Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Tarifbegünstigung von in zwei Veranlagungszeiträumen --wegen der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses-- geleisteten, unselbständigen Entschädigungszahlungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine bei Auflösung oder Beendigung eines Arbeitsverhältnisses als Ersatz für entgehende Einnahmen gewährte Entschädigung ist einheitlich zu beurteilen, auch wenn sie sich aus mehreren Teilen (in sachlicher oder auch in zeitlicher Hinsicht) zusammensetzt.

2. Erhält ein Arbeitnehmer aus Anlass der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses neben einer einmaligen Entschädigung zusätzlich im Jahr seines Ausscheidens und dem darauffolgenden Jahr Zahlungen aus Mitteln eines sozialen Härtefonds, die steuerrechtlich als einheitliche Entschädigung zu werten sind, weil von vornherein feststand, dass sämtliche Zahlungen an den ausgeschiedenen Arbeitnehmer im Hinblick auf eine wirtschaftlich als Einheit anzusehende Ausscheidungsvereinbarung erfolgen, handelt es sich nicht um ermäßigt zu besteuernde außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 EStG.

 

Normenkette

EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 1 i.d.F. vor 1998, Abs. 2 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.03.2002; Aktenzeichen XI R 16/01)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die an den Kläger geleisteten Abfindungszahlungen ermäßigt zu besteuern sind.

Die Kläger sind Eheleute, die in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger war Arbeitnehmer der … (T-GmbH) in … Nachdem das Unternehmen in Konkurs geraten war, übernahm zum 1. Oktober 1995 eine fremde Unternehmensgruppe das Werk … der T-GmbH. Voraussetzung der Übernahme war allerdings, daß nur ein Teil der bisher bestehenden Arbeitsverhältnisse fortgeführt wurde. Der Konkursverwalter und der Betriebsrat der T-GmbH trafen daher am 23. September 1995 eine Vereinbarung über die mit den jeweils betroffenen Arbeitnehmern zu schließenden Aufhebungsverträge. Nach Ziff. 7 dieser Vereinbarung sollte zum Ausgleich besonderer Härtefälle ein sozialer Härtefonds eingerichtet werden.

Die Vereinbarung über den sozialen Härtefonds wurde ebenfalls am 23. September 1995 geschlossen. Der Konkursverwalter und der Betriebsrat der T-GmbH einigten sich dabei darauf, dem Fonds zunächst einen Betrag in Höhe von 3 Mio. DM zur Verfügung zu stellen. Der Konkursverwalter sollte diesen Betrag frühestmöglich, spätestens aber 1 Mio. DM bis zum 30. November 1995 und den Restbetrag bis zum 31. März 1996 überweisen. Mit den Mitteln des Härtefonds sollten mit dem Konkurs, dem Betriebsübergang oder dem Verlust des Arbeitsplatzes verbundene besondere Härten ausgeglichen werden. Ein Rechtsanspruch auf Leistungen aus dem Härtefonds bestand nicht (vgl. zu diesen Vereinbarungen im einzelnen Bl. 42–44 und 47 der FG-Akten).

Mit Aufhebungsvertrag vom 28. September 1995 schied der Kläger zum 30. September 1995 aus der T-GmbH aus. Der Konkursverwalter zahlte ihm hierfür eine einmalige Abfindung in Höhe von 90.112 DM brutto. Aus dem Härtefonds erhielt der Kläger vom Betriebsrat des die T-GmbH übernehmenden Unternehmens am 22. November 1995 einen Betrag in Höhe von 5.000 DM und am 1. August 1996 einen Betrag in Höhe von 15.500 DM. Auf die Steuerpflicht dieser Geldzuwendungen wies der Betriebsrat ausdrücklich hin.

In der Einkommensteuererklärung für 1995 gab der Kläger unter den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit neben dem laufenden Bruttoarbeitslohn eine ermäßigt zu besteuernde Entschädigung in Höhe von 54.112 DM (= 90.112 DM ./. Freibetrag von 36.000 DM) sowie Lohnersatzleistungen (Krankengeld) in Höhe von 9.602 DM an. In der Einkommensteuererklärung für 1996 setzte er unter den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Krankengeld in Höhe von 35.460 DM an. Leistungen aus dem Härtefonds wurden in beiden Jahren nicht erklärt.

Die Veranlagungen zur Einkommensteuer wurden erklärungsgemäß durchgeführt. Die entsprechenden Einkommensteuerbescheide für 1995 und 1996 wurden bestandskräftig.

Im Jahre 1997 wurde im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung bei der T-GmbH festgestellt, daß für die Zahlungen aus dem Härtefonds keine Lohnsteuer einbehalten worden war. Die Lohnsteueraußenprüfung vertrat die Auffassung, daß die einmalige Abfindungszahlung und die Zahlungen aus dem Härtefonds einheitlich zu beurteilen seien. Die Tarifvergünstigung des § 34 Einkommensteuergesetz in der bis zum Veranlagungszeitraum 1998 geltenden Fassung (EStG a. F.) sei wegen der fehlenden Zusammenballung außerordentlicher Einkünfte zu versagen, weil die Zahlungen in mehreren Kalenderjahren erfolgt seien (vgl. hierzu den Auszug aus dem Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung bei der T-GmbH i. K.; Abschn. „Prüfungsmitteilung” in den Einkommensteuerakten).

Der Beklagte schloß sich dem Ermittlungsergebnis der Lohnsteueraußenprüfung an. In den geänderten Einkommensteuerbescheiden für 1995 und 1996 vom 29. August 1997 setzte er den einmaligen Abfindungsbetrag und die Zahlungen aus dem Härtefonds nicht als nach § 34 EStG a. F. ermäßigt zu besteuernde Einkünfte an. Hiergegen legten die K...

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