Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Nichtigkeitsklage. Klagefrist. Wirksamkeit der Zustellung eines Beschlusses der Kommission an die Ständige Vertretung eines Mitgliedstaats. Ermittlung des Zeitpunkts dieser Zustellung. Offensichtlich unbegründetes Rechtsmittel

 

Normenkette

Verfahrensordnung des Gerichtshofs Art. 181

 

Beteiligte

Deutschland / Kommission

Bundesrepublik Deutschland

Europäische Kommission

 

Tenor

1. Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Bundesrepublik Deutschland trägt die Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 1. März 2013,

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch T. Henze und J. Möller als Bevollmächtigte,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch R. Sauer und T. Maxian Rusche als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Juhász sowie der Richter D. Šváby (Berichterstatter) und C. Vajda,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des gemäß Art. 181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

folgenden

Beschluss

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Bundesrepublik Deutschland die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts der Europäischen Union Deutschland/Kommission (T-205/11, EU:T:2012:704, im Folgenden: angefochtener Beschluss), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2011/527/EU der Kommission vom 26. Januar 2011 über die staatliche Beihilfe Deutschlands C 7/10 (ex CP 250/09 und NN 5/10) „KStG, Sanierungsklausel” (ABl. L 235, S. 26, im Folgenden: streitiger Beschluss) abgewiesen hat.

Vorgeschichte des Rechtsstreits, Verfahren vor dem Gericht und angefochtener Beschluss

Rz. 2

Die Europäische Kommission erließ am 26. Januar 2011 den streitigen Beschluss, mit dem sie zum einen feststellte, dass die von der Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage von § 8c Abs. 1a des Körperschaftsteuergesetzes unter Verletzung von Art. 108 Abs. 3 AEUV rechtswidrig gewährte staatliche Beihilfe mit dem Binnenmarkt unvereinbar sei, und zum anderen die Rückforderung dieser Beihilfe nach den Modalitäten in den Art. 2 bis 5 dieses Beschlusses anordnete.

Rz. 3

Mit Klageschrift, die am 7. April 2011 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Bundesrepublik Deutschland Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses.

Rz. 4

Mit besonderem Schriftsatz, der am 28. Juni 2011 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Kommission eine Einrede der Unzulässigkeit nach Art. 114 der Verfahrensordnung des Gerichts gegen die Klage, da sie verspätet erhoben worden sei. Der streitige Beschluss sei nämlich der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Europäischen Union (im Folgenden: Ständige Vertretung Deutschlands) am 27. Januar 2011 per Boten zugestellt worden, wie sich aus dem Eingangsstempel ergebe, den ein Bediensteter dieser Vertretung auf dem im Besitz der Kommission befindlichen Übersendungsschreiben des Beschlusses angebracht habe, und die Klage sei am 7. April 2011 eingereicht worden.

Rz. 5

Die Bundesrepublik Deutschland entgegnete auf das Vorbringen zur Stützung dieser Einrede der Unzulässigkeit, dass weder die Zustellung des streitigen Beschlusses am 27. Januar 2011 noch der Nachweis dieser Zustellung, auf den sich die Kommission berufe, ordnungsgemäß sei. Sie sei im Besitz eines Übersendungsschreibens dieses Beschlusses, auf dem ein das Datum des 28. Januar 2011 tragender Eingangsstempel ihrer Ständigen Vertretung angebracht worden sei.

Rz. 6

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Gericht der von der Kommission erhobenen Einrede der Unzulässigkeit stattgegeben und die von der Bundesrepublik Deutschland am 7. April 2011 erhobene Klage als unzulässig abgewiesen, da sie erst nach Ablauf der in Art. 263 Abs. 6 AEUV festgelegten, nach Art. 102 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts um die Entfernungsfrist von zehn Tagen verlängerten Klagefrist, die am 6. April 2011 um Mitternacht geendet habe, erhoben worden sei.

Rz. 7

Das Gericht hat in den Rn. 16 bis 18 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass auf der von der Kommission vorgelegten Kopie des Übersendungsschreibens des streitigen Beschlusses tatsächlich ein Eingangsstempel der Ständigen Vertretung Deutschlands angebracht sei, der das Datum des 27. Januar 2011 trage, und dass dieser Mitgliedstaat weder die Art der Zustellung noch die Tatsache in Frage stelle, dass der Beschluss an diesem Tag bei seiner Ständigen Vertretung eingegangen sei.

Rz. 8

In Rn. 19 des angefochtenen Beschlusses hat das Gericht den Eingangsstempel auf dem Übersendungsschreiben des streitigen Beschlusses als beweiskräftig eingestuft und daher festgestellt, dass der Beschluss der Bundesrepublik Deutschland am 27. Januar 2011 wirk...

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