auch nach Abschluss der Instanz gegeben sein, wenn nachträglich noch über besondere Anträge zu entscheiden ist (vgl. BFH, Beschluss vom 27. Juli 1992, VIII B 100/91, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 1993, 113). Im Streitfall kann der Senat es dahingestellt sein lassen, ob ein solcher Ausnahmefall gegeben ist, denn jedenfalls ist das Ablehnungsgesuch unzulässig.

Nach § 51 Abs. 1 FGO i.V.m. § 42 Abs. 1 und 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Gründe für ein solches Misstrauen sind gegeben, wenn ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger, objektiver Betrachtung davon ausgehen kann, dass der Richter nicht unvoreingenommen entscheiden wird. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Entscheidung wirklich von Voreingenommenheit beeinflusst ausfiele. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob der Beteiligte, der das Ablehnungsgesuch angebracht hat, von seinem Standpunkt aus bei Anlegung des angeführten objektiven Maßstabs Anlass hat, Voreingenommenheit zu befürchten (Beschlüsse des BFH vom 4. Juli 1985, V B 3/85, BStBl II 1985, 555, und vom 29. April 1988, VI B 47/87, BFH/NV 1988, 794).

Das Ablehnungsgesuch des Antragstellers richtet sich gegen alle Richter des erkennenden 6. Senats des Finanzgerichts Berlin. Eine solche pauschale Ablehnung eines ganzen Spruchkörpers ohne Angabe von ernstlichen Gründen in der Person des einzelnen Richters stellt einen Missbrauch des Ablehnungsrechts dar und ist daher unzulässig (BFH-Urteil vom 25. Oktober 1973, IV R 80/72, BStBl II 1974, 142; BFH-Beschluss vom 13. Februar 1986, VIII S 22/85, BFH/NV 1988, 779).

Die vom Antragsteller in Bezug auf einzelne Senatsmitglieder angeführten Umstände sind bei objektiver Betrachtung nicht geeignet, Anlass zu der behaupteten Befürchtung der Befangenheit zu geben, da sie keine ernstlichen Ablehnungsgründe darstellen.

Der Umstand, dass der Richter am Finanzgericht C.... bereits am 13. April 2005 ein Urteil im Klageverfahren der GbR E.... und A..., Grundstücksgesellschaft Berlin, zum Aktenzeichen 6 K 6489/03 gefällt hat, begründet ebenso wenig Zweifel an der Unvoreingenommenheit wie die im Verfahren 6 K 6489/03 am 27. Januar 2005 von den drei genannten Richtern beschlossene Übertragung des Rechtsstreits gemäß § 6 Abs. 1 FGO auf den Berichterstatter (C....) als Einzelrichter. Ebenso wenig ist nachvollziehbar, inwiefern die "erstaunlichen Feststellungen" im Urteil vom 13. April 2005 belegen sollen, dass die genannten Richter keinerlei Sachermittl...

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