Entscheidungsstichwort (Thema)

Verspätungszuschlag: Ermessenausübung des FA, Nachholung der Begründung im Einspruchsverfahren, Verschulden des Beraters bei Verspätung infolge Arbeitsüberlastung, Personalengpässen oder Mehrarbeit wegen Fehlern des FA

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das FA hat zu Recht einen Verspätungszuschlag festgesetzt, wenn der Steuerberater aufgrund seiner allgemeinen Arbeitsüberlastung die Körperschaftsteuererklärung zum wiederholten Male mit erheblicher Verspätung abgegeben hat und es zu einer Nachzahlung gekommen ist (vgl. Rechtsprechung zur Ermessenausübung bei der Festsetzung eines Verspätungszuschlags).

2. Ein Steuerberater, der zur fristgemäßen Erledigung erteilter Aufträge außerstande ist, ist verpflichtet, durch Einstellung neuer Kräfte, Ablehnung neuer oder Rückgabe vorhandener Mandate Abhilfe zu schaffen. Seit Jahren im Büro des Beraters bestehende oder anwachsende Arbeitsengpässe, z.B. infolge von Erkrankungen oder Mutterschutz bei den Mitarbeiterinnen, Todesfällen in der Familie usw. können die Überschreitung der Abgabefristen jedenfalls dann nicht entschuldigen, wenn diese Gründe nicht rechtzeitig in einem Fristverlängerungsantrag vorgetragen werden.

3. Steuerpflichtige oder ihre Bevollmächtigten können daraus, dass die Finanzverwaltung ihrerseits mit der Bearbeitung der Steuererklärungen im Rückstand ist, kein Recht auf eigenmächtige Fristüberschreitung ableiten. Die Fristüberschreitung kann auch nicht mit dem pauschalen Hinweise auf überdurchschnittlich viele Rechtsbehelfsverfahren und sonstige Mehrarbeiten des Beraters wegen angeblicher Fehler des Finanzamts entschuldigt werden.

4. Es ist nicht zu beanstanden, wenn das FA die Begründung für einen im Steuerbescheid festgesetzten Verspätungszuschlag erst im Einspruchsverfahren (spätestens in der Einspruchsentscheidung) nachholt.

 

Normenkette

AO 1977 § 152 Abs. 2 S. 2, § 5; FGO § 102; AO 1977 § 152 Abs. 1 Sätze 3, 2, 1, § 126 Abs. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Bescheides über einen Verspätungszuschlag zur Körperschaftsteuer 1992.

Die Klägerin (Klin) wurde 1979 gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist die serienmäßige Fertigung von … . Für die Klin wurden die Steuererklärungen für 1989 am 23. Oktober 1991 abgegeben, nachdem Frist bis 30. September 1991 gewährt worden war. Für 1991 wurden die Erklärungen am 29. Oktober 1993 abgegeben, nachdem Frist bis 30. September 1993 gewährt worden war.

Der Klin wurde z.H. ihres Steuerberaters -des Prozessvertreters- mit Schreiben vom 30. März 1995 die Frist zur Abgabe der Steuererklärungen für 1992 über den 28. Februar 1995 hinaus nicht mehr verlängert, weil die Veranlagungsarbeiten schon so weit fortgeschritten seien, dass die Abgabe der Steuererklärungen für einen reibungslosen Arbeitsablauf erforderlich sei. Mit Schreiben vom 26. April 1995 wurde ein Zwangsgeld in Höhe von DM 450 angedroht. Dagegen wurde kein Rechtsbehelf eingelegt und keine Gründe für die Verzögerung vorgetragen.

Die KSt-Erklärung für 1992 wurde am 15. November 1995 abgegeben. Die erklärungsgemäße Veranlagung mit Bescheid vom 15. Dezember 1995 führte bei einer KSt-Schuld in Höhe von DM … unter Berücksichtigung von Vorauszahlungen in Höhe von DM … zu einer Nachzahlungsschuld in Höhe von DM 26.353 (fällig am 18. Januar 1996). In dem Bescheid wurden Zinsen in Höhe von DM 2.630 und ein Verspätungszuschlag in Höhe von DM 1.880 festgesetzt.

Am 3. Januar 1996 legte der Kl-Vertreter gegen den festgesetzten Verspätungszuschlag Einspruch ein. Die Abgabe der Steuererklärung habe sich verzögert, obwohl ihm die Unterlagen der Klin seit Anfang 1994 vorgelegen hätten, weil er sehr viel Zeit benötigt habe, um Zwangsgelder und Verspätungszuschläge anzufechten. Sehr viel Zeit habe er benötigt, um vom Finanzamt die Begründung von Änderungen von Steuerbescheiden gegenüber anderen Steuerpflichtigen in Erfahrung zu bringen. 1994/1995 sei sehr viel Zeit für Betriebsprüfungen verloren gegangen. Eine Mitarbeiterin sei seit Mai 1994 im Mutterschutz, eine Auszubildende sei abgeworben worden. Das Arbeitsamt habe ihm keinen Bewerber benennen können. 2 Mitarbeiter seien zur Zeit krank, andere seien in den Weihnachtsferien. Er führte dann Fälle auf, in denen die Finanzverwaltung abgegebene Steuererklärungen sehr spät bearbeitet habe. Es tue ihm leid, dass sich die Abgabe der Steuererklärung 1992 der Klin so lange hingezogen habe. Er arbeite sehr viel und lasse die Dinge nicht schleifen. Das Finanzamt (FA) trage reichlich Mitverantwortung, weil es durch Ermittlungen im Übermaß, durch unberechtigte Strafverfahren gegen ihn, durch schlechte telefonische Erreichbarkeit dazu beitrage, dass er mit keiner Arbeit vorankomme. Er verwies auf ein Urteil des FG Niedersachsen, wonach das bisherige Verfahren der Fristverlängerung nicht mehr zeitgemäß sei. Außerdem fehle eine individuelle Ermessensbegründung, wie sie der BFH im Urteil vom 8. Dezember 1988 (V R 169/83 BStB II 1989, 231) fordere. Die Klin habe für Festgeldanlagen weniger als 6 % Zinse...

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