Entscheidungsstichwort (Thema)

Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG auch bei zivilrechtlicher Unwirksamkeit der Anteilsübertragung. Einspruch grundsätzlich keine Teilanfechtung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei einem Einspruch gegen einen Steuerbescheid wegen eines bestimmten Betrages oder eines bestimmten Sachverhalts ist i. d. R. nicht von einer bloßen Teilanfechtung auszugehen. Ein Ausnahmefall, in dem nur eine Teilanfechtung anzunehmen ist, setzt voraus, dass der Wille des Klägers, von einem weiteren Klagebegehren abzusehen, deutlicher zum Ausdruck kommt als in der bloßen Anfechtung des Steuerbescheides wegen eines bestimmten Streitpunktes.

2. Die Nichteinhaltung zivilrechtlicher Formvorschriften steht auch bei der Übertragung von GmbH-Anteilen der Annahme wirtschaftlichen Eigentums und einem Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG nicht entgegen, soweit und solange die Beteiligten aus der Unwirksamkeit keine Folgerungen ziehen.

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, § 3 Nr. 40b, § 3c Abs. 2; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1, § 41 Abs. 1 S. 1; BGB §§ 433, 480; GmbHG § 15 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.01.2012; Aktenzeichen IX R 69/10)

BFH (Urteil vom 24.01.2012; Aktenzeichen IX R 69/10)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, in welcher Höhe beim Kläger ein Veräußerungsgewinn gemäß § 17 EStG entstanden ist.

Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden.

Der Kläger war zu 76 % am Stammkapital (insgesamt 50.000 DM) der A GmbH beteiligt (Nennwert: 38.000 DM; rd. 19.429 EUR). Weiterer Gesellschafter war sein Sohn c A mit einer Beteiligung von 24 % (Nennwert: 12.000 DM; rd. 6.136 EUR).

Mit notariellem Vertrag vom 10. September 2003 errichtete der Kläger die A Holding GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter er wurde. Im Gesellschaftsvertrag war ein Stammkapital von insgesamt 26.000 EUR festgelegt. Im Einzelnen war zur Erbringung der Einlagen Folgendes geregelt (Gesellschaftsvertrag, 4.; Rb-Akte Bl. 71):

„4. Einbringung der Einlagen

Die Einlage ist i.H.v. 25.000,00 EUR in bar zu erbringen und ist sofort fällig.

In Höhe von 1.000,00 EUR werden Anteile an der Firma A GmbH als Sacheinlage gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erbracht.”

In ihrer Eröffnungsbilanz wies die A Holding GmbH die Beteiligung an der A GmbH mit einem Wert von 2.200.000 EUR aus (vgl. Auszug aus der Eröffnungsbilanz, Rb-Akte Bl. 34). Des Weiteren passivierte sie eine Darlehensverbindlichkeit gegenüber dem Kläger in Höhe von 2.199.000 EUR. Der Kläger schloss als Darlehensgeber mit der A Holding GmbH als Darlehensnehmerin am 11. September 2003 einen schriftlichen Darlehensvertrag über diese Summe ab (GA Bl. 63). Der Zinsaufwand aus diesem Darlehen wurde bei der A Holding GmbH gewinnmindernd verbucht (vgl. Konto 7320, Zinsaufwendungen für langfristige Verbindlichkeiten, GA Bl. 50, 53).

Am 27. Oktober 2003 wurde die A Holding GmbH in das Handelsregister eingetragen. Sie besteht nach wie vor.

Mit weiterem notariellen Vertrag vom 10. Dezember 2003 veräußerte die A Holding GmbH zum 31. Dezember 2003 ihre Anteile an der A GmbH an die B Holding GmbH zu einem Kaufpreis von 2.200.000 EUR (Rb-Akte Bl. 78 – 83). Im Kaufvertrag wurden die A Holding GmbH und c A als alleinige Gesellschafter der A GmbH bezeichnet. Der Kaufpreis war auf ein Bankkonto der A Holding GmbH zu zahlen. Gesellschafterinnen der B Holding GmbH waren B B und N N, die vormals bei der A GmbH als leitende Angestellte beschäftigt waren.

Auch der andere Gesellschafter der A GmbH, c A, veräußerte seine Anteile an die B Holding GmbH. Der vereinbarte Kaufpreis von 1.000.000 EUR wurde von der Erwerberin auch tatsächlich in voller Höhe bezahlt.

Ebenfalls am 10. Dezember 2003 schloss der Kläger als Darlehensgeber mit B B und N N als Darlehensnehmerinnen zwei schriftliche Darlehensverträge über 892.000 EUR und 225.000 EUR, zusammen 1.117.000 EUR, ab (Rb-Akte Bl. 22 – 23).

Am 30. Dezember 2003 ging ein Kaufpreisanteil aus dem Verkauf der Anteile an der A GmbH von 1.083.000 EUR auf dem Konto der A Holding GmbH ein (GA Bl. 58). Er wurde von der N N und B B GbR überwiesen. Nach den unbestrittenen Angaben der Kläger handelt es sich hierbei um die Vorgesellschaft der B Holding GmbH.

In der Schlussbilanz auf den 31. Dezember 2003 wies die A Holding GmbH auf der Aktivseite zwei Darlehensforderungen in Höhe von 892.000 EUR und 225.000 EUR, zusammen 1.117.000 EUR, gegen die B Holding GmbH aus (GA Bl. 48). Auf der Passivseite war die Darlehensverbindlichkeit gegenüber dem Kläger in Höhe von 2.199.000 EUR (Konto-Nr. xxxx) angesetzt (GA Bl. 49).

In der am 18. November 2004 beim beklagten Finanzamt (FA) eingegangen Einkommensteuererklärung 2003 erklärte der Kläger einen Veräußerungsgewinn gemäß § 17 EStG in Höhe von 1.090.285 EUR (2.200.000 EUR abzüglich 19.429 EUR = 2.180.571 EUR, davon 50 % im Halbeinkünfteverfahren).

Das FA übernahm bei der Durchführung der Einkommensteuer...

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