Entscheidungsstichwort (Thema)

Anschaffungskosten einer GmbH-Beteiligung bei Gewährung einer Leibrente

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Werden GmbH-Anteile gegen eine Leibrente erworben, ist als Anschaffungskosten für die GmbH-Anteile der Betrag anzusetzen, der dem nach § 14 BewG ermittelten, kapitalisierten Barwert der Rentenverpflichtung zum Zeitpunkt des Erwerbs entspricht.

2. Die geschätzen Anschaffungskosten bleiben davon unberührt, ob der Berechtigte länger lebt als erwartet oder eher stirbt.

3. Offen bleiben kann im Streitfall, ob, wenn der Empfänger der Leibrente die voraussichtliche Laufzeit der Rente überlebt, die Rentenzahlungen ab diesem Zeitpunkt in vollem Umfang als Ertrag des Rentenstammrechts außerhalb einer Kapitalrückzahlung anzusehen ist und damit beim Zahler der volle bzw. in Fällen des § 3c Abs. 2 EStG hälftige Werbungskostenabzug im Zahlungsjahr gerechtfertigt ist.

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, § 3c Abs. 2, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 Sätze 1-2, § 20; BewG § 14; AO § 39; HGB § 255 Abs. 1 Sätze 1-2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe der Anschaffungskosten einer GmbH-Beteiligung, die im Streitjahr bei der Ermittlung eines Veräußerungsgewinns nach § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) einkünftemindernd zu berücksichtigen sind.

Die Kläger sind Eheleute und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Die Klägerin erwarb durch Vertrag vom 17. Dezember 1975 (Bl. 21 ff. der Einkommensteuerakten – ESt-A –) sämtliche Anteile an der …-GmbH (K-GmbH) von der nunmehrigen Alleingesellschafterin, Frau … (K). Als Gegenleistung verpflichtete sich die Klägerin, an K, die am … 1918 geboren wurde, eine lebenslängliche Leibrente in Höhe von monatlich 5.000 DM (erstmals ab 10. Januar 1976) zu zahlen. In § 5 des Vertrages vom 17. Dezember 1975 wurde eine Anpassung der Rentenhöhe nach dem Lebenshaltungskostenindex vorgesehen. Für den Fall des Vorversterbens der K war in § 6 ein Rentenbezug für die Mutter der K vorgesehen.

Mit Nachtrag vom 28. Oktober 2004/15. November 2004 (Verweis auf Bl. 27 ff. ESt-A) wurde § 5 des Vertrages hinsichtlich der Wertsicherungsklausel geändert. Die ab 1. Januar 2004 geschuldete Leibrente wurde auf 5.000 EUR festgesetzt; gleichzeitig verpflichtete sich die Klägerin, die infolge unterbliebener Indexanpassung entstandenen Rückstände der Jahre 2000 bis 2004 zuzüglich Zinsen nachzuzahlen.

Mit Vertrag vom 10. Dezember 2004 (Bl. 11 ff. ESt-A) veräußerte die Klägerin sämtliche Anteile an der K-GmbH mit Wirkung zum 1. Januar 2005 für insgesamt 727.689 EUR an drei Erwerber. Gleichzeitig stand nach Tz. 5.2. der Klägerin der Bilanzgewinn des Jahres 2004 als zusätzlicher Kaufpreis zu, der am 30. Juni 2005 zu zahlen war. Erkenntnisse dazu, ob es zu solch einer zusätzlichen Zahlung gekommen ist, liegen nicht vor.

Die Rentenverpflichtung gegenüber K hatte auch nach dem Verkauf der Anteile an der K-GmbH weiterhin die Klägerin zu erfüllen.

Im Rahmen der Ermittlung ihrer Einkünfte aus der Veräußerung der K-GmbH i.S. des § 17 EStG zog die Klägerin vom Veräußerungspreis in Höhe von 727.689 EUR die bis zum Veräußerungsstichtag gezahlten Leibrenten sowie die nach der statistischen Rechtslebenserwartung der K (5,4 Jahre) noch zu erwartenden weiteren Leibrentenzahlungen als Anschaffungskosten ab. In den Jahren 1976 bis 2010 werde sie, die Klägerin, an K insgesamt 1.605.916,34 EUR gezahlt haben; davon seien 1.098.333,67 EUR als Anschaffungskosten anzusehen (Berechnung, Bl. 9 f. ESt-A; Übersicht der – ab September 2006 geschätzten – Leibrentenzahlungen siehe Bl. 30 ESt-A). Hieraus errechnete die Klägerin einen Veräußerungsverlust in Höhe von 376.444,67 EUR.

Daneben zog die Klägerin 15.000 EUR (25% von 60.000 EUR Leibrente an K) als Werbungskosten von ihren Einkünften aus Kapitalvermögen ab (Bl. 46R, 55 ESt-A).

Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) ermittelte die Anschaffungskosten hingegen unter Anwendung des § 14 des Bewertungsgesetzes (BewG). Das FA ermittelte einen Barwert der Rentenverpflichtung zum 1. Januar 1976 von 712.440 DM (364.265 EUR). Danach ergebe sich ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 357.624 EUR. Diesen setzte das FA im Einkommensteuerbescheid für 2005 vom 26. Januar 2007 unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens mit 178.812 EUR an.

Die Kläger machten mit ihrem Einspruch geltend, die Klägerin habe nachweislich seit 1. Januar 1976 monatliche Leibrentenzahlungen bis zum Veräußerungszeitpunkt Januar 2005 in Höhe von insgesamt 1.265.121,68 EUR geleistet. Zwischenzeitlich habe sie, die Klägerin, in den Jahren 2005 und 2006 weitere Beträge von insgesamt 123.057,92 EUR gezahlt. Aufgrund der Lebenserwartung der Rentenempfängerin seien für die Jahre 2007 bis 2010 (ohne weitere Indexanpassung) noch Rentenzahlungen von insgesamt 217.636,44 EUR zu leisten, so dass über den gesamten Zeitraum von 1976 bis 2010 voraussichtlich Rentenzahlungen in Höhe von 1.605.916,34 EUR anfallen we...

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