Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbliche Einkünfte einer GbR aus der Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft luxemburgischen Rechts, die Gold an- und verkauft. kein Wahlrecht der GbR zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG bei Buchführung und Bilanzierung der luxemburgischen Gesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Beteiligt sich eine GbR, die keine eigene originär gewerbliche Tätigkeit ausübt, an einer Kommanditgesellschaft luxemburgischen Rechts (S.e.c.s., Société en Commandite simple), deren Zweck u. a. der Ankauf und Verkauf von Gold und Edelmetallen ist, so erzielt sie aus dem von der S.e.c.s. betriebenen An- und Verkauf von physischem Gold „Goldfinger-Modell”) gewerbliche Einkünfte, wenn die gegen die Annahme gewerblicher Einkünfte sprechenden Gesichtspunkte (geringe Zahl von Transaktionen, im Wesentlichen ein Geschäftspartner) gegenüber den für die Annahme gewerblicher Einkünfte sprechenden Faktoren (kurzfristige Veräußerungen, hoher Anteil von Fremdfinanzierung) unter Berücksichtigung der auch mit gewerblichen Einkünften einhergehenden Aspekten (Nutzung professionellen Know-Hows und professioneller Handelsinstrumente, hohe Volumina) zurücktreten.

2. Hat die S.e.c.s. (ggf. in Befolgung ihrer auf ausländischem Recht beruhenden Buchführungspflicht) Bücher geführt und eine Bilanz aufgestellt, die auch zur Grundlage zur Gewinnermittlung durch die luxemburgischen Steuerbehörden wurde, so ist auch die Höhe des nach Doppelbesteuerungsabkommen in Deutschland steuerfreien, aber im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigenden Gewinnanteils der GbR nach § 4 Abs. 1 EStG und nicht nach § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln (Abgrenzung zur BFH-Rspr.); das gilt jedenfalls dann, wenn keine nennenswerten Korrekturen zur Überleitung des luxemburgischen Gewinnermittlungsergebnisses in das deutsche Besteuerungsverfahren erforderlich sind.

3. Das Wahlrecht nach § 4 Abs. 3 S. 1 EStG ist auch dann ausgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige – aus welchen Gründen auch immer – Bücher führt und Abschlüsse aufstellt; insoweit liegt kein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit vor.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 4 Abs. 1, 3 S. 1; AO § 180 Abs. 5 Nr. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.04.2021; Aktenzeichen IV R 20/17)

 

Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung vom 23.02.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.09.2014 verpflichtet, die laufenden gewerblichen Einkünfte der Klägerin in 2009 in Höhe von –2.561,04 EUR festzustellen und sie in Höhe von –1.357,34 EUR dem Beigeladenen zu 1. und in Höhe von–1.203,69 EUR dem Beigeladenen zu 2. zuzurechnen, ferner die nach dem DBA H… steuerfreien und dem Progressionsvorbehalt unterliegenden gewerblichen Einkünfte auf –69.617,50 EUR festzustellen und in Höhe von – 36.897,28 EUR dem Beigeladenen zu 1. und in Höhe von –32.720,23 EUR dem Beigeladenen zu 2. zuzurechnen,

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin und der Beklagte streiten darum, ob die Klägerin im Streitjahr Einkünfte i.S. des Einkommensteuergesetzes –EStG– erzielt hat und ggf. in welcher Höhe.

Die Beigeladenen schlossen am 09.11.2009 einen Vertrag über die Gründung der Klägerin. Danach ist Zweck der Klägerin der Erwerb, das Halten, die Verwaltung und das Veräußern von Beteiligungen. Auch sei Zweck der Gesellschaft der Erwerb, die Verwaltung, das Halten und die laufende Umschichtung (Veräußerung) von Edelmetallen und einzelnen Finanzinstrumenten gemäß § 1 Abs. 11 KWG. Sie vereinbarten Einlagen in Höhe von 1.325.000,– EUR (= 53 %) für den Beigeladenen zu 1. und 1.175.000,– EUR (= 47 %) für den Beigeladenen zu 2., ferner, dass Gewinne und Verluste durch Einnahme-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln seien. Beide Gesellschafter wurden ermächtigt, jeweils einzeln die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft zu übernehmen (mit Ausnahme von Verfügungen über Konten und Depots der Gesellschaft, die die Beigeladenen nur gemeinsam ausführen durften).

Am 03.12.2009 gründete die Klägerin als Kommanditistin mit der D… S. à. R. l. als Komplementärin eine Kommanditgesellschaft luxemburgischen Rechts, die E… S.e.c.s., Société en Commandite simple. Zweck dieser Gesellschaft war der Ankauf und Verkauf von Gold und Edelmetallen, Spot und Termingeschäften sowie von Derivaten. Das Gesellschaftskapital betrug 1.001,– EUR, wovon die Klägerin 1.000,– EUR hielt und die D… S. à. R. l.1,– EUR. Darüber hinaus haftete die Klägerin mit ihrer Haftsumme von 12,5 Mio. EUR. Die E… S.e.c.s., Société en Commandite simple wurde durch die D… S. à. R. l. als Geschäftsführerin vertreten und residierte unter derselben Anschrift in H… wie die D… S. à. R. l.. Die Klägerin leistete eine Einlage in die E… S.e.c.s., Société en Commandite simple in Höhe von 2,5 Mio. EUR (Bl. 47 f. Gerichtsakte –GA–, B...

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