Entscheidungsstichwort (Thema)

Konkludente Einwilligung des Finanzamts in die durch Übergang von einer Anfechtungsklage zur Nichtigkeits-Feststellungsklage bewirkte Klageänderung. Nichtigkeit der gesonderten und einheitlichen Feststellung verrechenbarer Verluste

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Erhebung einer Nichtigkeits-Feststellungsklage i.S.v. § 41 Abs. 2 S. 2 FGO gibt es keine gesetzlichen Fristen.

2. Lässt sich das Finanzamt in seiner Klageerwiderung rügelos auf den Übergang von einer Anfechtungsklage zu einer Nichtigkeits-Feststellungsklage ein, indem es beantragt, die Klage als unbegründet abzuweisen, liegt darin eine konkludente Einwilligung in die Klageänderung.

3. Ein Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung verrechenbarer Verluste i.S.d. § 15a Abs. 4 EStG ist nichtig, wenn er deshalb keinen klaren Ausspruch über die Feststellung des jeweils für den einzelnen Kommanditisten und für den betroffenen Bilanzstichtag verrechenbaren Verlustes nach § 15 a EStG enthält, weil die Anlage „ESt 1, 2, 3 B (V)”, auf die der Feststellungsbescheid verweist, nicht beiliegt, und in dem stattdessen beigefügten Auszug aus einem Betriebsprüfungsbericht die Nummerierung der Feststellungsbeteiligten nicht mit derjenigen im Feststellungsbescheid übereinstimmt.

 

Normenkette

FGO § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 2 S. 2, § 67; EStG 1990 § 15a Abs. 1, 4; AO § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 125 Abs. 1

 

Tenor

Es wird festgestellt, dass die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15 a Abs. 4 EStG zum 31. Dezember 1990 bis 31. Dezember 1992 vom 27. März 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. Dezember 2001 nichtig sind.

Die bis zum 7. Juni 2007 entstandenen Kosten des Verfahrens haben die Klägerinnen zu tragen, die danach entstandenen Kosten hat der Beklagte zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob Bescheide des Beklagten vom 27. März 2000 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften der Klägerin zu 1. für die Jahre 1990 bis 1992 gleichzeitig eine rechtsverbindliche Feststellung von verrechenbaren Verlusten im Sinne von § 15 a Abs. 4 EStG enthalten.

Bei der Klägerin zu 1. handelt es sich um eine im Jahr 1976 gegründete Kommanditgesellschaft, deren ursprünglicher Sitz sich in A. befand; im Jahr 1986 wurde der Sitz der Gesellschaft nach B. verlegt. Unternehmensgegenstand ist laut § 3 des Gesellschaftsvertrags vom 12. Mai 1976 der „Handel mit Baustoffen und die Errichtung, Nutzung und Verwaltung von Bauten”. Im Jahr 1976 erwarb die Klägerin zu 1. das Eigentum an Grundstücken in B., ließ darauf Gebäude mit insgesamt 25 Wohnungen errichten und schloss bezüglich dieser Wohnungen einen Generalmietvertrag mit einer … Immobilien-Vermietungs-GmbH mit Sitz in A. ab. In den Streitjahren 1990 bis 1992 erzielte die Klägerin zu 1. unstreitig Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i. S. von § 21 EStG.

Persönlich haftender Gesellschafter (Komplementärin) war in den Streitjahren bis zu seinem Tod am 19. November 1993 der Kaufmann K. aus C.. Das Kommanditkapital betrug … DM und wurde von einer Mehrzahl natürlicher Personen, darunter auch von der Klägerin zu 2. sowie den Beigeladenen zu 1. bis 3., als Kommanditisten gehalten.

Die Klägerin zu 1. ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (Bilanzierung) gemäß §§ 4 Abs. 1 und 5 EStG.

Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen – F-Bescheide – für die Streitjahre 1990 bis 1992 wurden vom seinerzeit zuständigen Finanzamt – FA – … zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der AbgabenordnungAO 1977 – erlassen.

Im Zeitraum April 1996 bis September 1998 führte der mittlerweile für die Besteuerung der Klägerin zu 1. zuständig gewordene Beklagte eine Außenprüfung bezüglich der Jahre 1987 bis 1993 durch (vgl. Bericht vom 18. September 1998). Der Außenprüfer war der Auffassung, dass die Übernahme negativer Kapitalkonten von ausgeschiedenen Kommanditisten durch die erwerbenden Gesellschafter bei einer Personengesellschaft, die – wie die Klägerin – Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erziele, im Gegensatz zur Situation bei gewerblich tätigen Personengesellschaften nicht zu (abschreibungsfähigen) Anschaffungskosten der Erwerber führe. Dementsprechend ermittelte der Außenprüfer die Anschaffungskosten der von verschiedenen Gesellschaftern hinzu erworbenen Kommanditanteile unter Außerachtlassung der übernommenen negativen Kapitalkonten und bloßer Berücksichtigung der darüber hinausgehenden Kaufpreiszahlungen. Auf diese Weise ergab sich für die Klägerin zu 2. zu allen drei Bilanzstichtagen ein negatives Kapitalkonto i. S. von § 15a Abs. 1 EStG.

Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Außenprüfers an und erließ am 27. März 2000 nach § 164 Abs. 2 AO 1977 geänderte Einkünftefeststellungsbescheide für die Streitjahre 1990 bis 1992. Darin gibt es jeweils im Abschnitt „Feststellung der Besteuerungsgrundlagen” unter den „Einkünft...

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