Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer, Organschaft, Gebietsansässige Enkelgesellschaften, die über eine Tochtergesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat gehalten werden

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 43 EG) ist dahin auszulegen, dass er Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegensteht, wonach eine Regelung der Gruppenbesteuerung auf eine in diesem Mitgliedstaat ansässige Muttergesellschaft, die gleichfalls in diesem Staat ansässige Tochter- und Enkelgesellschaften hält, Anwendung findet, nicht aber auf eine solche Muttergesellschaft, wenn ihre gebietsansässigen Enkelgesellschaften über eine Tochtergesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat gehalten werden.

 

Normenkette

EGVtr Art. 43

 

Beteiligte

Papillon

Société Papillon

Ministère du Budget, des Comptes publics et de la Fonction publique

 

Verfahrensgang

Conseil d' Etat (Frankreich) (Urteil vom 10.07.2007; Abl.EU 2007, Nr. C 283/18)

 

Tatbestand

„Niederlassungsfreiheit ‐ Direkte Besteuerung ‐ Körperschaftsteuern ‐ Regelung der Gruppenbesteuerung ‐ Gebietsansässige Muttergesellschaft ‐ Gebietsansässige Enkelgesellschaften, die über eine gebietsfremde Tochtergesellschaft gehalten werden“

In der Rechtssache C-418/07

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Conseil d’État (Frankreich) mit Entscheidung vom 10. Juli 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 12. September 2007, in dem Verfahren

Société Papillon

gegen

Ministère du Budget, des Comptes publics et de la Fonction publique

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts (Berichterstatter), der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász, G. Arestis und J. Malenovský,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juni 2008,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Société Papillon, vertreten durch G. Calisti, avocat,

‐ der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und J.-C. Gracia als Bevollmächtigte,

‐ der deutschen Regierung, vertreten durch C. Blaschke als Bevollmächtigten,

‐ der spanischen Regierung, vertreten durch M. Muñoz Pérez als Bevollmächtigten,

‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels, C. ten Dam und M. de Grave als Bevollmächtigte,

‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und J.-P. Keppenne als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 4. September 2008

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 43 EG).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Société Papillon (im Folgenden: Papillon) mit Sitz in Frankreich und dem Ministère du Budget, des Comptes publics et de la Fonction publique (Ministerium für Haushalt, öffentliche Finanzen und den öffentlichen Dienst) über dessen Weigerung, auf Papillon die Regelung der sogenannten „steuerlichen Integration“ (intégration fiscale) anzuwenden.

Rechtlicher Rahmen

3

Art. 223 A des Code général des impôts (Allgemeines Steuergesetzbuch, CGI) bestimmt in seiner auf den Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits anwendbaren Fassung:

„Eine Gesellschaft … kann für das Gesamtergebnis des Konzerns, der aus ihr selbst und den Gesellschaften besteht, an denen sie während des Rechnungsjahrs ununterbrochen mindestens 95 % des Kapitals unmittelbar oder mittelbar über Gesellschaften des Konzerns … hält, allein körperschaftsteuerpflichtig sein. … Die Gesellschaften des Konzerns bleiben verpflichtet, ihre Ergebnisse zu erklären … Mitglieder des Konzerns können nur Gesellschaften sein, die dem zustimmen und deren Ergebnisse der Körperschaftsteuer unterliegen. …“

4

Das vorlegende Gericht führt aus, dass gemäß Art. 223 A CGI die Muttergesellschaft des Konzerns dessen Umfang nach ihrer Wahl frei bestimmen könne. Diese Muttergesellschaft könne eine andere konzernzugehörige Gesellschaft gleichwohl mittelbar nur über eine Gesellschaft halten, die selbst ein Mitglied des integrierten Konzerns sei und deshalb in Frankreich der Körperschaftsteuer unterliege.

5

Nach Art. 223 B CGI wird „[d]as Gesamtergebnis … von der Muttergesellschaft durch algebraische Addition der Ergebnisse jeder Gesellschaft des Konzerns ermittelt …“.

6

Die Art. 223 B, 223 D und 223 F CGI sehen insbesondere die Neutralisierung von Maßnahmen innerhalb des Konzerns wie Rückstellungen für zweifelhafte Forderungen oder für Risiken zwischen Gesellschaften des Konzerns, Abtretungen von Forderungen oder Subventionen innerhalb des Konzerns, Rückstellungen für Wertverlust bei an anderen Gesellschaften des Konzerns                 gehaltenen Beteiligungen sowie Übertragungen von Anlagevermögen innerhalb des Konzerns vor.

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

7

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